Amtsblatt 1895/16 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 18. April 1895

5 daselbst in die größte Nothlage geriethen, weil die erwähnte Gesellschaft vernachlässigt hatte, für deren Unterkunft Sorge zu tragen, und weil auch von Seite der Behörden des Staates keine Anstalten zur Versorgung dieser Unglücklichen getroffen wurden. Als die Aufmerksamkeit des föderalen Inspectors für das Auswanderungswesen auf diesen Vorfall geleitet wurde, bemerkte derselbe, dass es nicht in seiner Macht stünde solche Vorkommnisse zu verhindern, weil die Bundesregierung nicht das Recht habe, sich in die Einwanderungsangelegen¬ heiten der einzelnen Staaten einzumischen. Von Seite der brasilianischen Presse sei die Anomalie eines solchen Verhältnisses hervorgehoben worden, da es zweisellos die Pflicht der Central=Regierung sei, die Ein¬ wanderung ebenso zu überwachen, wie dies in den ver¬ einigten Staaten von Nordamerika der Fall ist. Infolge Erlasses der hohen k. k. Statthalterei in Linz vom 20. März l. J., Z. 4582/II, werden hiemit die Ge¬ meinde=Vorstehungen behufs Verlautbarung in die Kenntnis gesetzt. Steyr, den 11. April 1895. Z. 4806 An sämmtliche Gemeinde- Vorstehungen. Prostitutionswesen. Es kamen wiederholt Fälle vor, dass Mädchen ins¬ besonders aus den Gemeinden St. Ulrich und Garsten, welche zum Theile bereits gerichtsbekannte Prostituierte waren, von der k. k. Gendarmerie beim Spazierengehen angetroffen unter dem Verdachte der Landstreicherei oder der Prostitution dem zuständigen Gerichte eingeliefert und angezeigt wurden. Wiederholt musste in solchen Fällen — obwohl die Ausübung der Prostitution sogar zugestanden wurde ein Freispruch erfolgen, da weder die Bedingungen des § 1 noch die des § 5 des Gesetzes vom 24. Mai 1885, Nr. 89 R.=G.=Bl., vorlagen. Wegen Landstreicherei konnten die betreffenden Mädchen nicht verurtheilt werden, da namentlich in den beiden ob¬ erwähnten Gemeinden sich seit neuester Zeit solche Personen vorfinden, die derartigen Mädchen allein oder mit dem be¬ treffenden Zuhälter umsonst oder gegen geringe Entlohnung Unterstand und Kost geben — die Mädchen somit den Nach¬ weis liefern konnten, dass sie Unterstand und Unterhalt haben. Wegen § 5 aber konnte selbst bei zugestandener Pro¬ stitutionsausübung eine Verurtheilung nicht erfolgen, da § 5 in den Punkten 1 und 5 ausdrücklich die Voraus¬ setzungen enthält unter deren eine Verurtheilung vom Ge¬ richte stattfinden kann, diese Voraussetzungen aber in der Mehrzahl der Fälle nicht gegeben sind. Da nun Punkt 1 und 2 des § 5 des citierten Ge¬ setzes die Voraussetzung haben, dass derartige Mädchen entweder wegen Prostitutionsausübung seitens der Polizei (Gemeinde) bestraft sind oder doch ihnen dieser Erwerbs¬ zweig seitens der Polizei (Gemeinde) verboten wurde, so könnte, wenn diese Bedingungen vorerst seitens der betreffen¬ den Gemeinden erfüllt worden sind, dann, auch wenn Punkt 3—5 nicht zutreffen (was selten der Fall ist), eine gericht¬ liche Verurtheilung erfolgen. Um nun dem Treiben derartiger Mädchen Einhalt gebieten und sie gerichtlich — bei erwiesener Prostitutions¬ ausübung nach § 5 V.=G. abstrafen zu können, werden die Gemeinde=Vorstehungen daher beauftragt, den bekannten Prostituierten die Ausübung der Prostitution zu untersagen eventuell sie polizeilich vorerst abzustrafen, da dann bei abermaliger Betretung gerichtlich nach § 5 Punkt 1 und 2 des V.=G. gegen derartige Mädchen eingeschritten werden kann. Auch würde es sich empfehlen, die derartig verwarnten oder abgestraften Mädchen der k. k. Gendarmerie bekannt zu geben, damit diese bei abermaliger Betretung solcher Indi¬ viduen gleich in den Species facti anführen kann, ob die Betreffende polizeilich wegen Ausübung des Unzuchtsgewerbes bereits bestraft oder doch verwarnt ist, und weitere gericht¬ liche Erhebungen über diesen Punkt überflüssig werden. Steyr, am 8. April 1895. Z. 5111. An sämmtliche Gemeinde=Vorstehungen. Betheilung von Invaliden mit Unterstützungsbeträgen. Ueber Ersuchen des k. und k. Ergänzungsbezirks¬ Commandos Nr. 14. in Linz vom 11. April, Z. 1907/E., werden die Gemeindevorstehungen angewiesen, nachstehenden Erlass des k. und k. Reichskriegs=Ministeriums auf die aus¬ gedehnteste Weise zu verlautbaren: „Die österreichische Gesellschaft vom rothen Kreuz hat in Erfüllung eines aus den letztwilligen Anordnungen weiland Sr. k. u. k. Hoheit des Herrn Feldmarschalls Erzherzog Albrecht bekannt gewordenen Höchsten Wunsches den Beschluss gefasst, am 24. Juni 1895, dem nächsten Jahres¬ tage der Schlacht von Custoza 1866, den Betrag von 500 fl. in Beträgen von je 20 fl. an solche Militär=Invaliden ver¬ theilen zu lassen, welche in der genannten Schlacht ver¬ wundet wurden und die außer der normalmäßigen Militär¬ versorgung keine weiteren Unterstützungen durch Stiftungen beziehen. Dies wird mit dem Beisatze bekannt gegeben, dass jene Militär=Invaliden, welche auf eine Betheilung aus diesem Betrage Anspruch machen wollen, sich bis 15. Moi 1895 mit ihren Gesuchen an das Präsidium der öster¬ reichischen Gesellschaft vom rothen Kreuze (Wien I., Herren¬ gasse 23) zu wenden haben. Diese Gesuche müssen von der betreffenden k. u. k. Evidenzbehörde bezüglich der vorstehenden Bedingungen be¬ stätigt sein. Steyr am 14. April 1895. Z. 4940. Einstellung der Erhebungen behufs einer Identitäts¬ Feststellung. Die mit hierämtlichem Erlasse vom 18. März 1895, Z. 3907, Amtsblatt Nr. 12 ex 1895, angeordneten Er¬ hebungen werden eingestellt, nachdem das im Gemeinde¬ Arreste zu St. Florian internierte Individuum als der nach Wolfsegg zuständige Johann Zanzerl agnosciert und von der betreffenden Gemeinde bereits übernommen wurde. Steyr, am 9. April 1895.

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