Amtsblatt 1896/24 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 11. Juni 1896

2 Z. 7729. An alle Gemeinde=Vorstehungen. Der im Jahre 1894 gegründete und unter dem Protectorate Ihrer kaiserl. und königl. Hoheit der Frau Kronprinzessin=Witwe Erzherzogin Stephanie stehende Verein vom goldenen Kreuze in Abbazia bezweckt die Errichtung eines k. k. Staatsbeamten Curhauses in Abbazia, um daselbst den cur= und heilungsbedürftigen k. k. Staatsbeamten der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder unent¬ geltliche Unterkunft, ärztliche Hilfe, die weitgehendsten Ermäßigungen verschiedener Art und, soweit es die Mittel des Vereines gestatten, auch Verpflegung zu bieten. Nach Erfüllung dieser Aufgabe strebt der Verein die Gründung solcher Curhäuser auch in andern Curorten der Monarchie, und zwar in Karlsbad, Baden bei Wien, Krapina=Töplitz, Arco, Neumarkt in Steiermark u. s. w. an. Aus dem durch die Mitgliederbeiträge und Spenden gesammelten Vermögen hat der Verein schon im vorigen Jahre den Baugrund für das Staatsheamten=Curhaus in Abbazia angekauft und Freiplätze für die Vereinsmitglieder gestiftet, welche bis zur Fertigstellung des Curhauses in einigen Hotels und Pensionen freie Wohnung und ärztliche Behandlung sowie Ermäßigung für Bäder und Verpflegung erhalten. Die Mittel für den Bau und die Einrichtung des Curhauses aber sollen durch eine vom k. k. Finanz=Ministerium dem Vereine bewilligte taxfreie Effecten=Lotterie beschafft werden. Es sollen 300.000 Lose im Preise von à 2 Kronen zur Ausgabe und 3000 Treffer zur Verlosung gelangen, welche letztere aus Werken der bildenden Kunst (Gemälde, Zeichnungen, plastische Werke) und des Kunstgewerbes mit Ausschluss von — den Charakter von Kunstobjecten nicht besitzenden Gegenständen aus Edelmetall bestehen und einen Wert von ungefähr 100.000 fl. repräsentieren werden. An der Spitze des Lotterie=Unternehmens befindet sich das Central=Comité in Wien, I., Herrengasse 7. Angesichts des warmen Interesses, welches Ihre k. u. k. Hoheit die durchlauchtigste Frau Kronprinzessin=Witwe Erzherzogin Stephanie dem geplanten Lotterie=Unternehmen entgegenbringt, dann mit Rücksicht auf den wohlthätigen Zweck, welchen der erwähnte Verein verfolgt, und im Hinblicke auf den Umstand, dass durch den beabsichtigten Ankauf von zahlreichen Kunstobjecten, welche zu Treffern bestimmt werden, gleichzeitig die Förderung der vaterländischen Kunst und des Kunstgewerbes angestrebt wird, wurden mir von S. Excellenz dem Herrn k. k. Statthalter von Ober¬ österreich mit dem Erlasse vom 22. Mei 1896, Nr. ad 4/G. Kr, 3 Serien mit je 100 Stück Losen mit dem Ersuchen zugestellt, das Lotterie= Unternehmen nach Möglichkeit zu unterstützen und durch Schaffung von Local=Comités, namentlich Frauen¬ Comités, den Losabsatz zu fördern. Nach dem Plane der Lotterie für das goldene Kreuz entfällt auf jede Los=Serie ein Treffer. Da die Kosten für den Ankauf aus dem Erlöse für die verkauften Lose bestritten werden, können nicht mehr einzelne Treffer beschafft werden, als Serien von Losen zum Absatze gelangten. Zu diesem Behufe ist es aber im Interesse des Gelingens dieses Unternehmens erforderlich, dass jede Serie, welcher Lose entnommen werden, vollständig verkauft werde, dass somit von keiner Serie unverkaufte Lose zurückbleiben. Die Gemeinde=Vorstehungen werden daher eingeladen, zum Zwecke der möglichsten Förderung des Losabsatzes Subscriptionslisten anzulegen und circulieren zu lassen, welche sodann behufs Zusendung der subscribierten Lose anher vorzulegen sind. Steyr, am 7. Juni 1896. Z. 7970. An die hochw. Pfarrämter und die Gemeinde¬ Vorstehungen. Wetterläuten. Infolge hohen Erlasses der k. k. öberösterr. Statthalterei Linz vom 29. Mai l. J., Z. 9217/IV, werden die hochw. Pfarrämter und die Gemeindevorstehungen auf nachstehende Belehrung, betreffend das Wetterläuten, aufmerksam gemacht und die Gemeindevorstehungen angewiesen, auf die möglichste Verbreitung dieser Belehrung hinzuwirken. Ad Statth. Z. 9217/VI. Das Wetterläuten. In jüngster Zeit wurde aus mehreren Gegenden des Landes das Verlangen gestellt, dass das Wetterläuten wieder eingeführt oder den Nachbargemeinden eingestellt werde. Wenn vor dem Heraufziehen eines Gewitters mit der Glocke ein kurzes Zeichen zum Gebete um Behütung vor der drohenden Gefahr gegeben wird, so ist gegen diesen frommen Gebrauch gewiss nichts einzuwenden. Was jedoch den physikalischen Einfluss des Läutens auf Gewitter und Hagelschläge betrifft, so lassen die seit dem Jahre 1752 gemachten Beobachtungen, die Blitzschläge betreffend, es durchaus zweifellos erscheinen, dass das Geläute einer Glocke die elektrischen Zustände des Luftmeeres in keinerlei Weise beeinflusst. Durch die schwingende Bewegung einer tönenden Glocke können Gewitterwolken weder verscheucht noch auch herangezogen werden. Wohl aber ist für die Person, welche das Läuten besorgt, die Gefahr vom Blitze erschlagen zu werden, in sehr hohem Grade vorhanden. Wenn der Blitz einschlägt, so trifft er vorzugsweise hoch hervorragende, gute Leiter der Elektricität (Bäume, Metalle), mögen dieselben ganz frei oder aber von schlechten Leitern (z. B. Mauerwerk) eingehüllt sein. Als ganz besonders gefährdet gelten Gebäude, die in ihrem Innern Metallmassen (Traversen, Gasleitungen, Wasserleitungsröhren) enthalten. Zieht eine Gewitterwolke über einen Raum dahin, der z. B. eine Metallglocke in sich birgt, so findet in der Glocken¬ masse (infolge der sog. Influenz) eine starke Anhäufung der Elektricität statt. Es ist also zur Zeit eines herannahenden Gewitters schon das Betreten dieses Raumes gefährlich. Durch das Anfassen der Glockenschnur, die möglicherweise durch den Regen nass und so gut leitend geworden ist, wird die stark gespannte Ladung der Glockenmasse förmlich heran¬ gelockt, und da die läutende Person eine (wenn auch mangel¬ hafte) Ableitung zur Erde herstellt, so ist ein Blitzschlag mit allen seinen verheerenden Folgen für die läutende Person und auch für deren Umgebung sehr zu befürchten. Glocke, Seil und Wetterläuter stellen sozusagen einen (freilich sehr unvollkommenen) Blitzableiter dar, dem das hochwichtige Element der Ableitung — die Erdplatte nämlich — fehlt. Dieser letztere Umstand hat, wie zahlreiche

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