Amtsblatt 1903/14 der k.k. Bezirkshauptmannschaft Steyr

Steyr, 1. April 1903. Z. 5053. An alle Gemeinde=Vorstehungen und k. k. Gendarmerie=Posten=Kommanden. Auf Grund des § 47 des o.= ö. Fischereigesetzes vom 2. Mai 1895, L=G.= und V.=Bl. Nr. 32 1896, fand die k. k o.=ö. Statthalterei im Einverständnisse mit dem o.=ö. Landesausschusse anzuordnen, daß bis auf weiteres der Artikel VII der Durchführungs=Verordnung vom 19. De¬ zember 1896, L.=G.= und B.=Bl. Nr. 33, welcher jene Fischarten kundmacht, die zu bestimmten Zeiten weder zum Verkaufe feilgehalten noch in den Gasthäusern angeboten oder verabreicht werden dürfen, auf die mit behördlicher Bewilligung zu Zwecken der künstlichen Fischzucht während der Schonzeit gefangenen Huchen, wenn sie mit der Plombe des o.= ö. Landes=Fischereivereines versehen sind, keine An¬ wendung zu finden hat. Die Bleiplombe, welche von den Organen des o.=ö. Landes=Fischereivereines mittelst einer Plombierschnur durch und in der Fettflosse befestigt wird, enthält die Buchstaben O. F. V. über der Zeichnung eines Fisches. Diese Anordnung ist entsprechend zu verlautbaren und für die Verständigung der beteiligten Kreise Sorge zu tragen Hievon werden die Gemeinde=Vorstehungen und k. k Gendarmerie=Posten=Kommanden zufolge Erlasses der k. k. o=ö. Statthalterei in Linz vom 29. März 1903, Z. 6001/I, in die Kenntnis gesetzt. Z. 47 V. P. Steyr, 21. März 1903. An alle Gemeinde=Vorstehungen betreffs die Bekämpfung der Maikäferplage. Die im Vorjahre zur h. ä. Kenntnis gelangten Be¬ schwerden wegen Beschädigungen durch Maikäfer und Engerlinge haben mich. veranlaßt, an den o.=ö. Landeskulturrat in Linz mit dem Ersuchen um eine Aeußerung heranzutreten, auf welche Art und Weise die Bekämpfung dieses schädlichen Insektes in rationeller Weise durchzuführen wäre. Hierüber hat derselbe mit der Note vom 26. Februar 1903, Z. 2070, nachstehende Eröffnungen gemacht: Vorerst seien einige falsche Anschauungen und gänzlich unbegründete Vorurteile widerlegt, die geradezu die Vermehrung und Verbreitung des Maikäfers, dieses schädlichen Insektes, fördern, statt dieselbe mit allen Kräften zu hindern. Hieher gehört vor allem die ziemlich allgemeine An¬ nahme und Meinung, es müsse gerade nur alle vier Jahre ein Maikäferjahr kommen, in den dazwischen liegenden Jahren hingegen gebe es keine Käfer. Dies ist aber ganz falsch, denn der Maikäfer kommt jedes Jahr zur Entwicklung als Käfer, nur hängt die größere oder geringere Zahl derselben von der günstigeren oder ungünstigeren Witterung ab. Desgleichen setzt derselbe auch jedes Jahr neue Bruten in den Boden, welche wieder je nach der Witterung kürzere oder längere Zeit als Larven oder Engerlinge verbleiben, wodurch es möglich ist, daß sowohl die Bruten mancher Jahrgänge fast größtenteils zu Grunde gehen, als andererseits durch besonders günstige Jahrgänge die Bruten zweier Jahrgänge auf einmal zur Entwicklung als Käfer gelangen können. Allerdings werden, wenn ein Jahr die Maikäfer=Ent¬ wicklung besonders begünstigte, durch die enorme Vermehrung und den Entwicklungsgang bedingt, die Folgen hievon in vier Jahren zu spüren sein und dem Menschen einen An¬ haltspunkt bieten, um besondere Vorkehrungen zur Vertilgung des Insektes treffen zu können, allein eine Regel läßt sich bieraus keineswegs ableiten, weshalb auch die Annahme ganz unbegründet ist, daß die Schaltjahre „Maikäferjahre seien, weil zufällig in den Jahren 1868. 1872 und 1876 ein vermehrtes Auftreten der Käfer zu verzeichnen war. Es folgt hieraus, daß man keineswegs durch drei Jahre hindurch die Hände in den Schoß legen und auf das vierte oder „Maikäferjahr" warten soll, sondern jedes Jahr mit allen Kräften und Mitteln der Vermehrung dieses Schädlings entgegenarbeiten möge. Einen weiteren Irrtum birgt das tröstende Sprichwort: „Maikäferjahr, ein gutes Jahr!", denn wenn auch zutreffend ist, daß ein der Maikäfer-Entwicklung zusagendes Jahr auch für die Begetation im allgemeinen ein günstiges und frucht¬ bares Jahr sein wird, so dürfte andererseits eine durch günstige Einflüsse bedingte größere Zahl von Maikäferlarven (Engerlingen) wohl den meisten Vorteil daran haben, indem sie noch vor der Reife und Ernte der Pflanzen das Beste verzehren, ganz abgesehen davon, daß die Verheerungen und Verwüstungen in den folgenden Jahren unter der Erde im verstärkten Maßstabe sich fühlbar machen werden. Die vielfach verbreitete Ansicht, daß die Maikäfer, ehe sie zu schwärmen beginnen, bereits die Eier in die Erde ab¬ gesetzt hätten und daher die Vertilgung der Käfer während der Flugzeit keine Wirkung auf die Brut ausübe, ist eben¬ falls nicht richtig, denn es bilden sich die Eier erst infolge der Paarung während und nach dem Schwärmen, sonach gerade diese Zeit die beste zur Vertilgung ist. Die Verwüstungen und Verheerungen, welche der Mai¬ käfer während seiner nur kurzen Lebenszeit durch das Zernagen und Abfressen des Laubes der Bäume, Sträucher, seltener Reben u. s. w. anrichtet, sind wohl zur Genüge jedermann bekannt und wird die Größe des zugefügten Schadens für die verletzten Gewächse am klarsten, wenn man die Funktionen des Laubes in Betracht zieht, indem, wie bekannt, die Blätter gewissermaßen das Geschäft des Atmens bei den Pflanzen besorgen, mithin die Lebenstätigkeit bedingen. Hauptsächlich sind es die Obstbäume, welche, von den Maikäfern bevorzugt, Schaden leiden, indem dieselben die Blüten zernagen und abfressen und oft die Ernte eines ganzen Jahres vernichten. Doch auch die Waldbäume, vor¬ füglich die Eichen, werden nicht minder geschädigt, sowie auch die Roßkastanien und unter den Sträuchern der Wei߬ dorn=, Haselnuß= und Rosenstrauch. Zu allen diesen an und für sich schon ungeheuren Verheerungen und Verwüstungen kommt nun noch hinzu, daß dieses Tier auf einer anderen Entwicklungsstufe, als Engerlina, durch fast vier Jahre mit noch größerer Gefräßia¬ keit unter der Erde weit verderbenbringender haust, indem oft durch einen Biß in die Wurzel das Absterben der ganzen Pflanze berbeigeführt werden kann. Vorzüglich die Sommergetreide=, Kartoffel= und Kraut¬ felder, wie nicht minder die Wiesen sind es, wo der Engerling rastlos sein Zerstörungswerk betreibt. Desgleichen ist sein verheerendes Auftreten in Saat= und Obstbaumschulen sowie in Gärten nur zu bekannt und der Schade oft unberechenbar. Es fragt sich nun: Welches sind die Mittel, um den geschilderten Verheerungen und Schäden wirksam vorbeugen und entgegentreten zu können, oder doch wenigstens dieselben nach Möglichkeit zu verringern?

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