Amtsblatt 1892/35 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 1. September 1892
3 Für die genaue Durchführung dieser Maßregeln, be züglich welcher alle Rücksichten auf die lokalen Interessen angesichts der sanitären Gefahr für die Gesammtheit -urück- treten müssen, werden die Gemeindevorsteher und die mit der ärztliche« Untersuchung und Ueberwachung der Reisen den betrauten ärztlichen Organe verantwortlich gemocht. Die zufolge hierämtlichen Erlasses vom 16. Juli l. I., Z. 87SV, Amtsblatt Nr. 29, bereits gewählten Sanitäts- Commissionen haben in jeder Gemeinde sofort zusammen- zutreten und ist denselben die in allen Buchhandlungen um 15 kr. zu habenden „Gemeinverständliche Belehrung über Cholera und Cholera-Maßnahmen verfasst im Aufträge des k. k. Ministeriums des Innern" in mehreren Exemplaren zu übergeben und außerdem für die möglichste Ver breitung dieser Schritt zu sorgen. Insbesondere ist es Aufgabe der SanitätS-Commissionen die an Plätzen, Straßen, Wohnungen, Brunnen und Dungstätten rc. vorfindlichen Mängel zu beseitigen, für die Beschaffung eines ausreichen den VorratheS an Desinfektionsmittel zu sorge«. Die zur Unterbringung von Erkrankten nöthigen Vocale auSzumitteln und einzurichten, das Wartpersonale anzuwerben und die Erreichbarkeit der ärztlichen Hilfe zu sichern. Als billigstes DeSinfeetionSmittel ist Kalkmilch anzu« sehen, bestehend aus 1 Theil gebrannten Kalkes mit vierfacher Menge Wasser gemischt. Es ist dieses DeSinfeetionSmittel auch am Lande überall leicht zu beschaffen und hat die Sanitäts-Commilsion darauf zu dringen, dass eine entsprechende Menge desselben in jedem Haushalte vorhanden ist und in Anwendung kommt. Die SanitätS-Commissionen haben sich durch periodische Begehung der einzelnen Ortschaften von der Durchführung der gemachten Anordnungen die Ueberzeugung zu verschaffen und nachlässigen oder renitententen Parteien den Gemeinde- Vorstehungen anzuzeigen. Gegen solche Leute hat die Ge meinde - Vorstehung nach Maßgabe der Bestimmung der Gemeindeordnung unnachsichtig mit Geldstrafe vorzugehen und eventuell solche dem k. k. Gerichte anzuzeigen. Dieser hierämtliche Erlass, sowie alle hierämtlichen Verfügungen betreffend die Choleragesahr find in einer Weise zu publicieren, dass jedermann in die Lage kommt, den ganzen Inhalt kennen zu lernen. Ueber die Amtshandlungen der SanitätS-Commissionen ist ein Protokoll abzufassen und bis auf Weiteres von 8 zu 8 Tagen anher vorzulegen. Steyr, den 1. September 1992. Z. 9711. An sämmtliche Gemeinde - Worfteyungen. Listige Krankeubaracke« als Lholeraspitälcr. Die hohe k. k. Statthalterei in Linz hat mit ErlasS vom 13. d. M., Z. 1198I/V, Nachstehendes anher eröffnet: Ingenieur Fritz Mogle in Wien hat folgende Offerte zur Lieferung und Aufstellung von Cholera-Baracken gemacht: Eine solche Baracke, 13 Meter lang, 8 Meter breit, bestehend aus 2 Krankenräumen, 3 Nebenräumen, 1 Cor- ridor, 4 Kranken-Aborten, 1 Wärter - Abort nebst dazu ge hörigen Senkgruben, an den Wänden 3'30 Centimeter im Scheitel, 4'90 Centimeter hoch, das Gerippe auS 15 Cenü- meter starken Hölzern aus gemauerten Pfeilern ruhend, mit weichem Schiffboden in Feder und Nuth, die Wände innen und außen mit 5 Centimeter Gipsdielen verschalt, dieCon- struction im Uebriaen laut Plan mit 4 Ventilation-schläu chen, mit 3 über Dach führenden gemauerten Rauchfänge«, massiv gemauert, die Sockel aus Cementdielen hergestellt, verputzt, die Außenwände mit Spritzwurf, innen mit wasch barem Hartglättputz, mit Dachpappdeckung , welche mit Gips- dielen isoliert ist, mit äußeren und inneren Fenstern, mit zweiflügeliger Eingangs-, einflügeliger Nebenthür, Verglasung, Beschlag, glattem Anstrich der Thüren und Fenstern, sonst fix und fertig hergestellt und montiert, jedoch exlusive Closet- Aufstellung und Wasserleitung und ohne jede innere Ein- richturg kostet 3200 fl., wobei jedoch vorausgesetzt ist, dass das Planum bereits im richtigen Niveau übergeben wird, ebenso werden auf Wunsch zu den Heizkörpern separate Luft- zuführunasschläuche ohne weitere Auszahlung aufgeführt. Dieselbe Baracke, jedoch auf 10 Betten Belag kostet 3400 fl. . 13 „ „ 20 „ „ 3600 „ 5200 „ 5800 und bedingen je 2 Betten Mehrbelag eine Verlängerung des Gebäudes um 1°/« Meter, und zwar 1 Meter für da-Bett und '/« Meter für den Gang. Hierauf mache ich die Gemeinde-Vorstehungen mit dem Bemerken aufmerksam, dass solche Baracken anzuschaffen zu nächst die größeren Gemeinden berufen wären, und könnten auch mehrere kleine Gemeinden gemeinsam eine solche er werben, um darin allenfalls vorkommende Cholerakranke unterzubringen. Doch auch bei anderen Epidemien würden solche leicht desinficierbare Krankenbaracken die besten Dienste leisten und es ermöglichen, die Ausbreitung epidemischer Krankheiten rasch zu verhindern. Hiebei nehme ich Anlass, die Gemeinden, an deren Ge biet Gerichtsbehörden ibren Sitz haben, zu erinnern, trans portable DeSinfectionsapparate zu beschaffen, deren Kosten durch die Benützung seitens der Frohnfesten, sowie durch Ausleihen in infi-cierte Orte der Umgebung leicht wieder hereingebracht werden würden. Für jene Gemeinde-Vorstehungen, welche etwa aus die Anschaffung oberwähnter Krankenbaracken reflektieren, stehen die bezüglichen Pläne zur Einsichtnahme hieramts zur Ver fügung. Steyr, am 26. August 1892. Z. 10.056. An sämmtliche Gemeinde - JorAehungen. Aebrrwachuvg von Keifenden aus Deutschlau- wegen Gefahr -er Lholera-Linschleppung. Die hohe k. k. Statthalterei in Linz hat mit Erlass vom 25. d. M., Z. 12.667/V, Nachstehendes anher eröffnet: Aus Anlass des nunmehr auch in Hamburg konstatierten epidemischen Auftretens der Cholera werden die mit dem Statthalterei - Erlasse vom I I. v. M., Z. 10.220, ge troffenen Anordnungen in Betreff der Ueberwachung der Reisenden in ihrem jeweiligen Aufenthaltsorte und der ge nauen Beobachtung der Meldungsvorschriften auf Grund des Absch. Punkt 17, der Cholera-Jnstruction vom Jahre 1886, auch aus Provenienzen aus dem deutschen Reiche ausgedehnt. Es wird demnach strengste Verpflichtung der Gemein den sein, auch die aus Deutschland, namentlich aus Ham-
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