Amtsblatt 1891/17 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 30. April 1891

ÄmtZ-HM'uLt der k. k. MzirksfMplmannschast 8keyr. Ur. 17. Steyr, am 30. April 1891. Z. 4927. All sämiMike Oememlle-VorMlmgm. Im Jahre 1891 endet die dreijährige Functionsdauer der Gemeinde-Vertretungen. Ich mache daher die Gemeinde- Vorstehungen aufmerksam, in Gemäßheit der Gemeinde ­ wahlordnung vom Jahre 1864, Gesetz- und Verordnungs ­ blatt Nr. 6, die Vorbereitungen zur Neuwahl rechtzeitig zu treffen, damit die neugewählten Gemeinde-Vertretungen mit Ablauf der Wahlperiode ihre Wirksamkeit beginnen können. Auch wird erinnert, dass die Wahl der Armenräthe gleichzeitig mit der Gemeinde-Vorstandswahl vor- zunehmen ist. Steyr, am 26. April 1891. Z. 4830. Än llie Gememlle-AolHcklmgen. Ueber die von einer Gewerbsbehöroe angeregte Frage, ob diejenigen Gewerbsinhaber, welche ihr Gewerbe thatsächlich nicht auSüben, beziehungsweise den Nichtbetrieb des Gewerbes angemeldet haben, ohne das Gewerbe selbst zurückzulegen, als Genossenschaftsmitglieder anzusehen seien, hat das hohe k. k. Handelsministerium mit dem Erlasse vom 9. April 1891, Z. 53.677 ex 1890, nachstehendes eröffnet: Bei der Entscheidung der Frage der Genossenschasts- angehörigkeit können lediglich die Bestimmungen der Gewerbe ­ ordnung maßgebend sein. Dieses Gesetz kennt jedoch nur den Antritt und die Zurücklegung des Gewerbes, nicht aber einen angemelde-en Nichtbetrieb. Antritt wie Z urücklegung eines Gewerbes, wird durch die Ausfertigung, respeciive Zurücknahme des Gewerbe ­ scheines, beziehungsweise der Concession charakterisiert. So lange ober der Gewerbetreibende den Gewerbe ­ schein, beziehungsweise' die Concession besitzt, ist er unzweifel ­ haft formell als das Gewerbe selbständig betreibend anzu- zusehen und im Sinne des 8 107 G.-O., Mitglied der be ­ treffenden Genossenschaft. Die Anmeldung des Nichtbetriebes bei der Finanzbehörde hat dagegen lediglich eine steuer- technische Bedeutung und kann keinen Einfluss aus die An ­ wendung der Bestimmungen der Gewerbe Ordnung ausüben. Hiemit stimmt denn auch das Normalstatut für die gewerblichen Genossenschaften überein, indem es im § 8 die Mitgliederschast blos dann für erloschen erklärt, wenn der Gewerbetrieb „vollständig aufgegeben" und wenn derselbe seitens der Behörde aus Grund der ßZ 57 und 138 G.-O. entzogen wird. Der bloße Nichtbetrieb hat also nach diesem Wortlaute des Normalstalutes das Erlöschen der Mitglied ­ schaft nicht zur Folge. Die Entscheidung der Frage in diesem Sinne wird aber auch durch allgemeine wirtschaftliche Erwägungen gerecht ­ fertigt. Nach Z 114 G.-O. ist die Genossenschaft eine Jnteressenvertreiung und es muss ihr daran gelegen sein, alle Berussgenossen, die das Gewerbe nicht ausdrücklich zurückgelegt haben, in ihren Verband einzuschließen. Wenn nun im einzelnen Falle ein Gewerbsinhaber durch persönliche Erwägungen bestimmt wird, die Gewerbeberechtigung, welche er thatsächlich nicht aueübt, gleichwohl nicht zurückzulegen, so steht seiner Genossenschastszugehörigkeit das Princip der Interessenvertretung nicht entgegen. Neben der freiwilligen N'chtbetreibung des Gewerbes kann auch eine unfreiwillige vorkommen, wenn z. B. eine allgemeine dauernde Krisis den Nichtbetrieb, und zwar den steuerbehördlich angemeldeten Nichtbetrieb für ganze Gewerbszweige mit sich führt. Hier wäre es geradezu gegen den Sinn des Gesetzes und gegen die wirtschaftlichen Gebote gehandelt, die feiernden Meister aus dem Verbände der Genossenschaft auszuschließen und die letztere mithin augenblicklich mindestens zum Theile auf- zulösen. Die Genossenschaftsangehörigkeit beim Nichtbetriebe kann übrigens nicht eine fakultative sein, sondern muss obligatorisch erklärt werden, da es nur gerechtfertigt erscheint, denjenigen, der sich die Möglichkeit offen hält, den derzeil nicht ausgeübten Betrieb immer wieder aufzunehmen, inso- serne also in einer anderen Lage ist, als jener, der das Gewerbe förmlich zurückgelegt hat, von den speciellen Lasten des Gewerbsbetriebes, die aus der Genossenschaftsangehörig- keU entspringen, nicht loszuzählen. Bei dieser Sachlage fand daher das Handelsministerium im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern zu er ­ klären, dass die Zugehörigkeit eines Gewcrbsinshabers zur Genossenschaft bis zur ausdrücklichen Zurücklegung des Ge ­ werbes andauert. Hienach steht auch nichts im Wege, dass Gewerbs ­ inhaber, welche ihr Gewerbe thatsächlich nicht ausüben, ohne das Gewerbe ausdrücklich zurückgelegt zu haben, als Ge ­ nossenschaftsmitglieder eventuell zur Leitung oder zu sonstigen Functionen innerhalb der Genossenschaft herangezogen werden, sowie es den Bestimmungen der M 114 und 115 der Ge ­ werbeordnung nicht zuwiderläuft, falls es durch das Statut der betreffenden Genossenschaft ausgesprochen wird, dass die Gewerbetreibenden, welche ihr Gewerbe zeitweise nicht aus ­ üben, die Genossenschaftsumlagen in geringerer Höhe, als die übrigen Mitglieder zu leisten haben.

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