Amtsblatt 1893/2 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 12. Jänner 1893

Amtg-HKlatt der k. k. Rezirkshauptmannschafl 8teyr. Ur. 2. Steyr, am 12. Iimner 1893. Z. LSI. Äl» sämmtliltie Gemeiacke-Vorstesumgeit uirrl k. k. Geyllariiterie-Mosten-CommMitm. Auswanderung. Die nachfolgend abgc druckte Kundmachung Sr. Excellenz des Herrn Statthalters von Oberösterreich ist infolge Erlasses der hohen k. k. oberösterr. Statthafterer in Linz vom 31. December l. I., Z. 19.S42/II, allsogleich durch die Gemeinde-Vorsehungen unter der Arbe.terbevölterung zu verlautbaren, hieraus bei den sich in dieser Angelegenheit ergebenden Amtshandlungen die entsprechende Rücksicht, ins' besondere hinsichtlich der in Bezug auf die Stellungspflicht in irgend einer Weise beschränkten männlichen Individuen zu nehmen, die Abreise der letzteren ohne die hiezu erforder ­ liche, besondere Bewilligung zu bindern und über alle im Gegenstände etwa gemachten Wahrnehmungen hieher zu berichten. An die Gemeinde-Vorstehungen, in deren Gebiete sich eine Mehrzahl von Arbeitern befindet wurden unter einem einige Exemplare der gedruckten Kundmachung expediert. Steyr, am 7. Jänner 18S3. Z. 19.942/11. Kundmachung betreffend die Auswanderung nach Lrasilien. Die in den Kreisen der FabrikSarbeiter in und um Steyr herrschende starke Bewegung zugunsten einer Aus ­ wanderung nach Brasilien bestimmt mich, warnend darauf hinzuweisen, dass die gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhält ­ nisse in diesem Lande der Einwanderung ganz besonders ungünstig sind. Die Lohnverhältnisse haben sich für die Arbeiter sehr verschlechtert, selbe sichern infolge der Entwertung des brasilianischen Papiergeldes und infolge der großen Theuerung selbst der allernothwendigsten Artikel dem Arbeiter kaum die Existenz, geschweige denn einen Sparpfennig. Die Nahrungsmittel sind in jüngster Zeit wieder theuerer geworden, die Einwanderer, meist nur bestimmt, die durch Abschaffung der Sklaverei geminderten Arbeits ­ kräfte zu ersetzen, haben vielfach Entbehrungen zu leiden, müssen harte Arbeit verrichten und sehen sich schließlich ge ­ zwungen, wieder in die Heimat zurückzukehren. — Erst im August 1892 haben mehr als 10.000 Einwanderer Brasilien wieder verlassen. Zudem wird ein Theil des Auswanderungsstromes nach den Staaten des Nordens: Pernambuco, Eipirito Santo und Bohia zu leiten getrachtet, obzwar erfahrungsgemäß oaS Klima dieser Länder für den Europäer tödlich wirkt. Alle diese auf amtliche Mittheilungen gestützten Er ­ wägungen lassen also die Auswanderung nach Brasilien als ein höchst gefährliches Wagnis erscheinen. Nachdem sich aber nach den gemachten Wahrnehmungen unter den Auswanderungslustigen auch viele Familien mit Kindern und junge Leute befinden, so muls überdies noch darauf aufmerksam gemacht werden, dass die im allgemeinen jedem Staatsbürger gewährleistete Freiheit der Auswande ­ rung von gesetzeswegen durch die Wehrpflicht be ­ schränkt ist. Es ist nämlich rücksichtlich der in Oesterreich Ungarn heimarzuständigen männlichen Personen zur Auswanderung eine besondere behördliche Bewilligung erfor ­ derlich für nachstehende Kategorien: 1. Für alle Knaben und Jünglinge von der Geburt an bis zum Eintritte in das stellungSpflichtige Aller (21. Lebensjahr); 2. für alle Männer, welche ihrer Stellungspflicht noch nicht vollkommen genügegeleistet haben, vom 21. Lebens­ jahre an, ohne Beschränkung des Alters; 3. für alle jungen Männer, welche ihrer Slellungspflicht entsprochen haben, bis zum 31. December jenes Jahres, in welchem sie das 33. Lebensjahr vollstrecken. 4. für sämmtliche dem Heere, der Kriegsmarine, der Reserve, der Seewehr, der k. k. österreichischen oder königl. ungarischen Landwehr und endlich der Ersatz- reserve angehörigen Personen ohne Unterschied, ob dieselben sich in activer Dienstleistung oder im nicht activen Verhältnisse befinden, einschließlich der unein» gereihten Recruten und uneingereihten Ersatzreservisten. Die Auswanderungs - Bewilligung für die sud 1 — 4 aufgezählten Personen ist jederzeit bei der zuständigen poli ­ tischen Bezirksbehörde, und zwar für jeden Jüngling über 16 Jahre mit einem abgesonderten Einschreiten anzusuchen. Vor Erlangung der erforderlichen Bewilligung, resp, der hierüber auszusertigenden Bescheinigung darf die Aus- wanderung der oben 8ub 1 — 4 aufgezählten Personen in keinem Falle stattfinden, resp, dürfen diese Personen auch von ihren auswandernden Angehörigen nicht über die Reichs ­ grenze mitgenommen werden. Die Außerachtlassung, Uebertrelung oder Umgehung des vorerwähnten Verbotes hat sowohl für diejenigen, welche, um sich der StellungSpflicht zu enziehen, selbst das Gebiet der österreichisch-ungarischen Monarchie verlassen, oder sich

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