Amtsblatt 1899/2 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 12. Jänner 1899

6 und Lehrpersonen die Schulversäumnisse den gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen entsprechend noch immer nicht behandeln. Bei der Wichtigkeit eines regelmäßigen Schul¬ besuches für die Verwirklichung der Aufgaben der Volksschule in Bezug auf Erziehung und Unterricht sieht sich der k. k. Bezirksschulrath veranlasst, folgende Anordnungen zur genauesten Darnachachtung in Erinnerung zu bringen. a) Für die Schulleitungen und Lehrpersonen: 1. Gesetzlich entschuldigte Versäumnisse sind gar nicht zur Anzeige zu bringen. 2. Die statthaften Entschuldigungsgründe sind im § 4 der Schul= und Unterrichtsordnung und in der Verordnung des k. k. Landesschulrathes vom 19. September 1881, Z. 2750, genau bezeichnet. 3. Bei der Beurtheilung der Entschuldigungsgründe und bei der Behandlung der Schulversäumnisse ist mit der größten Genauigkeit, Gewissenhaftigkeit und Objectivität vor¬ zugehen und mit allem Eifer darnach zu streben, die wirklichen Ursachen der Schulversäumnisse in jedem einzelnen Falle kennen zu lernen. 4. Die Classenlehrer sind nach der Verordnung des k. k. Landesschulrathes vom 23. November 1883, Z. 2455, dafür verantwortlich, dass in die Verzeichnisse nur jene Versäumnisse als „nicht entschuldigte“ eingetragen werden, von deren Unstatthaftigkeit und Unzulässigkeit sie sich die volle Ueberzeugung zu verschaffen in der Lage waren, oder bezüglich welcher eine Entschuldigung überhaupt nicht vor¬ gebracht wurde. 5. Die Ursachen der Schulversäumnisse sind von den Classenlehrern in kurzer, bündiger, aber auch klarer und jeden Zweifel ausschließender Weise in die Rubrik „Vor¬ merkungen über die Ursachen der Schulversäumnisse“, des Classenbuches einzutragen. Es genügt z. B. das Wort „Kinderaussicht“, allein nicht, da die Beaufsichtigung und Pflege kranker Geschwister, wenn diese der Pflege des Schülers erwiesenermaßen nothwendig bedürfen, nach § 4, Punkt b, der Schul= und Unterrichtsordnung ein statthafter Ent¬ schuldigungsgrund ist. 6. In der Localconferenz, die jedesmal vor der Orts¬ schulrathssitzung stattzufinden hat, sind die Ursachen der Schulversäumnisse genau zu besprechen. In jenen Fällen, in welchen es dem Classenlehrer trotz der größten Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit nicht gelungen ist, über die Ursachen der Schulversäumnisse Bestimmtes zu erfahren, hat der Ortsschulrath im Einvernehmen mit der Schulleitung die nöthigen Erhebungen zu pflegen. Tritt bei den Erhebungen zwischen den Angaben des Classenlehrers, beziehungsweise des Schulleiters, und jenen des Ortsschulrathes eine Differenz ein, die auch in der Ortsschulrathssitzung nicht ausgeglichen wird, so hat die Schulleitung einen Separatbericht über die Ursachen der Schulversäumnisse dem k. k. Bezirksschulrathe gleichzeitig vorzulegen. 7. Nach Ablauf der ersten Hälfte eines jeden Monates haben die Schulleitungen durch die Classenlehrer die sämmt¬ lichen in dieser Monatshälfte vorgekommenen nicht ent¬ schuldigten Versäumnisse sofort in das Verzeichnis eintragen zu lassen und dasselbe in doppelter Ausfertigung, eventuell die Fehlanzeige dem Ortsschulrathe zu übergeben, damit der Obmann des Ortsschulrathes in die Lage komme, die allenfalls nothwendigen Verfügungen zu treffen. Spätestens drei Tage vor Ende des Monates sind beide Ausfertigungen des Verzeichnisses vom Ortsschulrathe an die Schulleitung zurück¬ zustellen, worauf diese die nichtentschuldigten Versäumnisse der zweiten Hälfte des Monates nachzutragen, respective beizufügen und binnen längstens drei Tagen wieder dem Ortsschulrathe zu übermitteln haben wird. 8. Von den Classenlehrern sind die Schüler, bezüglich welcher Schulversäumnisse zur Anzeige gebracht wurden, für alle Classen und Abtheilungen, beziehungsweise Gruppen, mit fortlaufenden Nummern zu verzeichnen; insbesondere ist darauf zu achten, dass ein und derselbe Schüler im gleichen Verzeichnisse nicht zweimal, d. i. für die erste und zweite Monatshälfte, an verschiedenen Stellen verzeichnet erscheint. Ist nur ein Bogen zur Verzeichnung der Schulversäumnisse für beide Monatshälften erforderlich, so ist hiezu ein Umschlag¬ oder Titelbogen zu verwenden. Sind mehrere Bogen noth¬ wendig, so sind Einlagebogen zu verwenden, welche in den Umschlag= oder Titelbogen einzuheften sind. 9. Die Rubriken „Schon früher angezeigt“, „Verwarnt“. „Bestraft“ sind von den Classenlehrern auszufüllen. 10. Das vom k. k. Bezirksschulrathe nach Eintragung der von ihm getroffenen Verfügungen an den Ortsschulrath zurückgestellte Pare der Schulversäumnis=Ausweise ist von letzterem der Schulleitung und seitens dieser an zwei= und mehrclassigen Schulen den übrigen Lehrkräften zur Einsicht und zum Zwecke der Vormerkung der Beschlüsse des Orts¬ schulrathes und des k. k. Bezirksschulrathes in den Absenz¬ katalogen zu übermitteln, von der Schulleitung aber nach gemachtem Gebrauche unter Beifügung der Vidierungs¬ bestätigung ungesäumt an den Ortsschulrath zurückzustellen. b) Für die Ortsschulräthe: Nach § 24 des Gesetzes vom 23. Jänner 1870, be¬ treffend die Errichtung, den Besuch und die Erhaltung der öffentlichen Volksschulen, „revidiert der Ortsschulrath halb¬ monatlich die Absenzenverzeichnisse und schreitet nach Maßgabe derselben sofort gegen Nachlässigkeit der Eltern oder ihrer Stellvertreter ein. Nach dem Erlasse des k. k. Landes¬ schulrathes vom 8. November 1878, Z. 3131/3662, hat diese Revision der Schulversäumnisse und das Einschreiten gegen nachlässige Eltern durch den Obmann des Ortsschul¬ rathes zu geschehen. Sobald diesem die Absenzenverzeichnisse für den ver¬ gangenen halben Monat zugekommen sind, hat er in allen jenen Fällen, in welchen nicht entschuldigte Schulversäumnisse von Kindern zur Anzeige gebracht wurden, deren Eltern bisher wegen ungerechtfertigter Absenzen weder verwarnt noch bestraft worden sind, die Eltern oder deren Stellvertreter unverzüglich im Sinne der §§ 22 und 24 des genannten Gesetzes an ihre Pflicht zu erinnern und die so vorgenommene Verwarnung in dem Absenzenverzeichnisse ersichtlich zu machen. Wurden vom Classenlehrer die Entschuldigungsgründe bezweifelt oder herrscht ein Bedenken über die Statthaftigkeit derselben, so sind die Eltern oder deren Stellvertreter vorzuladen. Ergibt die Erhebung, dass die Entschuldigungsgründe nach § 4 der Schul= und Unterrichtsordnung unstatthaft sind, so hat der Obmann auch diese Eltern, wenn dieselben noch nicht verwarnt oder bestraft wurden, an ihre Pflicht zu erinnern und auch diese Verwarnung im Absenzenverzeichnis einzutragen. Ergibt sich jedoch, dass die Versäumnisse als entschuldigte anzusehen sind, so hat der Ortsschulrathsobmann dies unter Angabe der Ursachen der Versäumnisse in jedem einzelnen Falle in dem betreffenden Ausweise ersichtlich zu machen. Spätestens drei Tage vor Ende des Monates hat ferner der Obmann beide Exemplare des Absenzenverzeichnisses, aus welchen nun das Ergebnis seiner Amtshandlung entnommen werden kann, an die Schulleitung zurückzustellen, welche hierauf veranlasst, dass die Rubriken dieser Verzeichnisse

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2