Amtsblatt 1890/28 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 17. Juli 1890

stellte, dann jedoch angab, mit dem Taufnamen „Karl" zu beißen; den Familiennamen anzugeben, weigerte sich dieses Individuum beharrlich, angeblich aus dem Grunde, um seiner Familie, der es ohnedies bereits viel Kummer ge ­ macht habe, nicht noch weitere Schande zu bereiten, da es befürchte, im Schubwege nachhause stradiert zu werden. Trotz der eingehendsten Nachforschungen konnte die Identität dieses Individuums, welches am 16. August 1885 von Bosnifch-Brod irrthümlich nach Graz verschoben worden ist und welches seitdem bis vor seiner am 3. März d. I. erfolgten Stellung aus sreien Fuß theils im Polizei-Arreste, theils in der Beobachtungsabtheilung in Graz und dann zuletzt in der Irrenanstalt in Feldhof interniert war, nicht sestgestellt werden, zumal dasselbe jede Auskunst über seine Person beharrlich verweigerte. Auf neuerliches wiederholtes Andringen gab endlick oberwähntes Individuum über seine Person nachstehende Auf ­ schlüsse : Er sei im Jahre 1852 als ehelicher Sohn eines Medicinae-Doctors, prakt. Arztes und Hausbesitzers in einer größeren österreichischen Stadt geboren und aus den Namen „Karl" getauft werden ; seine Eltern haben, wenn auch nicht gerichtlich, so doch factisch getrennt gelebt und zwar seine Mutter in der Stadt, wo er geboren worden sei und wo der Vater das Haus besessen habe, während sein Vater in einer anderen Stadt, in der er auch die ärztliche Praxis ausübte, gewohnt habe. Bis zu seinem 10. Lebensjahre sei er bei seiner Mutter geblieben, worauf er (1862 — 1863) ein Gymnasium in einer fremden Stadt (von Vater und Mutter getrennt) bezogen habe, an dem er dann die ersten drei Classen ab ­ solviert habe. Das erste Semester der vierten Classe habe er privatim studiert, und wieder bei seiner Mutter gewohnt ; das zweite Semester der vierten Classe habe er wieder öffentlich studiert, doch an einem anderen Gymnasium, als die ersten drei Classen; in der fünften Classe (1867 — 1868) habe er wieder das Gymnasium gewechselt und sei infolge eines Conflictes mit dem Religionslehrer, der gleichzeitig Director-Stellvertreter war, im zweiten Semester der fünften Classe ausgetreten, und habe er dann am Schlüsse des zweiten Semesters über dieses an demselben Gymnasium die Privatprüsung mit gutem Erfolge abgelegt; die sechste Clasic habe er wieder an einem anderen Gymnasium mit gutem Erfolge zurückgelegt, woraus er in der siebenten Classe wieder das Gymnasium wechselte; die siebente Classe habe er nur durch 2 Monate frequentiert, worauf er eigenmächtig aus dem Gymnasium anstrat und dann sich bestimmungslos, zum Theile vom Vater unterstützt, hecumtrieb, so brächte er die Zeit von seinem 17. bis zum 23. Lebensjahre in ver ­ schiedenen Städten zu, woraus er zu seiner Mutter zurück ­ kehrt sei, von wo aus er Beschäftigung gesucht und auch eine solche bei einem Eisenbahnbaue in Ungarn gefunden habe, einer Assentierung habe er sich nicht unterzogen, da sein Vater gerade damals die Zustäudigkeitsgemeinde wechselte und in ein anderes Kronland übersiedelt sei, wobei es vor ­ gekommen sein dürste, dass man ihn bei der Zusammen ­ stellung der Assentliste übersehen habe ; bis zum Jahre 1879 habe er ausschließlich von der Unterstützung seines Vaters, sowie auch theilweise von dem Verdienste als Diurnist ge ­ lebt, am 1. Jänner 1879 habe er durch Einflussnahme eines Landesausschusses die Stelle eines provisorischen Lehrers an einer Landvolksschule erhalten, welche Stelle er mit Schluss des Schuljahres 1881 zurücklegte, nachdem er sich derselben nicht vollkommen gewachsen gefühlt habe. Mittlerweile, noch im Jahre 1879, sei sein Vater verstorben und habe er nach demselben circa 4000 fl. geerbt, welches Geld er sodann leichtsinnig vergeudet habe; im Jahre 1882 habe er sich in Triest, wo er den letzten Rest seines Geldes auszehrte, aufgebalten, und habe er dort zufällig von einem Bekannten, deren er in Triest sehr viele habe, er ­ fahren, dass auch seine Mutter inzwischen gestorben sei. Hieraus sei er, da er mittlerweile sein ganzes Geld verbraucht hat, bestimmungslos und meist als taubstumm in der Welt herumgezogeu, bis er am 11. November 1883 das erstemal in Volosca als bestimmungslos verhaftet wurde ; doch sei er mit Rücksicht darauf, als man einen Taubstummen vor sich zu haben meinte, dessen Zuständigkeit nicht leicht zu eruieren wäre, nach circa 14Iägiger Anhaltung wieder entlassen worden. Am 1. Jänner 1884 sei er zu Seny bei Fiume ar ­ retiert und am 15. Jänner 1884 nach Fiume eingeliefert worden, doch sei er auch da wieder bald auf freien Fuß gesetzt worden; hierauf.habe er verschiedene Ortschaften be ­ rührt und sei bis nach Bosnisch-Brod gekommen, woselbst er am 21. Juli 1884 verhaftet worden sei, seitdem befindet er sich fortwährend unter Aussicht der verschiedensten Be ­ hörden. Der Aussprache zufolge dürfte die italienische Sprache seine Muttersprache sein, wiewohl er auch vollkommen cor- rect deutsch und slavisch spricht. Zufolge Erlasses der hohen k. k. oberösterr. Statthalterei vom 30. Juni l. I., Z 9211/Il, werden die Gemeinde- Vorstehungen und k. k. Gendarmerie-Posten-Commanden be ­ auftragt, sogleich aus Grund obiger Angaben die eingehend ­ sten Nachforschungen behuis Feststellung der Jventität des angeblichen „Karl N." zu pflegen, und das Resultat bis 30. August 1890 anher bekannt zu geben. Steyr, am 10. Juli 1890. Z. 7518. Rn sämmtMe OMPMlle-VoHesumgm M k. k. OenckarmerieposteMommancken. Ausforschung eines Stellungspflichtige«. Zufolge Erlasses der k. k. oberösterreichlschen Statt- Halterei oom 5. Juli l. I., Z. 9719/1V, werden die Gemeinde- Vorstehungen und k. k. Gendarmerie-Posten-Commanden be ­ auftragt, den nachbenannten Stellungspflichtigen sogleich auszusorschen und ein positives Resultat bis 20. August l. I. bekannt zu geben. Josef Weber, geboren am 28. April 1869 in Theiern, Gemeinde Jnzersdors an der Traisen, zuständig dortselbst, Kellner, zuletzt in Passau, ehelicher Sohn des Bauers Josef Weber und der Elisabeth, gebornen Rechenhoser, wird von der Bezirkshauptmannschast St. Pollen zu eruieren gesucht. Steyr, am 10. Juli 1890. Z. 7442. An alle Gemeinde-Worstel-ungen und k. k. Gendarmerieposten-Gommanden. Ausforschung. Zufolge Erlasses der k. u. k. ober-österr. Statthalterei vom 28. Juni l. I., Z. 9270/IV, sind sofort eingehende Erhebungen nach dem gegenwärtigen Aufenthaltsorte der

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