Amtsblatt 1903/14 der k.k. Bezirkshauptmannschaft Steyr

linge flüchtend zurückziehen und leicht aufgegriffen werden können. Das Düngen der Wiesen mit Stallmist (insbesondere strohigem) ist gänzlich zu unterlassen, da man die Beob¬ achtung gemacht hat, daß derselbe das Aufkommen und die Entwicklung der Engerlinge besonders begünstige. Auch be¬ züglich der Verwendung des Kompostes ist große Vorsicht notwendig, da der Maikäfer in denselben mit Vorliebe seine Eier absetzt, weshalb das Ausführen stets im Winter be größerer Kälte geschehen soll, um die Brut hiedurch zu zerstören. Die angeführten Mittel und Maßnahmen zur Vertilgung des Maikäfers und dessen Larven sind dem ohnehin mit Arbeit überhäuften Landwirte wohl gerade nicht willkommen allein diese durch die Vertilgung der genannten Kultur¬ schädlinge erwachsende Arbeit wird reichlich Zinsen tragen, den Erfolg sichern und eine volle Ernte gewähren, während bei Unterlassung derselben wohl eine Mühe erspart würde, dafür aber zehn andere, wie z. B. das Düngen, Pflügen, Säen u. s. w., durch eine geschmälerte oder gar vernichtete Ernte umsonst wären. Handelt es sich bloß darum, kleinere Bauerngüter oder einzelne Bäume, auf welche man einen besonderen Wert legt, vor den Besuchen der Maikäfer zu sichern, so kann man während der Zeit des Schwärmens vom Abende bis nach Mitternacht unter den betreffenden Bäumen Rauch machen durch Verbrennen von trockenem Mist, Lederabfällen, Hadern, Hornspäne, Schwefel u. dal. Selbstverständlich kann dieses Näuchern nur bei ganz ruhiger Luft vorgenommen werden, soll es von Erfolg begleitet sein. Bei einzelnen Bäumen und Sträuchern empfiehlt sich das Bestäuben mit feinem Kalkstaub (gebranntem Kalkt). Da derselbe jedoch sehr ätzend ist, so darf er nur trocken aufge¬ streut werden, um Schaden zu vermeiden. Eintretender Regen wäscht ihn ab und beseitigt ein schädigendes Wirken desselben, wohl aber zugleich das Schutzmittel gegen den Käfer, macht somit ein neuerliches Bestäuben notwendig. Auch Ofenruß eignet sich zu obigem Zweck, desgleichen Straßenstaub, denn man hat die Beobachtung gemacht, daß Bäume an den Straßen oder in unmittelbarer Näbe der¬ selben mehr oder weniger von den Maikäfern verschont bleiben. Es dürfte jedoch einleuchtend sein, daß diese ange¬ führten Mittel, wie schon erwähnt, nur in besonderen Fällen und in kleinlichen Verhältnissen ausführbar sind, nachdem die aufzuwendende Mühe und die Kosten nicht viel geringer sein werden als diejenigen, welche durch das Ein¬ sammeln und Vertilgen der Käfer erwachsen. Um die Brut der Maikäfer zu zerstören, wird häufig, inbesonders in Gärten, die Anbringung von kleinen, etwa einen halben Meter im Geviert und 15 Meter in der Höhe messenden Häufchen von frischem, strohfreiem Kuhmist, welche mit lockerer Erde bedeckt werden, anempfohlen. Der Mai¬ käfer sucht nämlich, wie früher erwähnt, stets zum Absetzen der Eier einen lockeren Kompost und dal. Auf diese Weise kann durch die ermöglichte Vertilaung der Eier bedeutent genützt und die Vermehrung gehindert werden. Was die Vertilgung der Engerlinge auf Hutweiden und solchen Grundstücken, welche man der Nutzung wegen nicht umbrechen kann, anbelangt, benützt man mit großem Vorteil die durch Beobachtung begründete Eigenschaft des Engerlings, hohle Räume unter der Erde den Winter über aufzusuchen und zu bevorzugen. Zu diesem Zwecke fertigt man künstliche kleine Höhlen, indem man ½—1 Meter tief unter der Erdoberfläche viereckige Löcher mit Steinplatten auskleidet, mit einer Querplatte schließt und hierauf wieder Erde deckt. Die Stellen, wo solche Höhlen sich befinden, muß man kennzeichnen, um im Frühjahre die Engerlinge, welche sich im Spätherbste und Winter dahin zurückziehen, aus¬ nehmen und vertilgen zu können. In Baumschulen und Gärten benützt man zum Schutze derselben die Anpflanzung von solchen Gewächsen, für welche die Engerlinge eine be¬ sondere Vorliebe zeigen, z. B. Salat, Erdbeeren u. s. w., gewissermaßen als Ableiter. Wie man bemerkt, daß die genannten Pflanzen von Engerlingen angegriffen sind, was leicht darin zu erkennen ist, wenn dieselben zu welken beginnen, gräbt man dieselben aus und vertilgt den Engerling. Die Verwendung der gesammelten Maikäfer und Engerlinge ist eine verschiedenartige. Dieselben bilden ein ausgezeichnetes Futter für die Schweine, desgleichen nicht minder für das Hausgeflügel (Enten und Hühner vorzugs¬ weise), nur ist beim Verfüttern derselben Vorsicht nötig und zu beachten, daß nicht allzugroße Mengen und auch nicht als alleiniges Futter gereicht werden, da sonst Störungen und Erkrankungen der Tiere herbeigeführt werden können. Es enthalten übrigens die Maikäfer und Engerlinge nicht unbedeutende Mengen eines ölartigen Fettes (völlig ausge¬ trocknete Maikäfer enthalten 11 5% Fett), das auf verschiedene Weise gewonnen wird und sich vorzüglich zur Bereitung von Seife, Wagenschmiere u. s. w. eignet. Die Gewinnung dieses Deles geschieht entweder durch Auspressen oder Auskochen der getöteten Maikäfer und Engerlinge im Wasser, oder aber in folgender Weise: Die Käfer und Engerlinge werden in einen Topf gebracht, welchen man mit Stroh verstopft und hierauf umgekehrt über einen anderen, in die Erde ver grabenen Topf stellt, sodann über dem ersteren ein gelindes Feuer anmacht, wodurch das Fett flüssig wird und durch das Stroh hindurch in den unteren Topf abfließt. Es lassen sich auf diese Weise aus 10 Liter Maikäfer zirka 3 Liter Oel gewinnen. Den höchsten Wert haben übrigens die Maikäfer und Engerlinge als Dungmaterial, d. h. zur Kompostbereitung. Chemischen Analysen zufolge enthalten dieselben 9 5% Stick¬ stoff und sind im Dungwert zu ½ von dem des Guano an¬ zunehmen. Um derartigen Kompost herzustellen, bringt man die getöteten Käfer und Engerlinge abwechselnd mit etwa 20 Zentimeter starken Erdschichten in Haufen und läßt diese unter zeitweisem Begießen mit Jauche einige Monate liegen. Nun werden die Haufen umgeschaufelt, nochmals mit Jauche begossen, welcher auf je 1 Hektoliter Käfer etwa 1 Kilogramm Schwefelsäure zugesetzt wurde, um die hornartigen Flügel¬ decken zu zerstören, und der Kompost ist nach kurzer Zeit zur Verwendung geeignet. Der Wert eines Hektoliters Käfer und Engerlinge kann mit 50 Heller angenommen werden. Durch ein planmäßiges und einheitliches Einsammeln wird demnach ein zweifacher Vorteil erzielt, nämlich einerseits die Kulturen von Verheerung und Verwüstung bewahrt und andererseits für den Boden ein wertvolles Düngematerial gewonnen. Die Gemeinde=Vorstehungen werden hievon mit dem Auftrage verständigt, dieser Angelegenheit zunächst im Schoße des Gemeindeausschusses das aufmerksamste Interesse zuzu¬ wenden und wegen der Einleitung der Maßregeln zu rationeller Bekämpfung dieser Insektenplage schlüssig zu werden. Hiezu hätte die Einteilung der Gemeinde in Jagd=, bezw. Sammel¬ bezirke unter Aufsicht von Gemeindeausschußmitgliedern und die Festsetzung der Fangprämien zu erfolgen.

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