Amtsblatt 1887/23 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 20. August 1887

4 banden seitens der k. k. Statthalterei in Graz Bedenken vorgebracht wurden und von derselben gegen eine allfällige Zurückweisung der Zigeuner nach St ei er mark Einsprache erhoben wurde und daß bei dem Umstände, als hiedurch die beabsichtigte und größtentheils angebahnte allgemeine Durchführung in den Alpenländern und daher auch in Oberösterreich, da letzteres in seiner ganzen Südseite an Steiermark grenzt, in Frage gestellt ist, sich hierüber die hohe Weisung des k. k. Ministeriums des Innern erbeten wurde. Dieselbe wird nach Herablangen zur Darnachachtung verlautbart werben. Mittlerweile ist über die Vorlage des Beschlusses des o. ö. Landtages vom 18. Jänner 1887, betreffend die Ver ­ hinderung des Aufenthaltes von Zigeunern ungarischer Provenienz in Oberösterreich, mit dem h. Erlasse des k. k. Ministeriums des Innern vom 5. Mai l. I. Z. 1552 auf die Handhabung der Gesetze vom 24. Mai 1885 (R.-G.-Bl. Nr. 89 und 90) mit dem Bemerken hingewiesen worden, daß durch diese Gesetze die Möglichkeit geschaffen wurde, jene Maßnahmen in das Werk zu setzen, welche zur erfolgreichen Bekämpfung des Vagantenthums im Allge ­ meinen geeignet sind. Es wird sonach gegen alle bestimmungslos und ohne erlaubten Erwerb herumziehenden Zigeuner, Zigeunerfamilien und Banden, ob sie nun ungarischer oder anderweitiger, oder überhaupt unbekannter Herkunft sind, und einerlei, ob sie mit Legitimationspapieren versehen sind oder nicht, die strengste Handhabung des Vagantengesetzes vom 24. Mai 1885 zu veranlassen sein. Zu diesem Behufe werden die k. k. Gendarmerie-Posten sowol, als auch die Gemeinden und ihre Organe dringendst angewiesen, bei dem Betreten und Anhalten von Zigeunern sofort die Anzeige an die k. k. Gerichtsbehörden behufs strafgerichtlicher Be ­ handlung nach dem citirten Gesetze — eventuell auch nach den ZZ 3 und 4 desselben — zu erstatten. Auch gegen jene erwachsenen Mitglieder der Zigeuner ­ banden, welche während des Lagerns derselben in den Orten und Gehöften bettelnd und arbeitsscheu herumstreifen, dürste der Z 2 des citirten Gesetzes Handhabe genug bieten, um ihre gerichtliche Abstrffung zu erwirken. Es ist aller ­ dings richtig, daß durch die Handhabung des citirten Gesitzes allein die Entfernung der Zigeunerbanden und Famil-.en momentan nicht bewirkt wird; jedoch je mehr und unaus ­ gesetzter und beharrlicher die Zigeuner in ihrer Ungebunden- heit belästigt, beunruhigt und verfolgt werden, desto sicherer werden sie allgemach dahin gebracht werden, ein Land zu meiden, in welchem sie überall die stete und strenge Aus ­ führung des Gesetzes gegen sie, und die daraus für sie ent ­ stehenden molestirenden Folgen zu befürchten haben. Durch eifriges und umsichtiges Zusammenwirken aller berufenen Organe und deren sofortiges Eingreifen kann dem Uebel mit der Zeit gewiß eher, als durch allgemeines Klagen und den Ruf nach Abhilfe begegnet werden. Es ist übrigens auch die Pflicht der Gendarmerie und der Gemeinden, in den öffentlichen Späheblättern (Centralpolizeiblatt und oberösterreichisches Polizeiblatt) nachzuforschen, ob nicht ««gehaltene Zigeuner in diesen Blättern verfolgt oder currendirt sind, und nach Maßgabe des Befundes entsprechend gegen selbe Vorzugehen. Da die Zigeuner häufig vorwenden, keine Reise- Legitimation zu besitzen, oder bedenkliche Urkunden vorweisen, so erscheint es zugleich durch die Vorsicht geboten, bei solchen ««gehaltenen Zigeunern, Familien und Banden, eventuell unter Affistenzleistung der Gendarmerie eine möglichst genaue und eindringliche Durchsuchung aller ihrer Effecten und Wägen pflegen zu lasten. Die Erfahrung hat in einem speciellen Falle gezeigt, daß eine Zigeunerbande ihre Papiere versteckt halte. Bei einer strengen Durch ­ suchung der sämmtlichen Effecten wird sich auch wol zeigen, ob die Zigeuner mit Geldmitteln versehen sind. Viele Gemeinden haben behuss der Fortschaffung der Zigeuner aus eigenen Mitteln Vorspann geleistet; da solche Vorspanns ­ leistungen, wenn sie nicht auf einem förmlichen rechtskräftigen Schuberkenntnisie beruhten, keine Vergütung aus dem Landesfonde zu erwarten haben, so nöthige man in solchen Fällen je nach Umständen die Zigeuner, derartige Auslagen aus Eigenem ganz oder zum Theile zu bcstreiten, sowie überhaupt auch die Fütterung ihrer Thiere auf ihre Kosten auf sich zu nehmen. Ueber die nach erfolgter Anwendung des Vaganten- Gesetzes den Gemeinden von den Gerichten überstellten Zigeuner sind im Falls der Ausweislosigkeit oder der erwiesenen Ausländereigenschast jedesmal die vorschriftsmäßig verfaßten Constitute anher vorzulege«. Zigeuner, welche durch ihr Lagern in Banden oder durch das Weiden ihrer Pferde Schaden an Feldfrüchten herbeigeführt haben, sind stets der entsprechenden Straf- behandlung nach Maßgabe der flurpolizeilichen Vorschriften (Gesetz vom 30. Jänner 1860 R.-G.-Bl. Nr. 28) zu unter ­ ziehen und es wird nur noch bemerkt, daß das Verfahren nunmehr seit der Giltigkeit der oberösterreichischen Gemeinde- Ordnung vom 28. April 1864 dem Gemeinde-Vorstands obliegt. Die Pferde aufgegriffener Zigeunerbanden sind regelmäßig in Bezug aus ihren Gesundheitszustand durch einen Curschmied untersuchen zu lassen und eventuell die entsprechenden veterinärpolizeilichen Maßregeln ohne Verzug einzuleiten; auf Zigeuner, die mit ihren Pferden Märkte besuchen, ist das entsprechende Augenmerk zu richten. Schließlich kann nicht genug betont werden, daß die Hauptaufgabe bei Bekämpfung des Zigeunerunwesens immer den Gemeinde - Vorstehungen als Localpolizeibehörden und der k. k. Gendarmerie und zwar durch unausgesetztes Ueberwachen, Beanständen und Verfolgen der Zigeuner zufalle. Daher soll jedes Auftauchen einer Zigeuner ­ bande sofort der Gemeinde-Vorstehung und dem k. k. Gen ­ darmerie-Posten gemeldet, von diesen Organen sofort und mit entsprechendem Nachdrucke die Amtshandlungen einge ­ leitet, und wenn die Zigeuner mittlerweile dennoch schon weiter gezogen sein sollten, auch die hierländigen Gendarmerie- Posten und Gemeinden, in deren Richtung sie sich entfernt haben, in schnellster Weise verständigt und derart eine ununterbrochene Ueberwachung und Verfolgung durchgeführt werden. Ich gewärtige, daß sowol die Gemeinde-Vorstehungen, als auch die k. k. Gendarmerie - Posten - Commanden in Handhabung dieser Angelegenheit die gehörige und nach ­ haltige Wachsamkeit entwickeln, bei allen einschlägigen Amts ­ handlungen die möglichste Thatkraft an den Tag legen, in Fällen der Nothwendigkeit aber behufs der hierämtlichen Unterstützung sogleich die Anzeige erstatten werden. St ehr, am 13. August 1887. Redaction und Verlag der k. k. Bezirkshauptmannschaft Steyr. - Haas'sche Buchdruckerei in Steyr.

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