Amtsblatt 1896/27 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 2. Juli 1896

2 Publication des Gesetzes im Falle der Ausschreibung all¬ gemeiner Wahlen die Wählerlisten ohne weiteren Aufenthalt angefertigt werden können. In Betreff der Verzeichnung der Wahlberechtigten der allgemeinen Wählerclasse e sind nachstehende Momente in Betracht zu ziehen: Da diese Wählerclasse alle eigenberechtigten, im Alter von mehr als 24 Jahren stehenden österreichischen Staats¬ bürger männlichen Geschlechtes umfasst, welche am Tage der Wahl in der Gemeinde seit sechs Monaten sesshaft sind, so werden in diese Wählerclasse viele Wahlberechtigte zu verzeichnen sein, welche, nicht wie die Wahlberechtigten der Wählerclassen b (der Städte) und d (der Landgemeinden) den Gemeindewählerlisten und den Steuercatastern entnommen werden können. Da die Verfassung und Evidenthaltung der Wähler¬ listen für die allgemeine Wählerclasse e in jeder Gemeinde dem Gemeindevorsteher obliegt, so werden die Herren Ge¬ meindevorsteher auch für die gegenwärtige vorbereitende Verzeichnung der Wähler dieser Wählerclasse in Anspruch genommen, da diese Verzeichnung eben als Grundlage für die Anfertigung der seinerzeitigen Wählerlisten zu gelten hat. Bei der Verzeichnung selbst, welche zum Zwecke ihrer Brauchbarkeit für die Wählerliste in alphabetischer Ordnung zu geschehen hat, hat wie bei der Verfassung der Wählerlisten als Grundsatz zu gelten, dass die berufenen Organe von amtswegen darauf bedacht sein müssen, alle Personen aufzunehmen, deren Wahlberechtigung entweder notorisch bekannt ist, oder durch die der Behörde zu Gebote stehenden Behelfe sichergestellt werden kann. Als notorisch bekannt muss in den Gemeinden die Wahlberechtigung der über 24 Jahre alten Staatsbürger männlichen Geschlechtes angenommen werden, sobald sie in den Reichswählerclassen des Großgrundbesitzes, der Städte¬ und Landgemeinden oder in den Gemeindewählerlisten über¬ haupt als Wähler verzeichnet sind. Da das Wahlrecht in der allgemeinen Wählerclasse auf dem Wohnsitze basiert, so werden als zunächst liegende Behelse für die Constatierung der Wahlberechtigung die nach § 26 der Volkszählungsvorschrift vom 29. März 1869, R.=G.=Bl. Nr. 67, bei der Bezirkshauptmannschaft auf¬ bewahrten Zählungsbücher der Ortschaften in Betracht zu ziehen sein. In dieser Beziehung wird die k. k. Bezirkshauptmannschaft jenen Gemeindevorstehungen, welche nicht im Besitze von Dupli¬ caten oder Abschriften des Zählungsbuches sind, zu der gegen¬ wärtigen Verzeichnung der Wähler wie auch nach Bedarf eventuell zu der seinerzeitigen Verfassung der Wählerlisten für die allgemeine Wählerclasse Auszüge aus den Zählungs¬ büchern der zu der bezüglichen Gemeinde gehörigen Ort¬ schaften zur Verfügung stellen, welche alle bei der Volks¬ zählung in diesen Ortschaften verzeichneten, im gegebenen Momente im Alter von vollen 24 und mehr Jahren stehenden eigenberechtigten Staatsbürger zu enthalten haben, denen nicht ein notorischer Ausschließungsgrund entgegensteht. Ueber die seit der Volkszählung eingetretenen Aen¬ derungen der Einwohnerschaft geben die Fremdenanmeldungen, beziehungsweise das Fremdenprotokoll und das Protokoll über die Anmeldungen von Dienstboten, Gesellen 2c. Auf¬ schluss, welche nach den bestehenden Meldungsvorschriften in der Gemeinde zu sammeln, beziehungsweise zu führen sind. Um jedoch auch solche Wahlberechtigte zu eruieren, welche weder in den Volkszählungsoperaten noch in den Meldungsvormerken ersichtlich sind, haben die Gemeindevor¬ stehungen zum Behufe der ersten Verzeichnung der Wähler in der allgemeinen Wählerclasse die ihnen demnächst in entsprechender Anzahl zukommenden Kundmachungen, welche von den Herren Gemeindevorstehern vor der Affigierung zu datieren und unterfertigen sind, in ortsüblicher Weise mög¬ lichst allgemein zu verlautbaren, in welchen alle Staats¬ bürger, welche, ohne in den Gemeindewählerlisten oder in den Volkszählungsoperaten ihres Wohnortes eingetragen zu sein, die Wahlberechtigung in der allgemeinen Wähler¬ classe beanspruchen, ausdrücklich aufgefordert werden, binnen einer Frist von 8 Tagen ihren Anspruch beim Ge¬ meindeamte ihres Wohnortes anzumelden und nachzuweisen. Diese Kundmachung ist in denjenigen Gemeinden, welche nicht im Besitze von Duplicaten oder Abschriften des Zählungsbuches sind, erst nach dem Einlangen der diesbe¬ züglichen Auszüge zu verlautbaren. Was nun den Nachweis der Wahlberechtigung für die allgemeine Wählerclasse betrifft, ist es selbstverständlich, dass on den in den Reichsrathswählerclassen a) b) und d) ver¬ zeichneten Reichsrathswählern und von den eigenberechtigten, 24 Jahre alten Gemeindewählern männlichen Geschlechtes im allgemeinen ein besonderer Nachweis des Wahlrechtes in der allgemeinen Wählerclasse nicht zu fordern ist; für Dienstboten sind in ihren Dienstbüchern, für das gewerb¬ liche Hilfspersonale und für Bergarbeiter sind in ihren Arbeitsbüchern die für die Beurtheilung des Wahlrechtes erforderlichen Daten enthalten und können für letztere auch aus den von den Krankencassen ausgefertigten Mitglieds¬ legitimationskarten ersehen werden, so dass für diese Kate¬ gorien die angeführten Documente als ausreichende Behelfe zum Nachweise des Wahlrechtes in der allgemeinen Wähler¬ classe betrachtet werden müssen. Staatsbürger, welche zu keiner der bisher angeführten Kategorien gehören, werden zur Nachweisung ihres Wahl¬ rechtsanspruches die Ausweise über ihr Heimatrecht und ihr Lebensalter, sowie eventuell über ihre Eigenberechtigung beizubringen haben. Die hiefür erforderlichen Gemeinde¬ certificate, Auszüge aus den Geburtsmatriken und even¬ tuellen sonstigen Documente sind stempelfrei. Ein besonderer Nachweis über die vom Gesetze geforderte Sesshaftigkeit in der Gemeinde seit sechs Monaten ist nicht zu fordern, da die Aufenthaltsgemeinde jederzeit in der Lage ist, die be¬ züglichen Angaben des Wahlrechtsansprechers auf ihre Grundhältigkeit zu prüfen. Die Gemeinde=Vorstehungen werden sohin ange¬ wiesen, unter Beachtung der im Vorstehenden dargelegten Grundsätze sofort die Verzeichnung der Reichsraths=Wähler in der allgemeinen Wählerclasse e in Angriff zu nehmen, wobei ihnen die k. k. Bezirkshauptmannschaft mit Rath und That möglichst an die Hand gehen wird, damit das Operat bei der seinerzeitigen Ausschreibung allgemeiner Wahlen zur Benützung für die Anfertigung der nach § 25 R.=R.=W.=O. aufzulegenden Wählerliste bereit liegt. Das hiernach für jede Gemeinde zusammengestellte Wählerverzeichnis, in welches die vorangeführten Behelfe bei den betreffenden Wählern anzumerken sind, und eventuell die eingelangten Wahlrechtsanmeldungen hat der Herr Gemeinde¬ vorsteher zuverlässig bis zum 1. August d. J. der k. k. Bezirkshauptmannschaft vorzulegen. Zur ersten alphabetischen Verzeichnung der Wahl¬ berechtigten der allgemeinen Wählerclasse kann die gewöhnliche Drucksorte für die Gemeindewählerliste verwendet werden, in welcher die Rubriken: I. Z., Name des Wahlberechtigten, Beschäftigung, Wohnort (Gasse) und Haus=Nummer auszu¬ füllen sind, dagegen die Rubriken: Jahresbezug und Steuer¬ chuldigkeit offen zu bleiben haben.

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