Amtsblatt 1907/29 der k.k. Bezirkshauptmannschaft Steyr

142 die bezügliche Anordnung auch auf Grund von Erklärungen erfolgen, welche die Parteien vor dem nach ihrem Wohnorte und ihreni Religionsbekenntnisse in Betracht kommenden Matrikensührer in gehöriger Form abgegeben haben. In Ausführung dieses Grundsatzes werden die politischen Landesbehörden in der Weise vorzugehen haben, daß sie auf Grund von Parteienerklärungen der eben erwähnten Art Legitimationsvorschreibungen nur dann anordnen, wenn nachstehenden Bedingungen entsprochen erscheint: 1. Es muß eine zur Eintragung in die Geburtsmatrik vollkommen geeignete Vaterschaftserklärung vorliegen. Die bezügliche Erklärung muß daher nicht bloß das Bekenntnis der Vaterschaft, sondern auch das ausdrückliche Begehren des als Vater sich bekennenden Mannes enthalten, daß sein Name in die Geburtsmatrik eingetragen werde. 2. Der als Vater sich bekennende Mann muß als solcher von der Kindesmutter bezeichnet sein. Es niuß daher die Vaterschaftserklärung in Gegenwart und mit Zustimmung der Kindesmutter abgegeben worden sein, es wäre denn, daß aus anderweitigeu Behelfen mit voller Sicherheit zu entnehmen wäre, daß die Kindesmutter den als Vater sich bekennenden Mann als solchen bezeichnet hat. Die Kindesmutter muß, insoferne sie bei der Baterschaftserklärung anwesend war, den Umstand, daß sie mit dieser Erklärung einverstanden ist, ausdrücklich erklärt und dies durch ihre Unterschrift bestätigt haben. 3. Die Erklärungen der Parteien müssen vor zwei Jdentitätszeugen erfolgt sein, welche ausdrücklich bestätigen, daß sie die Parteien persönlich kennen, sowie daß der als Vater sich bekennende Mann sich tatsächlich als Vater bekannt und die Einschreibung seines Bekenntnisies und Namens in die Geburtsmatrik verlangt hat. 4. Das mit den Parteien ausgenommene Protokoll muß von dem Matrikensührer mitgefertigt sein. 5. Wohnorte der Parteien und Zeugen müßen in dem Protokolle genau angegeben sein. 6. Es muß der Geburtsschein des außerehelichen Kindes und der Trauungsschein der Eltern (beide von den Parteien beizubringen) vorliegen. 7. Es darf über die Echtheit des über die Parteienerklärungen aufgenommenen Schriftstückes kein Zweifel obwalten. In dieser Hinsicht ist es von Wichtigkeit und können weitere Erhebungen dadurch erspart werden, daß der Matrikensührer selbst im amtlichen Wege das bezügliche Schriftstück samt den von den Parteien beigebrachten Dokumenten seiner zuständigen politischen Bezirksbehörde zur weiteren Veranlasiung vorlegt. Der Beurteilung der politischen Landesbehörde bleibt es überlasten, ob im einzelnen Falle, obwohl den vorerwähnten Anforderungen entsprochen erscheint, mit Rücksicht auf die obwaltenden besonderen Umstände, so z. B. wenn nach dem Stande der Geburtsmatrik, in welcher das außereheliche Kind eingetragen ist, über die Identität der Kindesmutter mit der Ehegattin des als Vater sich bekennenden Mannes Zweifel bestehen, weitere Erhebungen, insbesondere auch solche, welche eine Einvernehmung der Parteien durch die politische Bezirksbehörde mit sich bringen, zu veranlasten sind. Die Abgabe der in Rede stehenden Erklärungen vor dem oben näher bezeichneten Matrikensührer bleibt dem Einvernehmen zwischen den Parteien und dem Matrikensührer überlasten. Den Parteien steht es daher nach wie vor frei, sich mit ihren Gesuchen um Beurkundung einer durch nachfolgende Ehe der Eltern eingetretenen Legitimation eines außerehelichen Kindes an die politische Behörde zu wenden und vor dieser die in Betracht kommenden Erklärungen abzugebeu oder ihr Gesuch und die in Betracht kommenden Erklärungen bei Gericht zu Protokoll zu geben, in welchem Falle die Beiziehung von Jdentitätszeugen entfällt. Die von den Matrikenführern in den in diesem Erlasse behandelten Fällen mit den Parteien aufgenommenen Protokolle sind stempelfrei. Da eine Verflichtung der Matrikensührer zur Entgegennahme der in Rede stehenden Erklärungen nicht besteht, hat eine amtliche Inanspruchnahme derselben zu einer solchen, desgleichen eine förmliche amtliche Verweisung der Parteien an dieselben zu diesem Zwecke nicht stattzufinden. Hievon werden die Gemeinde -Vorstehungen infolge Er- lastes "der k. k. o. - ö. Statthalterei vom 7. Juli 1907, Z. 16.123'IV, zur gelegentlichen Belehrung der interessierten Bevölkerungskreise mit dem Veifügen in Kenntnis gesetzt, daß der in dieser Angelegenheit im Amtsblatte Nr. 3 ex 1905 enthaltene h. ä. Erlaß vom 16. Jänner 1905, Z. 1131, als gegenstandslos hiemit außer Kraft gesetzt wird. Z. 15.753. Steyr, 15. Juli 1907. An alle Gemeinde-Vorstehungen und Genossenschasten. Betreffend Regelung der Sonntngsarbcit. In dem XV. Stück, Nr. 17, des o.-ö. Landes-Gesetz- und Verordnungsblattes ivird die Verordnung der k. k. Statthalterei vom 20. Juli 1907, betreffend die Regelung der Sonntagsarbeit im Handelsgewerbe, in einzelnen Produktionsgewerben und in den Kontors und Bureaux, welche unter Vedachtnahme auf eine Reihe bereits ergangener provisorischer Verfügungen verfaßt wurde, verlautbart. Zufolge Erlasses der k. k. Statthalterei vom 20. Juni 1907, Z. 9154/VIII, wird diese Verordnung, welche am Tage der Kundmachung in Kraft trat, im Nachhange, insoweit sie auf den Bezirk Steyr Land Bezug hat, verlautbart und die Gemeinde-Vorstehungeu und Genossenschaften beauftragt, für die größtmögliche Publizität und Mitteilung dieser Verordnung an die Genossenschaftsmitglieder zu sorgen. Bezüglich der Bestimmungen über die Sonntagsarbeit in den Bureau und Kontors wird bemerkt, daß diese Vor- schristen nur auf solche Hilfsarbeiter Anwendung finden, welche ausschließlich zu Kontor- und Vureauarbeiten verwendet werden, nicht aber auch auf jene, welche — wie es in kleineren Handelsgeschäften die Regel bildet — in erster Linie beim Verschleiße beschäftigt sind und neben dieser ihrer Hauptbeschäftigung auch zur Besorgung der Korrespondenz und sonstigen Kontorarbeiten herangezogen werden. Andererseits wurde die Anführung des Speditionsgewerbes bei den Bureau- und Kontorarbeiten, wie dies in der Verordnung vom 21. Oktober 1905, L.-G.- u. V.-Bl. Nr. 24, geschah, eliminiert, weil die Ministerial-Verordnung vom 24. April 1895, R.-G.-Bl. Nr. 58, die Sonntagsarbeit im Speditionsgewerbe regelt und diese Regelung auch auf die Kontor- und Bureauarbeit in diesem Betriebe unmittelbare Anwendung findet, insoferne sie mit den an Sonntagen ausdrücklich gestatteten Arbeitsver- richtungen in engstem Zusammenhangs stehen.

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