Amtsblatt 1894/20 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 17. Mai 1894

Es gelangt auf diese Weise unter der Arbeiter¬ bevölkerung Fleisch zum regelmäßigen Genusse, welches der vorgeschriebenen Beschau nicht unterzogen worden und in der Regel einer gesundheitsschädlichen Beschaffenheit in hohem Maße verdächtig ist, da ein Theil der in die Gerbereien eingebrachten Häute auch von kranken oder doch zur Ver wertung zum menschlichen Genusse nicht zugelassenen Thieren herrühren, die darau haftenden Fleischtheile sonach direct wegen ihrer Provenienz zur Entstehung und Verbreitung von Erkrankungen Anlass geben können, da ferner die Häute durch die Art ihrer Behandlung vor und währen des Transportes, durch die Art der Einlagerung vielfachen Beschmutzungen der verdächtigsten Art ausgesetzt sind, welche gleich anderweitigen Manipulationen geeignet sind, einen raschen Zersetzungsprocess zu begünstigen und die Genuss¬ fähigkeit des Fleisches in hohem Maße zu beeinträchtigen oder aufzuheben. Die Verwertung der gedachten Fleischabsälle in den Gerbereien und Lederfabriken stellt sich sonach als ein Gegenstand von ernster sanitärer Bedeutung dar, welchem in sanitätspolizeilicher Beziehung seitens der zur Handhabung der localen Sanitätspolizei berufenen Gemeindeverwaltungen die sorgfältigste Aufmerksamkeit zugewendet werden sollte. Zufolge Erlasses der hohen k. k. Statthalterei in Linz vom 2. Mai 1894, Z. 2164/V, werden daher die Gemeinde¬ Vorstehungen beauftragt hinsichtlich der in ihrem Gebiete befindlichen Gerbereien und sonstigen Lederfabriken in Be¬ ziehung auf die Verwertung der gedachten Fleischabfälle genaue Erhebungen zu pflegen, die unmittelbar als noth¬ wendig sich herausstellenden sanitätspolizeilichen Maßnahmer zur Hintanhaltung von Gesundheitsgefährdungen der Ar beiter durch den Genuss von derartigen Fleischabfällen zu veranlassen und über die Ergebnisse dieser Erhebungen und die getroffenen Verfügungen bis 25. d. M. anher Bericht, eventuell die Fehlanzeige zu erstatten. Steyr, 15. Mai 1894. Z. 6317. An die Gemeinde=Vorstehungen und k. k. Gendarmerie=Posten=Commanden. Laut des Erlasses des hohen k. k. Ministeriums des Innern doto. 12. Jänner 1893, Z. 24.028, wurden über die Erzeugung und den Vertrieb der sogenannten „dürren Würste“ nach Einholung des Fachgutachtens des obersten Sanitätsrathes nachstehende Grundsätze sestgestellt: Die Umwandlung von in erster Linie zum so¬ fortigen Gebrauche bestimmten Wurstsorten ir sogenannte dürre Würste ist dann zulässig, wenn diese Würste frühzeitig, solange sie noch in unverdorbenem Zustande sind, der Austrocknung unterworfen werden. Die Austrocknung darf nicht im Verkaufslocale oder in bewohnten Räumen statifinden, sondern muss in luftigen, möglich gleichmäßig temperierten, im Sommer kühlen, im Winter warmen Räumen vorgenommen werden, wobei die Würste gegen Staub und andere Verunreinigungenzu schützen und einzeln hängend aufzubewahren sind Eine längere Haltbarkeit dieser Würste ist durch eine wiederholte ausgiebige Räucherung in rascher und verläss¬ licher Weise zu erzielen. 3 Der Verkauf und die Erzeugung der dürren Würste, sowie der Wurstwaren überhaupt ist aufs strengste zu überwachen, Proben sind häufig der fachmännischen Unter¬ suchung zu unterziehen, verdorbene Waren der Tilgung zuzuführen und die gerichtliche Anzeige gegen die am Ver¬ triebe solcher Schuldtragenden zu erstatten. Infolge hohen Erlasses der k. k. oberösterreichischen Statthalterei in Linz vom 28. April l. I. Z. 994/I setze ich hievon die Gemeinde=Vorstehungen wegen weiteren anitätspolizeilichen Vorgehens im Sinne dieser Grundsätze und die k. k. Gendarmerie=Posten=Commanden wegen Ueber¬ wachung und allfälligen Relationen in die Kenntnis Steyr, den 12. Mai 1894. Z. 6242. An sämmtliche Gemeinde-Vorstehungen. Warnung vor dem Landstreicher Fürstenmühl. Der im Jahre 1883 der Gemeinde Bruck als heimat los zugewiesene Gustav Fürstenmühl treibt sich in ver¬ schiedenen Ländern arbeitsscheu und bestimmungslos herum und lässt sich auf Rechnung dieser Gemeinde Reiseunter¬ stützungen verabfolgen. Hievon werden die Gemeinde=Vorstehungen mit dem Auftrage in die Kenntnis gesetzt, das Erforderliche zu ver¬ anlassen, dass dem Fürstenmühl gegebenen Falles keine Unterstützung verabreicht, sondern derselbe vielmehr der Be¬ handlung nach dem Schubgesetze unterzogen werde. Personsbeschreibung: Alter 36 Jahre, Größe 1·68 Meter, untersetzt, längliches Gesicht, braune Haare, braune Augen¬ brauen, graue Augen, etwas spitze Nase, vorne weiße, volle Zähne, lichtbraunen Schnurrbart und braunen Kinnbart, etwas bleiche Gesichtsfarbe, als besonderes Kennzeichen eine 10 Centimeter lange und 5 Centimeter breite Narbe am rechten Oberschenkel rückwärts und eine Impfnarbe am rechten Oberarm Steyr, den 10. Mai 1894. Z. 6449. An sämmtliche Gemeinde=Vorstehungen und k. k. Gendarmerie=Posten=Commanden. Ausforschung des Thomas Kubik. Der geisteskranke Landmann Thomas Kubik aus Kladerub ist seit 23. December 1893 abgängig. Kubik ist 46 Jahre alt, von schlanker Gestalt mit schwarzen Haaren und kleinem schwarzen Schnurbarte, länglichem Gesichte und von bassem Aussehen. Bekleidet war derselbe mit einem schwarzen Hute mit schmaler Krämpe, schwarzem Tuchrocke, weißen Leinenhosen und trug an den Füßen weiße, mit Leder besetzte Filzschuhe, ogenannte Patschen Die Gemeinde=Vorstehungen und k. k. Gendarmerie¬ Posten=Commanden werden angewiesen, die Ausforschung des Genannten zu veranlassen und ein allfälliges positives Resultat dieser Erhebungen bis 1. Juni l. J. anher be¬ kanntzugeben. Steyr, am 16. Mai 1894 Der k. k. Bezirkshauptmann Hugo R. von Hebenstreit. Redaction und Verlag der k. k. Bezirkshauptmannschaft Steyr. — Haas'sche Buchdruckerei in Steyr.

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