loste oder auch solche Kinder, deren sittlicher Entwicklung In ihrer Umgebung Gefahr droht, in anderen Familien oder in einer Besserungs=, beziehungsweise Rettungsanstalt unterzubringen. Auf Grund dieses Erlasses werden die k. k. Bezirks¬ und Stadtschulräthe beauftragt, dieser hochwichtigen Ange¬ legenheit die erforderliche Aufmerksamkeit zuzuwenden und in geeigneter Weise die Schulleitungen, sowie das gesammte Lehrpersonale und die Ortsschulräthe des Schulbezirkes zur Nitwirkung bei Ueberwachung der der Verwahrlosung ent jegengehenden Kinder und bei rechtzeitiger Verständigung der Sicherheitsbehörden und der Gerichte zu verpflichten nsbesondere wird dann seitens der localen Schul¬ behörden nach den Weisungen des vorstehend citierten Er¬ lasses einzuschreiten sein, wenn sich ihnen die Ueberzeugung aufdrängt, dass gegen die gesetzlichen Vertreter des Kindes im Sinne der §§ 176 und 177 des bürgerlichen Gesetz¬ buches vorzugehen ist, dass diese also unfähig oder nicht gewillt sind, ihre natürliche Pflicht gegen die Kinder auch nur annähernd zu erfüllen. II. Vorgang bezüglich der Abgabe. Ist die Abgabe eines Kindes in eine Rettungs=, be¬ iehungsweise Besserungsanstalt nach der Aeußerung der Lehrerconferenz (der Schulleitung oder des Ortsschulrathes) erwünscht, empfiehlt sich folgender Vorgang: Die Aufenthalts=Gemeinde richtet das Ansuchen un Erwirkung der Abgabe an die k. k Bezirkshauptmannschaft, beziehungsweise an die politische Behörde erster Instanz in diesem Ansuchen wird schon der Bericht über das Ver¬ zalten des Kindes (eine kurze Lebensbeschreibung), wodurch das Ansuchen begründet erscheint, angeführt, ferner ange chlossen: a)Der Bericht der Schulleitung (Conferenzprotokoll); b) falls die gesetzlichen Vertreter des Kindes einverstanden sind, deren protokollarisch von der Gemeinde=Vor¬ stehung aufgenommene Erklärung des Einverständnisses eventuell folgt die Aeußerung, ob ein Anlass vor¬ handen ist, gegen die Eltern oder deren Stellvertreter im Sinne der §§ 176 und 177 des bürgerlichen Ge¬ setzbuches vorzugehen; 0)ein gemeindeärztliches Zeugnis des Inhaltes, dass das Kind mit keiner ansteckenden Krankheit behaftet und zur Abgabe in eine Rettungs= beziehungsweise Besserungsanstalt körperlich geeignet ist; dieses Zeugnis ist nach Thunlichkeit vom k. k. Bezirksarzte (Stadt¬ physikus) nach Ueberprüfung des Gesundheitszustandes des abzugebenden Kindes zu vidieren; d) der Taufschein oder das Geburtszeugnis 0) ein Impfschein oder mindestens die Bemerkung über die geschehene Wiederimpfung, beziehungsweise die Zustimmung zu einer solchen: *) Angabe über die Vermögensverhältnisse des Kindes, beziehungsweise seiner Angehörigen. 2. Der Act wird von der politischen Behörde erster Instanz zunächst an das zuständige oder vormundschaftlich Bezirksgericht (als Pflegschaftsbehörde) geleitet, und mit dessen Zustimmungsclausel versehen, 3. an. die k. k. Statthalterei geleitet, wo 3 4. in einer nach § 7 des Gesetzes vom 24. Mai 1885, R.=G.=Bl. Nr. 90, gebildeten Commission, welche nach Ver¬ ordnung des k. k. Ministeriums des Innern vom 26. Juli 1885, Nr. 106 R.=G.=Bl., aus dem Landeschef oder dessen Stellvertreter als Vorsitzenden, dem Referenten der poli¬ tischen Landesbehörde und einem Vertreter des Landesaus¬ schusses besteht, über die Abgabe des Kindes Beschluss gefasst und die Anstalt, in welche das Kind gegeben werden soll, bezeichnet wird Hierauf wird die Gemeinde durch die Bezirkshaupt¬ mannschaft verständigt; das betreffende Kind ist dann noch einmal einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen und ofort mit dem ärztlichen Zeugnisse und einem in duple ausgestellten Verzeichnisse seiner Effecten (auf einem Exem¬ dlare wird der Empfang bestätigt) durch einen Begleiter an die namhaft gemachte Anstalt zu überstellen. Besondere Bemerkungen. 1. ad f. In dem Ansuchen an die politische Behörde erster Instanz ist anzugeben, inwieweit das Kind auf eigene Kosten oder auf Kosten seiner Angehörigen in die Anstalt überstellt werden könnte, oder ob es ganz arm sei Von den aus dem eigenen Vermögen des Kindes oder durch die Angehörigen nicht gedeckten Verpflegungsbeiträgen übernimmt das Land Oberösterreich ½/5, hingegen 1/s die Zuständigkeitsgemeinde. Das Votum der Zuständigkeitsgemeinde ist für die Durchführung der Action nicht erforderlich. 2. Die Anstalten, welche aus Oberösterreich vorzugs¬ weise beschickt werden, sind: a) Die Erziehungsanstalt „Zum guten Hirten“ in Linz für Knaben und Mädchen (Verpflegskosten pro Tag 53 h) b) Eggenburg und Korneuburg in Niederösterreich für 1 K Knaben (Verpflegskosten per Tag C) Baumgartenberg in Oberösterreich und Wiener=Neu¬ dorf in Niederösterreich für Mädchen (Verpflegskosten per Tag 70 h) dWeikersdorf bei Gallneukirchen in Oberösterreichfür evangelische Kinder (Verpflegskosten monatlich 12 bis 20 K) 3 Insbesonders scheint es geboten, Knaben in eine entferntere Anstalt zu überstellen, sei es, um sie aus der gewohnten Umgebung und allen bisherigen Beziehungen zu sei es, weil sie nahe der Grenze der Schul ntfernen, pflicht sind und3. B. in den Anstalten Niederösterreichs auch über dieselbe hinaus in den Anstalten verbleiben können, was z. B. in der Anstalt „Zum guten Hirten“ nicht der Fall ist Erscheint eine sofortige Abgabe des Kindes ge¬ boten, kann diese mit Zustimmung der gesetzlichen Vertreter oder in Fällen, in denen gegen dieselben im Sinne der §§ 176 und 177 des bürgerlichen Gesetzbuches erkannt wurde auch ohne Einleitung und Durchführung des vorerwähnten Verfahrens erfolgen Es kann sich z. B. die Aufenthalts=Gemeinde unmittel¬ bar an die Anstalt (z. B. „Zum guten Hirten“) wenden welche dann auf Grund specieller Abmachungen bis zum Zeitpunkte der Entscheidung der k. k. Statthalterei zum ermäßigten Betrage von 40 h per Tag, welcher von der Gemeinde — ohne Regress von der Heimatsgemeinde zu entrichten ist, das Kind interimistisch übernimmt
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2