Amtsblatt 1886/3 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 31. Jänner 1886

2 Z. 769. Nil sämmtliche Gemeinste - VorstetiMgen Mä k. k. Genstarmerie - Mosten - Commanäen. Der nachstehende vom k. k. Kreisgerichte Wels aus- geferligte Steckbrief wird zur sorgsamen Jnvigilirung ver ­ laut bart. St ehr, am 25. Jänner 1886. Z. 483/H. Steckbriefs - Erneuerung. Zur Erleichterung der Nachforschung nach dem noch immer nicht zu Stande gebrachten Thäter des am 4. Jänner 1886 zwischen halb 3 bis 3 Uhr Nachmittags in Bernardin bei Wels verübten Raubmordes an Anna und Franz Osternacher wird neuerlich bekannt gegeben: Es wird nunmehr als der That verdächtig bezeichnet: Josef Weichselbaumer, aus Sierninghofen gebürtig, nach Sierning bei Steyr zuständig, 29 Jahre alt, lediger Messerschmied-Gehilfe- Derselbe ist kaum mittelgroß, von ziemlich kräftigem Körperbau, hat längliches Gesicht, blonde Haars, blonde Augenbrauen, blaue Augen, gute Zähne, kleinen blonden Schnurr- bart, längliches Kinn, eine kranke Zehe, ist wiederholt abgestraft und besitzt ein von der Gemeinde - Vorstehung Sierning zum Auf ­ enthalt im Gerichtsbezirke Steyr unterm 24. December 1885 aus ­ gestelltes Certificat. Er dürfte dermalen unter falschem Namen mit falschem Ausweis vagiren, oder vielleicht in einem Spital sich befinden. Da seine Identität mit dem Thäter jedoch noch nicht festgestellt ist, ist die Verfolgung nicht ausschließlich gegen ihn zu richten, obzwar er bei Betretung hieher einzuliefern wäre, sondern es möge beachtet werden, daß der Verübung der That dringendst verdächtig ist ein Mann, circa 25 Jahre alt, der Kleidung, dem Dialecte unk den Manieren nach ein Bauernbursche aus Oberösterreich, — aber durch ­ aus nicht ein gewöhnlicher Landstreicher!! Der Bursche ist mittelgroß, mittelstark, hat blonde, kurze Haare, glaublich lichte Augen, sehr schwachen, lichtblonden Schnurrbart. Das volle, ovale Gesicht mit spitzem Kinn ist vielleicht durch dunkle Wimmerln etwas verunstaltet. Die Gesichtsfarbe ist blaß, röthet sich aber leicht. Die Zähne sind sehr weiß und — wenigstens vorne — vollständig. Die Nase ist beim Nasenbein sehr schmal, bei den Nasen ­ flügeln plötzlich unverhältnißmäßig verbreitert. Die Nasenspitze ist ein wenig herabgebogen und mäßig abgeplattet. Die kleine Zehe, wahrscheinlich des linken Fußes, dürfte in Folge eines weißlichen Neu- gebildes krankhaft sein, nach längerem Gehen schmerzen, weßhalb der Mann mitunter hinkt. (Es ist jedoch die Möglichkeit einer Simulation nicht völlig ausgeschlossen.) Der Bursche ist ein wenig knieweit und pflegt seine Hände, welche keine Spuren schwerer Arbeit zeigen, in den Hosentaschen zu halten. Der Gesammteindruck des Gesichtes ist ein freundlicher. Beim Sprechen pflegt er öfters zu lächeln, wobei an jeder Wange von der Nase herab eine Falte sich bildet. Die Haltung ist gerade, die Stimme ziemlich fein. Am 4. I. M ist er unter dem Vorwande, von entfernten Ortschaften (Ofteriug, Lambach) hergegaugen und ermüdet zu sein, in und bei Wels in mehrere Häuser gekommen, zog dann meistens seine Stiefletten aus, klagte über Schmerzen in der Zehe, begehrte auch manchmal eine Bürste zum Reinigen der Kleider, hielt sich mitunter längere Zeit im Hause auf, benahm sich bäurisch, kam und ging meist ohne Gruß und ohne den Hut abzunehmen. Von 7 Uhr Morgens bis 3 Uhr Nachmittags des 4. l. M. ist das ganze Vor ­ gehen des Burschen genau bekannt. Ueber seinen früheren und späteren Aufenthalt liegen bisher verläßliche Nachrichten nicht vor. Zur Zeit der That, deren Art der Vollbringung auf Gewandtheit bei Handhabung eines Messers zum Stechen hindeutet, war der Bursche im bäuerlichen Sonntagsgewande, bestehend aus: rundem, schwärzlichen, kleinem Hut; weißem Hemd; weißem, vielleicht fein blau gestreiftem, wollenem, mit den Fransen nach Außen getragenem Halstuch, dessen Enden iy die geschlossene Jacke gesteckt waren; sehr dunkler, bräunlicher, oder vielleicht bläu ­ licher, kurzer Bauerujacke, aus dickem, aufgeworfenem Tuch; sehr enger, dunkelbrauner, schwarz gestreifter Hose; an den Absätzen vertretenen, mit Gamaschenschnitt versehenen Stiefletten. Nach der That trug er ein lichtgraues, mittelgroßes Binkerl. — Höchst wahrscheinlich wurde geraubt: eine ganz neue, schwarze Tuch Weste; ein neues, seidenes, blaugraues Kinderhalstnch, ein Paar neue, doppelsohlige Aufzugstiefel für mittelgroßen Fuß, rückwärts mit Schnallen, deren eins um 1 Ctm. höher steht als die andere; am Barfuß, welcher innen mit Hundsfell gefüttert ist, ist ein Kappenstepp angebracht, die Absätze sind mit Eiseln, die Soblenränder mit Mausköpfeln genagelt und die blaugrauen Strupfen sind kreuzweise angenäht. (Josef Weichselbaumer trägt Aufzugstiefel, welche bestimmt nicht die vorbeschriebenen sind ; könnte dies zur Irreführung thun!) Da der Thäter vielleicht ein vacirender Knecht, oder ein ent ­ lassener Sträfling sein dürste, nunmehr vielleicht einen Dienst angetreten, oder in einem Spitale Ausnahme gefunden haben könnte, die wahrscheinlich blutbefleckte Kleidung uud die geraubten Gegenstände veräußert haben dürfte, wolle nach allen diesen Richtungen schärfstens invigilirt werden. Jede sachdienliche Wahrnehmung wolle hieher mitgetheilt, und der Bursche bei Betretung in Haft genommen werden. K. k. Kreisgericht Wels am 22. Jänner 1886. Der k. k. Untersuchungsrichter: Dr. Drinks. Z. 43M. M MmtMe Gemeinste - VorstckMgen. Unter Bezugnahme auf den hierämtlichen Erlaß vom 24. Jänner 1884 Z. 800 folgen im Anschlüsse die Con- signationen der Landwehrmänner des Assentjahres 1875 vom eigenen und fremden Bezirke mit dem Auftrage, die dortämtlichen Evidenz - Protocolle hiernach entsprechend zu ergänzen, und den Assentjahrgang 1873, welcher mit Ende December 1885 mit Abschied entlassen wurde, zu löschen. Die heimatszuständigen Landwehr-Dragoner sind in die eigene Evidenz aufzunehmen. Steyr, am 26. Jänner 1886.

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