Amtsblatt 1901/9 der k.k. Bezirkshauptmannschaft Steyr

an die Parteien und tragen die Beschauacte erst nach mehreren Tagen und da auch nur oberflächlich und fehlerhaft in die Beschauprotokolle ein. Außerdem unterließen mehrere Fleisch¬ beschauer gänzlich die Eintragung von geschlachteten Thieren insbesondere von Stechvieh, welche nicht zum Ortsbedarfe sondern zum Weiterverkaufe in andere Consumorte bestimmt sind, in das Fleischbeschauprotokoll. Weiters wurde die Wahrnehmung gemacht, dass die Fleischbeschau nur be¬ Fleischhauern und Selchern, hingegen bei anderen mit der Zubereitung des Fleisches gegen Entgelt sich abgebenden Gewerbsleuten, wie insbesondere bei Gastwirten, gar nicht vorgenommen wird. In mehreren Schlachtlocalitäten von Fleischhauern wurde Unreinlichkeit, Schadhaftigkeit und Unordnung vor gefunden; solche Anstände betrafen den Boden und die Seitenwände der Schlachthäuser, an welchen entweder ein¬ getrocknetes, altes Blut, Fette und Schmutz haftete oder welche in ihrer Beschaffenheit schon schadhaft waren. Hinsichtlich der Unordnung wurde bemerkt, das einzelne Schlachthäuser zum Aufbewahren von Pferdegeschirren, Klei¬ dern oder sonstiger Gegenstände verwendet werden. Daraus geht hervor, dass die Ueberwachung in der genauen Befolgung der Fleischbeschau=Vorschriften von Seite der Gemeinde=Vorstehungen sehr oberflächlich und uncorrect gehandhabt wird. Da die Handhabung der Lebensmittel= und Gesund¬ heitspolizei nach Punkt 4 und 5 des § 25 der Gemeinde¬ Ordnung in den selbständigen Wirkungskreis der Gemeinden gehört, so fordere ich die Gemeinde=Vorstehungen auf Grund des mir nach § 89 G.-O. zustehenden Aufsichtsrechtes mit allem Nachdrucke auf, der Durchführung der Fleischbeschau eine bessere Aufmerksamkeit zu schenken und bringe demnach derselben die wichtigsten Punkte der anfangs citierten Fleisch¬ beschauordnung im Nachstehenden in Erinnerung Die Fleischbeschau ist nicht allein bei den Fleischhauern und Selchern, sondern bei allen mit der Zubereitung des Fleisches gegen Entgelt sich abgebenden Gewerbsleuten, wie Gastwirten, Flecksiedern 2c. vorzunehmen. Bei Privatschlach¬ tungen ist die Beschau nicht vorgeschrieben. Bei Nothschlachtungen hingegen hat nach § 12 des allgemeinen Thierseuchengesetzes stets eine Beschau statt zufinden. Hinsichtlich letzterer, welche von Seite der Viehbesitzer noch sehr häufig unterlassen wird, werden die hieramtlichen Weisungen vom 9. Juni 1890, Z. 6210, Amtsblatt Nr. 23 ex 1890 in Erinnerung gebracht. Die Schlachtung ist dem Fleischbeschauer oder dessen Stellvertreter rechtzeitig bekanntzugeben. Nach jedes¬ maliger Anmeldung der Schlachtung hat dieser oder in dessen Verhinderung sein Stellvertreter die Beschau gewissen¬ haft vorzunehmen. Findet derselbe das zu schlachtende Vieh oder nach dessen Tödtung das Fleisch unbedenklich, beziehungsweise zum menschlichen Genusse geeignet, so hat er der Partei zur un¬ gehinderten Verfügung mit dem Fleische den vorgeschriebenen Beschauzettel unentgeltlich zu verabfolgen, in welchem mit Anführung der laufenden Nummer des Beschauprotokolles die beschauten Thiere genau einzutragen sind Den Beschauact hat sodann der Fleischbeschauer jedes¬ mal gewissenhaft in das besagte Protokoll einzutragen Die Beschauzetteln sind von den Parteien in den Verkaufslocalitäten derart sichtlich aufzubewahren dass sich ein controlierendes Organ von der Vornahme der durchgeführten Fleischbeschau jeder Zeit die Ueberzeugung verschaffen kann. Nach Verlauf eines jeden Monates haben die Fleischbeschauer die Beschauprotokolle, die Schlächter aber die Beschauzettel der Gemeinde=Vorstehung zum Behufe der Controle zu übergeben, welch letztere nach gegenseitiger Ueberprüfung mit dem Beschauprotokolle in der Gemeinde¬ Kanzlei aufzubewahren sind. Die Ueberprüfung hat die Gemeinde=Vorstehung in dem Beschauprotokolle monatlich zu bestätigen. Den Fleischbeschauern sind die erforderlichen Druck¬ sorten, wie das Fleischbeschauprotokoll, die Fleischbeschauzetteln und die Fleischbeschau=Certificate in genügender Menge aus¬ zufolgen. Bezüglich der Beschaucertificate, deren sich die Fleisch¬ beschauer bei Sendungen von Fleisch oder geschlachteten Hausthieren zur Beförderung auf Eisenbahnen häufig nicht bedienen, verweise ich die Gemeinde=Vorstehungen auf die in hieramtlichen Amtsblättern verlautbarten Statthalterei¬ Erlässe vom 16. August 1884, Nr. 9894/V, Amtsblatt Nr. 24 ex 1884, vom 12. December 1884, Z. 14.391 Amtsblatt Nr. 1 ex 1885, vom 21. April 1885, Z. 4988/IV, Amtsblatt Nr. 12 ex 1885, vom 27. Mai 1890, Z. 7551, Amtsblatt Nr. 23 ex 1890, und vom 10. Februar 1900, Z. 1873, Amtsblatt Nr. 10 ex 1900. Solche Certificate sind aber zur Beförderung von Fleisch und geschlachteten Hausthieren auf dem Landwege nicht erforderlich, hingegen sind hiefür von den Fleischbe¬ schauern Beschauzettel auszustellen. Auf diese Bestimmung sind insbesondere die Stech¬ viehhändler aufmerksam zu machen, da selbe sehr häufig die Beibringung von Beschauzetteln bei Einbringung von Fleisch¬ waaren in fremde Consumorte unterlassen. Die Schlacht= wie auch die Verkaufslocalitäten der Fleischhauer und Selcher sind öfters einer Revision zu unter¬ ziehen und hat die Gemeinde=Vorstehung bei Ordnungs¬ widrigkeiten die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen oder anher die Anzeige zu erstatten. Schließlich mache ich die Gemeinde=Vorstehungen auf den § 399 des allgemeinen Strafgesetzes behufs Verständi¬ gung der Gewerbsleute aufmerksam und beauftrage dieselben, die Fleischbeschauer und deren Stellvertreter, welch letztere jedem Fleischbeschauer für den Fall der Ver¬ hinderung beizugeben sind, von dem Inhalte dieses Er¬ lasses genau zu instruieren und selbe auch mit einem Exemplare der Fleischbeschauordnung für Oberösterreich und der beilie¬ genden Belehrung zu betheilen, im Falle eine solche Betheilung nicht stattgefunden hat. Viehbeschau und Viehpasswesen. Bezüglich der Viehbeschau, welche nach Absatz 4 der Durchführungs=Verordnung zu § 8 des allgemeinen Thier¬ seuchengesetzes vorgeschrieben ist, wurde die Wahrnehmung gemacht, dass dieselbe in einigen Gemeinden nur formell durch die Aufstellung von Sachverständigen (Viehbeschauern) durchgeführt ist, aber von diesen gar nicht ausgeübt wird, weiters dass die Zahl der bestellten Organe im Verhältnisse zur territorialen Ausdehnung der Gemeinde eine zu gering¬ ist, dass dieselben sich der vorgeschriebenen Viehbeschauzettel nicht bedienen und die Gemeinde=Vorsteher oder deren Stell¬ vertreter selbst die Viehpässe auf bloßes Verlangen der Partei (Viehbesitzer, Händler, Treiber) ausstellen, ohne sich zu be¬ kümmern, ob das betreffende Vieh aus der Gemeinde oder woher es überhaupt stammt, ob die vorge¬ schriebene Beschau vorhergegangen ist und der unbedenkliche Gesundheitszustand sichergestellt ist. Diese leider noch immer

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