Amtsblatt 1885/27 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 1. Oktober 1885
der k. k. Zllzirkshmiplmannscliasi 8leyr. Nr. >r. Steyr, am 1. Ortaber 1885. Z. 7135. Rn sämmtlilke Geniemlle-Aorstesmngea nilst Oenckarmerie - Posten - Cammmulm. Anfangs Mai d. I. wurde in Grein an der Donau eine Frauensperson mit dem angeblichen Namen Irma v. Farkasany, Musiklehrers-Witwe, sammt ihrer angeb lichen Tochter Barbara von Farkasany, wegen vielfacher Schwindeleien, insbesonders wegen betrügerischer Zechschulden verhaftet und wurde Irma von Farkasany an das k. k. Landesgericht Linz abgeliefert, wo sie gegenwärtig eine mehrwöchentliche Kerkerstrase abbüßt, während deren voll kommen gelähmte und erwerbsunfähige Tochter Barbara, die die Mutter in einem Handwagen mit sich führte, in der Verpflegung der Gemeinde Grein verblieb. Die bisher gepflogenen Erhebungen haben ergeben, daß Irma von Farkasany mit ihrer . lahmen Tochter seit Jahren in verschiedenen Ländern des In- und Auslandes, insbesonders in Tirol, Kärnten und Oberösterreich, vor zugsweise in den Curorten die öffentliche und Privatwohl- thätigkeit in der zudringlichsten Weise in Anspruch nahm und hiedurch und durch Schwindeleien ihr Leben fristete. Es handelt sich nunmehr um die Feststellung der Heimatzuständigkeit dieser beiden Personen. Irma von Farkasany gab an, daß ihre Eltern Johann und Barbara Nemedy, früher von ihr Muth genannt, schon längst gestorben seien, daß ihr Vater Musiklehrer ge wesen und in Braila in der Moldau gestorben sei, als sie noch sehr klein war; ihre Mutter sei vor 19 oder 20 Jahren in Groß-Enzersdorf bei Wien in der Heilanstalt des Dr. Erbes gestorben. Sie sei in Debreczin heimatsberechtigt, sei dort in der katholischen Kirche in der Ketskemetstraße getauft wor den, sei geboren am 3. März 1833, und hätten ihre Eltern damals in Debreczin in der Ketskemetstraße gewohnt, sie habe auch die Schule in Debreczin, aber nur in den ersten Jahren besucht, sei dann nach Budapest gekommen, wo sie durch 5 Jahre in dem Institute der Majorin Pech in der Festung Ofen erzogen wurden sei. Ihren Gatten Carl von Farkasany, den sie früher Johann von Farkasany nannte, und welcher Privatmusik- lehrer gewesen, habe sie im Jahre 1859 in Debreczin kennen gelernt und habe sie ihn im selben Jahre am 11. October geheiratet, sei auch dort in der katholischen Kirche in der Ketskemeterstraße getraut worden. Als Trauzeugen hätten ein gewisser Mayer, Hausbesitzer in Debreczin, der vor einigen Jahren gestorben sei und Satory, Getreidehändler in Pest, fungirt. Die Elrern ihres Gatten hätten in Debreczin ein Handelsgeschäft gehabt, wo sie wohnten, wisse sie nicht an- zugeben. Unmittelbar nach ihrer Heirat habe sie in der Ketskemetstraße und zwar in Mitte derselben gewohnt; die Hausnummer sei ihr nicht erinnerlich, den Namen des damaligen Hausbesitzers wisse sie nicht, nur so viel sei ihr bekannt, daß er ein Jude war. Sie habe in Debreczin gar keine Bekannten mehr, da sie mit ihrem Gatten bald nach ihrer Verheiratung Debreczin verlassen habe. Sie sei dann in der Welt her umgezogen und zwar in Galaz, Braila, Jassy, Bukarest, dann sei sie wieder nach Braila, wo sie ihr Mann ver lassen habe, ohne von ihr und ihrem Kinde Barbara, das damals zwei Jahre alt war, Abschied genommen zu haben. Den Reisepaß, der ihr unmittelbar nach der Hochzeit ausgestellt worden sei, sei von dem ungarischen Ministerium in Ofen ausgefertigt worden. Später sei ihr ein Auslandpaß von der Statthaltsrei in Ofen ausgefertigt worden u. zw. entweder im Jahre 1862, 1863 oder 1864. In ihrer Aussage vom 24 Mai d. I. gab sie an, überhaupt schon fünf erneuerte Reisepässe von Debreczin erhalten zu haben. Bei dem Umstände, als die Gemeinde Debreczin die Heimatzuständigkeit der genannten beiden Persönlichkeiten entschieden nicht ««erkennt und auch die sonstigen bis herigen Erhebungen diesfalls kein positives Resultat ergaben und vielmehr die meisten Angaben der beiden Personen sich als unwahr herausstellen, werden in Folge h. Statt- halterei-Erlasses vom 16. d. M. Z. 11.054/VIII dieGemeinde- Vorstehungen und k. k. Gendarmerie - Posten - Commanden aufgefordert, nachzuforschen, was über die Identität, Provenienz und Heimatzuständigkeit der gedachten beiden Frauenspersonen bekannt sei, ob das Heimatrecht der selben, wann und in welcher Art zur Frage kam, ob sie während ihres allfälligen dortigen Aufenthaltes Legitimations- Documente und Pässe hatten. Personsbeschreibung: Irma von Farkasany, Alter: 52 Jahre, Statur: Mittel, Gesicht: oval, Haare: braun, Augen: blau, Augenbrauen: blond, Nase und Mund : proportionirt, besondere Kennzeichen : keine. Sprache : deutsch und ungarisch.
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2