Steyr, am 29. September 1900. Z. 12.533. An sämmtliche Krankencassen. Zufolge des Erlasses der k. k. o.= ö. Statthalterei vom 11. September 1900, Z. 14.427/VIII, werden die Kranken cassen aufgefordert, in Hinkunft in den halbjährig zu erstattenden Nachweisungen über die Cassegebarung stets die Höhe der rückständigen Beiträge und der etwa aufgenom¬ nenen Darlehen anzugeben, beziehungsweise einen diesbezüg¬ lichen Fehlbericht zu erstatten. Steyr, 20. September 1900 Z 12.531. An alle Gemeinde-Vorstehungen. Zufolge Statthalterei=Erlasses vom 5. September 1900, Z. 16.122/II, wird den Gemeinde=Vorstehungen nachstehend ein Abdruck der von der Leitung der Erziehungsanstalt „Zum guten Hirten“ in Linz überreichten, mit 1. September 1900 in Kraft getretenen Aufnahmsbedingungen, sowie ein dies¬ älliger Fragebogen der genannten Anstalt zur Darnach¬ achtung bekanntgegeben. Erziehungs=Anstalt „Zum guten Hirten“ in Linz. Aufgenommen werden verwahrloste oder der 1. Gefahr der Verwahrlosung ausgesetzte Knaben und Mädchen im Alter von 6 bis 14 Jahren; sie müssen nach Ober¬ österreich zuständig sein; ausgeschlossen sind mit gefährlicher oder langwieriger Krankheit behaftete Kinder. Durch gemeinde¬ ärztliches Zeugnis muss erhärtet werden, das weder im Wohnhause des Kindes oder in der Nachbarschaft ein Fall infectiöser Kinderkrankheit noch im Gemeingebiete epidemische Erkrankungen innerhalb eines Zeitraumes von vier Wochen vorgekommen seien. Für größere Städte, besonders solche nit Krankenhäusern, ist diese Versicherung entsprechend modificiert beizubringen. 2. Die Kinder verbleiben in der Anstalt bis zu ihrer sicheren Besserung oder Befähigung, sich selbst anständig zu erhalten; die Knaben regelmäßig bis zum vollendeten 14. die Mädchen bis zum vollendeten16. Lebensjahre (ver¬ gleiche dazu 4) 3. Die Kinder erhalten in der Anstalt den Volksschul¬ unterricht durch staatlich geprüfte Lehrkräfte. 4. Der monatliche Verpflegsbeitrag ist mit 8 fl. fest¬ gesetzt. Ermäßigungen können gewährt werden. Trägt ein Wohlthäter zu den Kosten mit bei, so kann das Kind ohn dessen Zustimmung von Eltern oder sonstigen Angehörigen oder überhaupt denjenigen, welche das Kind in die Anstalt gegeben haben, vor Ablauf des 14., respective 16. Lebens jahres aus der Anstalt nicht genommen werden. Verbleiben die Kinder nach vollendetem 14. Lebensjahre noch in der Anstalt, so wird regelmäßig die weitere Zahlung eines Ver¬ pflegsbeitrages nachgesehen, die Zöglinge können unentgeltlich n der Anstalt bleiben, solange sie oder die gesetzlichen Ver¬ treter es wünschen; doch steht diesen die Entnahme jederzeit rei, soweit nicht durch Beiträge eines Wohlthäters eine Beschränkung gegeben ist, oder durch behördliche Verfügung anders bestimmt wird. Die Kosten der Ueberstellung eines entlassenen Kindes sowie der Begleitung desselben hat, wenn sie nicht von anderen bestritten werden, die Partei zu tragen, welche das Kind übergab 1 2. 3 5. An Ausstattung brauchen die Kinder gar nichts nitzubringen, das Mitgebrachte soll zurückgenommen werden; dringend wünschenswert ist ein Paar gute Schuhe.Zur Zurückgabe mitgebrachter Effecten verpflichtet sich die Anstalt unter keinen Umständen. Beim Austritte aus der Anstalt hat die Partei, welche das Kind übergab, für Kleidung und Wäsche zu sorgen; dazu können auch kleine Ersparnisse der Kinder aus Geschenken, Verdiensten in Verrechnung kommen. Während der Zeit des Aufenthaltes erhält das Kind kleidung, Wäsche, Schuhe, Hüte 2c. von der Anstalt unent geltlich, ebenso Bücher und sonstige Lehrmittel 6. Inentgeltlich erhalten die Kinder in der Anstalt auch die ärztliche Behandlung, Medicamente; einen Anspruch auf Vergütung behält sich die Anstaltsleitung allenfalls¬ vor, wenn außergewöhnliche, kostspielige Anschaffungen noth. wendig werden, oder eine ärztlich angeordnete Uebergabe in ein Spital nicht ohne Zahlung höherer Verflegskosten eschehen kann, oder eine mühevolle oder kostspielige Pflege in der Anstalt selbst geleistet worden ist 7. Die Anstalt verpflichtet sich nicht, die Kosten eines Begräbnisses zu übernehmen, besonders wenn das Kind oder die Eltern nicht ganz arm sind. Die Anstalt behält sich vor, die Art des Conductes zu bestimmen u. zw. so, dass, venn das Leichenbegängnis von den Anstaltsgebäuden aus gefeiert wird, die Leiche von einem Priester bis zum Grabe begleitet, im übrigen aber das Leichenbegängnis ganz einfach gehalten wird; von dieser Bestimmung würde selbst dann nicht abgegangen, wenn von irgend einer Seite die Kosten eines feierlicheren Conductes getragen würden; die Leichen begängnisse von der Anstalt aus werden alle ohne Unter¬ chied gleichmäßig gehalten. 8. Der Besuch der Kinder ist regelmäßig nur am ersten Sonntage des Monates erlaubt; aus der Ferne zugereisten Angehörigen werden gerne Ausnahmen gewährt Im Interesse der Kinder wird dringend gebeten, die Besuche möglichst selten zu machen. Ein Ausgang mit Ange hörigen, Gegenbesuche, Reisen in die Heimat sind ausge¬ schlossen; in besonders berücksichtigenswerten Fällen kann eine Nachsicht zugestanden werden, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass eine Begleitung des Kindes von Seit einer vorgesetzten Person nach den Verhältnissen der Anstalt möglich ist. Den Kindern soll von Besuchern nichts gegeben werden, Geschenke für ein Kind müssen zu Handen der Vorstehung geschehen. Bitten um Esswaren mögen von Seite der Angehörigen nie Berücksichtigung finden; die Vor¬ stehung behält sich das Recht vor, unter Umständen aud andere Kinder von geschenkten Esswaren zu betheilen 9. Die ein= und ausgehenden Briefe unterliegen der Einsicht der Vorstehung 10. Zur Aufnahme eines Zöglings sind beizubringen: !) Taufschein, b) Heimatschein,c) Impfschein, d) der von der Anstaltsleitung vorgelegte, von dem Aufnahmswerber interfertigte Fragebogen. Fragebogen zur Aufnahme in die Erziehungs=Anstalt „Zum guten Hirten“ in Linz. Aufnahmswerber: Name des Pfleglings: geboren am: zu: zuständig nach pol. Bezirk: Name, Abstammung, Stand, Wohnort der Eltern: Eventualfragen: a) wann ist der Vater oder die Mutter
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