Amtsblatt 1899/49 der k.k. Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 7. Dezember 1899

5 An sämmtliche Genossenschafts- und Krankencassen - Vorstehungen zur Kenntnisnahme. 111 A. Gewerbeverleihungen pro November. 1. Franz Huber, Tischlergewerbe in Neustift Nr. 7, Gem. Gleink. 2. Franz Scheidleder, Bäckereigewerbe in Stadl¬ kirchen Nr. 12, Gem. Gleink. 3. Georg Gradauer, Schuh¬ machergewerbe in Bad Hall Nr. 184. 4. Anton Micula, Bindergewerbe in Schattleiten Nr. 7, Gem. Ternberg. 5. Matthias Rogl, Handel mit Gold= und Silberwaren, Uhrketten, Ringen, Schmuck 2c. 2c. in St. Marien Nr. 14. 6. Alois Kroiß, Botengewerbe zwischen Steyr und Wels, in Pfarrkirchen Nr. 4. 7. Eva Therese Dickbauer, Säge¬ gewerbe in Mairdorf Nr. 11, Gem. Land Kremsmünster. 8. Karl Lischka, Schneidergewerbe in Ried Nr. 63. 9. Karl Winklmayr, Fleischhauerei in Unterhimmel Nr. 30, Gem. Garsten. B. Gewerbelöschungen pro November. Franz Poxleitner, Oel= und Knochenstampf in Hehenberg Nr. 55, Gem. Pfarrkirchen. Anton Forsthuber, Holzhandel in Lahrndorf Nr. 20, Gem. Garsten. Anton Entinger, Handel mit Körner Heu, Stroh, Erdäpfeln und anderen Landwirtschaftsproducten in Ramingsteg Nr. 47, Gem. St. Ulrich. Maria Pürstinger, verh. Salzwimmer, Victua¬ lienhandel in Feyeregg Nr. 10, Gem. Pfarrkirchen. Johann Zennek, Bäckergewerbe in Großraming Nr. 58. Gottfried Weiß, Schuhmachergewerbe in Unterdambach Nr. 25, Gem. Garsten. Belehrung über die Pest und die sanitären Maßnahmen zur Verhütung und Tilgung derselben. (Gutachten des k. k Obersten Sanitätsrathes, erstattet in der Sitzung vom 8. Juli 1899.) I. Wesen der Pest. Die Pest, auch Beulenpest genannt, ist eine durch den Pestbacillus hervorgerufene und in Europa nur nach Einschleppung auftretende Infectionskrankheit, welche und zwar häufiger entweder local bleibt oder aber zur Allgemeininfection führt. Am häufigsten erkranken zu¬ erst die Lymphdrüsen, seltener die Lungen und noch seltener die Haut. Man nennt die erkrankten Lymphdrüsen Bubonen, die Erkrankung der Lungen Pestpneumonie und die der Haut Carbunkel. Die Bubonen können wieder in primäre und secundäre unterschieden werden; erstere betreffen jene Lymphdrüsen, in welche der Pestbacillus von seiner Eingangs¬ pforte aus zunächst und zwar auf dem Lymphwege gelangt, während die secundären Bubonen durch die später erkran¬ kenden Lymphdrüsen, beziehungsweise Lympsfollikel dargestellt werden, in welche der Pestbacillus erst von dem primären Bubo aus, und zwar durch die Blutbahn, verschleppt wird. Bei sehr raschem und bösartigem Verlaufe der Krankheit können die Bubonen mitunter so wenig entwickelt sein, dass sie sich dem klinischen Nachweise entziehen (Pestis siderans). In jenen Fällen, in welchen der Process in den Lymphdrüsen localisiert bleibt, zeigt die Krankheit im allgemeinen einen mehr gutartigen Charakter, obwohl zu¬ weilen auch in solchen Fällen schwere Allgemeinerscheinungen auftreten können, welche von der Resorption der durch die Pestbacillen producierten und hauptsächlich auf das Herz und das Central=Nervensystem wirkenden Giftstoffe herrühren. Kommt es zur Allgemeininfection, die mit¬ unter erst spät eintritt, so verläuft die Krankheit von nun an mehr weniger stürmisch, und zwar unter dem Bilde der Septikämie, wobei gewöhnlich Blutungen in den verschie¬ denen Organen auftreten, oder unter dem Bilde der Pyämie, mit metastatischen Herden vorwiegend in Lunge, Leber, Niere und Haut; der Ansgang der Allgemeininsection ist gewöhnlich, wenn auch nicht immer, ein tödtlicher. Im Verlaufe der Pesterkrankung kommt es sehr häufig zur Secundärinfection mit anderen pathogenen Bakterien, insbesonders mit den sogenannten Eitercoccen (Staphylococcus und Streptococcus pyogenes) und den Pneumoniecoccen; sie tritt in erster Linie in den erkrankten Tonsillen und Lymphfollikeln der Mund= und Rachenhöhle, weiters in den Lungen sowie in den Bubonen auf und kann schließlich gleichfalls zu einer Allgemeininfection führen. II. Actiolgie der Pest. Der Erreger der Pest ist ein Bacillus, welcher sich eicht künstlich cultivieren lässt und auch unter natürlichen Verhältnissen außerhalb des Organismus eine Zeitlang zu existieren vermag. Er bildet aber keine Dauerformen Sporen) und ist im allgemeinen gegen äußere Einwirkungen (Eintrocknung, Sonnenlicht, Hitze, chemische Agentien) nicht sehr widerstandsfähig. Gegen rasche, bei höherer Temperatur stattfindende Eintrocknung ist er sogar fehr empfindlich, während er bei langsamer, z. B. bei einer Temperatur zwischen 15 und 18 Grad C. stattfindender Eintrocknung bis zu vier Wochen, allerdings unter Abnahme seiner Virulenz, lebensfähig bleiben kann. Unter Einwirkung des directen Sonnenlichtes gehen die Pestbacillen in wenigen Stunden, bei feuchter Hitze von 80 Grad C. in 5 Minuten und von 100 Grad C. augen¬ blicklich zu Grunde. Von den gebräuchlichen chemischen Desinfectionsmitteln tödten die Pestbacillen wässerige Lösungen von 1 per Mille Sublimat in einigen Augenblicken, von 2•5 Percent Carbolsäure oder Lysol in 1 Minute, von 1 Percent Chlorkalk in 15 Minuten, von 1 Percent Aetz¬ kalk in 30 Minuten; Kalkmilch (zu gleichen Theilen mit der zu desinficierenden Substanz, z. B. mit Fäces vermengt) oder dreipercentige Schmierseifenlösung vernichten die Pest¬ bacillen auch erst in 30 Minuten. Im aufbewahrten Spu¬ tum von Pestpneumonie waren die Pestbacillen nach 15 Tagen, in faulenden Organen von Pestleichen nach 6 Tagen, in sterilisierten und dann mit Pestbacillen versetzten Fäces nach 5 Tagen, in sterilisiertem Leitungswasser nach 10 Tagen und in gewöhnlichem Leitungswasser nach 5 Tagen nicht mehr nach¬ weisbar. Die Haupteintrittspforten des Pestbacillus in den menschlichen Organismus sind die Haut, die Respi¬ rationswege und der Digestionstract. Was die Haut betrifft, so kann die Invasion zwar an jeder Stelle erfolgen; doch kommt hiebei die Haut der entblößten Körpergegenden, namentlich der Hände und Füße, in erster Linie in Betracht, da an ihnen am häufigsten Verletzungen vorkommen und diese das Eindringen des Pestbacillus erleichtern; der Pestbacillus kann aber auch an intacten Hautstellen eindringen, wenn er in dieselben, beispielsweise durch die Finger oder durch Wäschestücke, Kleider und dgl., gewissermaßen eingerieben wird. An der Eingangspforte in der Haut kommt es gewöhn¬ lich zu gar keiner oder wenigstens zu keiner sichtbaren Ver¬ änderung; erst in den zunächst gelegenen Lymphdrüsen

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2