Amtsblatt 1885/17 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 20. Juni 1885

3 Der Anspruch auf Entschädigung erlischt, wenn er nicht innerhalb 4 Wochen nach seiner Entstehung bei dem zuständigen Gerichte geltend gemacht worden ist (Z 80 §). Wer ein Arbeitsbuch nachmacht oder verfälscht, oder wissentlich falsche Angaben in Betreff seiner Person in das Arbeitsbuch ausnehmen läßt, oder sich zur Legitimation eines fremden Arbeitsbuches bedient, oder sein Arbeitsbuch zu diesem Zwecke einem anderen ülerlüßt, wird nach den Strafgesetzen behandelt (§ 80 b.) Jeder Gewerbsinhaber ist verpflichtet, dem Hilfs ­ arbeiter beim ordnungsmäßigen Austritte aus dem Arveits ­ verhältnisse über die Art und Dauer der Beschäftigung ein Zeugnis auszustellen, welches aus Verlangen des Hilfs ­ arbeiters auch auf sein sittliches Verhalten und den Wert feiner Leistungen auszudehnen ist. Der Inhalt dieses Zeugnisses ist über Ansuchen des Hilfsarbeiters in das Arbeitsbuch einzutragen und von der Ortspolizeibehörde kosten- und stempelfrei zu beglaubigen. Ein Gewerbsinhaber, welcher die Ausstellung dee Zeug ­ nisses verweigert oder dem Hilfsarbeiter ein wahrheitswidriges Zeugnis wissentlich ertheilt, macht sich einer Ueberlretung der Gewerbeordnung schuldig und hastet sür den hieraus entspringenden Nachtheil sß 81). Bezüglich des den Kehrtlttge« bei Auflösung des Lehrverhältnisses auszustellenden Zeugnisses bestimmt der § 104 des mehrerwähnten Gesetzes Folgendes: Bei Auflösung des Lehrverhältnisses hat der Lehrherr dem Lehrlinge ein Zeugnis über die zugebrachte Lehrzeit, sein Betragen während derselben und die gewonnene Aus ­ bildung im Gewerbe auszustellen. Im Falle der Auflösung durch ordnungsmäßige Be ­ endigung des Lehrverhältnisses ist, wenn der Lehrherr einer Genossenschaft angehört, von der Genossenschasts-Vorstehung, unter Benützung des Lehrzeugnistes, beziehungsweise der Lehrzeugnisse, wie der seitens der Genossenschaft gemäß Z 114 gemachten Wahrnehmungen ein Lehrbrief auszustellen. In beiden Fällen ist der wesentliche Inhalt der Be ­ scheinigungen in das Arbeitsbuch einzutragen und von der Ortspolizeibehörde kosten- und stempelfrei zu beglaubigen. Durch diese Bestimmungen erscheinen die W 73, 74 und 100 der Gewerbeordnung vom 20. December 1859, R.-G. B. Nr. 227, und der Anhang hiezu, betreffend die Arbeitsbücher, außer Kraft gesetzt, und wurde das Formulare der neuen Arbeitsbücher durch die im Reichsgesetzblatte Nr. 69 ausgenommeue Ministeiial-Verordnung vom 12. Mai l. I. festgesetzt. Im Hinblicke auf Absatz 5 der erwähnten Ministerial- Verordnung sind den mit Arbeitsbüchern bereits versehenen Hilfsarbeitern die alten Bücher zu belasten, doch sind dieselben selbstverständlich in den Fällen der HZ 80, 6, f und K, mit nach dem neuen Formulare ausgefertigten Arbeitsbüchern zu betheilen. In keinem Falle sinddieetwa vorräthigen Exemplare der früheren Arbeitsbücher nach dem Jnslebentreten des Gesetzes vom 8. März 1885 bei Ausfertigung von Arbeitsbüchern zu ver ­ wenden. Zum Absatz 6 der Ministerial-Verordnung vom 12. Mai d. I. wird insbesonders bemerkt, daß durch das neue Gesetz die Ministerial-Verordnung vom 14. März 1860, R.-G.-B. Nr. 66, mit welcher angeordnet wurde, daß die durch die Gewerbeordnung eingeführten Arbeitsbücher unter den in der obengedachten Verordnung angeführten Bedingungen als Reise-, beziehungsweise Legitimations - Urkunden zu gelten haben, gleichwie die denselben Gegenstand betreffenden Be ­ stimmungen der Ministerial-Verordnung vom 10. Mai 1867, R.-G.-B. Nr. 80, in keiner Weise berührt werden. Im Hinblicke darauf wurde die Personsbeschreibung in das Formulare des Arbeitsbuches ausgenommen, da diese für gewisse Reise-Legitimationen schon heute nothwendig ist, und in einzelnen Kronländern schon in den bisherigen Arbeitsbüchern ausgenommen erscheint. DieAusfüllungderRubrikenderPersons- beschreibungobliegtdenGenieinde-Vorstehern, welche die Arbeitsbücher ausferligen. Nach § 80 des Gesetzes vom 8. März 1885 sind die Arbeitsbücher künftighin stempelfrei aus- zuferti gen. Hievon werden die Gemeinde- und Genossenschasts- Vorstehungen infolge Erlasses der hohen k. k. Statthalterei ddo. 22. Mai d. I, Z. 6314, zur Wissenschaft und Darnach- achtung in Keniunitz gesetzt, und es wird den Gemeinde- Vorstehunzen insbesondere die ihnen nach § 80 des neuen Gesetzes obliegende Führung von genauen Vormer ­ kungen über die erfolgten Aus sertigungenvon Arbeitsbüchern zur strengen Pflicht gemacht. Die Arbeitsbücher werden von der k. k. Statthalterei bei der k. k. Hof- und Staalsdruckerei bezogen, und wird den Gemeinde - Vorstehungen in kürzester Frist eine ent ­ sprechende Partie derselben gegen Ersatz der Gestehungskosten zukommen. Hiebei wird noch bemerkt, daß alle bisher nicht mit Arbeitsbüchern versehenen Hilfsarbeiter, mit Ausnahme des kaufmännischen Hilfspersonals, als insbesondere auch Kellner, Lehrlinge und die im Z 73, lit. ä, des eingangs bezogenen Gesetzes erwähnten Personen Arbeitsbücher erhalten müssen. Steyr, am 17. Juni 1885. Z. 3975. Rn sämnMiüe Oememäe-AorsteäMgm unä an äie kockwüMgm Pfarrämter. Am 1. Mai d. I. ist ein großer Theil Steiermarks durch ein Erdbeben heimgesucht worden, welches besonders in den Ortschaften Windberg, Wartberg und Mitterdorf an Privathäusern und öffentlichen Gebäuden große Beschädi ­ gungen verursacht und eine namhafte Anzahl der Be ­ wohner obdachlos gemacht hat. Der Gesammtichade wird aus mehr als 150.000 fl. veranschlagt und erscheint um so empfindlicher, als die ge ­ ringen Hilfsquellen der dortigen Bevölkerung auch zur theil- weisen Linderung desselben nicht genügen. In Berücksichtigung dieser Nothlage hat sich das h. k. k. Ministerium des Innern laut Erlasses vom 19. v. M. Z. 2117M. ll. bestimmt gesunden, eine Sammlung milder Beiträge in Oberösterreich zu bewilligen. Die Gemeinde-Vorstehungen werden daher in Folge h. Statthalterei-Präsidial-Erlasses von 24. Mai d. I. Z. 1258/krü8. eingeladen, im Einvernehmen mit den hoch ­ würdigen Pfarrämtern wegen der Durchführung dieser Sammlung das Erforderliche zu verfügen und die ein ­ gehenden Beträge binnen 4 Wochen anher zu senden. Steyr, 16. Juni 1885.

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