Amtsblatt 1892/37 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 15. September 1892
3 öfters bloß darauf beschränken, allgemein Besprechungen ab- zuhalten, während es deren Aufgabe ist, durch Begehung aller Wohnstätten im Gemeindegebiete sich über die bestehenden Miss stände zu informieren und zu deren Behebung das Entsprechende, nöthigenfalls im Wege der Gemeinde - Vorstehung, zu veranlassen. Die Gemeinde-Vorstehungen erhalten daher den Auf trag, die Sanitäts - Commissionen zur sofortigen Aufnahme ihrer Thätigkeit zu berufen und die über deren Verfügungen aufgenommenen Protokolle am Ende jeder Woche pünktlichst anher vorzulegen. Die Sanitäts - Commissionen haben außerdem bis auf weiteres wöchentlich einmal eine Sitzung im emeindehause abzuhalten und ist der Wochentag und die Stunde dieser Sitzung ein- für allemal iestzusetzen und anher bekannt zu geben, damit es dem Herrn Amtsärzte und eventuell anderen hierämtlichen politischen Beamten möglich wird, derselben persönlich beizuwohnen und mit einzelnen der Sanitäts- Commissionen nach Bedarf directe in Verkehr treten zu können. Nachdem die ökonomischen Arbeiten am Felde ihrem Ende zugehen, ist es an der Zeit, die Abortgruben und Düngst ätlen in allen Häusern der Gemeinde zu ent leeren und die Fäkalien aui die Felder zu bringen, sowie die entleerten Senk- und Düngergruben dann reichlich mit ungelöschtem Kalk zu bestreuen. Ebenso ist nunmehr für jedes Gemeindegebiet die Ausmittlung eines geeigneten Locales zur eventuellen Unter bringung solcher Cholerakranken zu bewerkstelligen, welchen eine häusliche Pflege nicht geboten werden kann. Hiezu ist erforderlich, dass das Locale isoliert, unbewohnt, mit den nöthigen Einrichtungen und mit hinreichendem Nutz- und Trinkwasser versehen und heizbar sei, und sind auch solche Personen anzuwerben, welche sich der Pflege der Kranken widmen werden. Hiebei steht es den kleineren Gemeinden frei, sich mit einem Benachbarten behufs Beschaffung eines gemeinsamen, von beiden Theilen leicht erreichbaren Locales ins Einver nehmen zu setzen, namentlich dort, wo ein Arzt in der Gemeinde nicht ansässig ist. Sollte sich ein paffendes Gebäude nicht finden lassen, so kann auch eine Baracke aus Holz mit Doppelwänden, doppelten Thüren und Fenstern nebst Heizanlage errichtet oder in fertigem Zustande aus den betreffenden Fabriken gekauft werden Nebst der bereits bekannt gegebenen Firma F. Mögle in Wien, ll., Kaiserplatz, liefert auch die Firma Pummerer in Wels und besonders billig der In genieur I. Gsottbauer, i ien, lX. Bezirk, Alserbachgasse 33, solche Krankenbaracken, die in kürzester Zeit bezogen und in wenigen Stunden aufgestellt werden können. Behufs Durchführung der Abfuhr und Desinfection der Dungstätten und Senkgruben wird der Gemeinde- stehung, respective der Sanitäts-Commiffion, ein unüber- schreitbarer Termin von 14 Tagen gewährt, nach deren Ablauf gegen die Säumigen mit empfindlicher Strafe vor gegangen werden müsste. Bezüglich der Ermittlung und Sicherstellung des oben gedachten Locales für Cholerakranke ist im selben Termine hieher zu berichten. Die Vorstehungen ärmerer Gemeinden mache ich auf merksam, dass denselben für außerordentliche Aus lagen in Angelegenheit der Cholera wohl ein Ersatz aus Landesmitteln gewährt werden dürfte. (Siehe hierämtlichen Erlass vom ll. September l. I., Z. 10.679, A.-Bl. Nr. 37.) Die k. k. Gendarmerie - Posten werden beauftragt, bei ihren Begehungen auf die bestehenden sanitären Uebelstände ein wachsames Auge zu haben und namentlich jene Besitzer, welche den Anordnungen der Sanitäts - Commissionen nicht gehörig Folge leisten, den Gemeinde-Vorstehungen eventuell hieher zur Anzeige zu bringen. Ebenso ist auf Fußreisende, welche aus dem Aus lande kommen, zu invigilieren und sind selbe, wenn sie mit Umgehung der Grenzdesinfections-Stationen nach Ober- Oesterreich eingewandert sein sollten, anzuhalten und den nächsten Gemeinde-Vorstehungen zur Veranlassung der ärzt lichen Untersuchung und Beobachtung zu übergeben. Auch erwarte ich seitens der Gendarmerie - Posten - Commanden von 8 zu 8 Tagen eingehende Berichte über die in Bezug auf obige Anordnungen und deren Durchführung gemachten Wahrnehmungen. Steyr, den 12. Stpkemoer 1892. Z. 10 688. An sämmtliche Gemeinde - Workeymigen. Choleragefahr betreffend. Nachdem die Wahrnehmung gemacht wurde, dass am Lande häufig die Leichenkammern zur Aufbewahrung von Geräthschasten, Leichenbestattungsartikeln u. dgl. benützl wer den , beauftrage ich die Gemeinde-Vorstehungen die sofortige Räumung aller Leichenkammern zu veranlassen und zugleich im Hinblick auf die herannahende kältere Jahreszeit sich von dem guten Zustande der Heizvorrichtung die Ueberzeu gung zu verschaffen. Wo noch immer die zur Aufnahme der Leichen nöthigen Tischs fehlen, sind wlbe zu beschaffen und dem Todtengräber die Mittel zur sofortigen Desinfee- tion der Bahren, Leichenwägen, sowie seiner eigenen Person beizustellen. Für den Fall des Auftretens der Cholera in den Ge meinden wird die Uebertragung, resp. Us- erlührung jeder Choleraleiche sofort nach der Leichenbe schau m die Leichenkammer zur Pflicht gemacht, und ist jede Ausstellung der Lerchen sowie das Betreten der Leichenkammern durch das Publicum zu verhindern. Die Beerdigungen haben in der Stille ber abge schlossenem Friedhofe stattzufind/n. Steyr, am 11. September 1892. Z. 1173/.L-Sch.-R. An die Hrtsschulräthe und Schulleitungen. Cholera - Maßnahmen. Infolge Erlasses des hohen k k. Lansesschulrathes vom S. September l. I., Z. 2820/L.-SW.-R., werden die Orts- schulräthe unter Bezugnahme auf die im Amtsblatts mitgecheil- ten Weisungen m Betreff der Cholera aufgefordert, für jede Schule in der Schulgemeinde mindestens ein Exemplar der „gemeinverständlichen Belchrung über Cholera und Chokra- Maßnahmen", Preis 15 kr., und der „kurzgefaßten Cholera lehren und Choleraregeln", Preis 3 kr., welche im Auftrags des hohen k. k. Ministeriums des Innern verfasst wurden und durch jede Buchhandlung zu beziehen find, anzuschaffen, und von der letzteren Broschüre auch eine angemessene Anzahl von Exemplaren unter die Schulkinder unentgeltlich zu ver- theilen.
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