Amtsblatt 1885/14 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 20. Mai 1885
3 Z. 3630. Rn, sämnMlke Oememäe-AorsteäMlM unä ä. k. Gmllarmme - Pastell - Commanäm. In Oberösterreich wurde seit December v. I. und zwar in den Bezirken Gmunden, Vöcklabruck und Rohrbach, ein Vagant wegen Landstreicherei beanständet, der sich Johann Bind (Biend) nannte und angab, circa 24 bis 26 oder 27 Jahre alt und Bilderschnitzer aus Papier und Patronenausschneider zu sein. Den Ort seiner Geburt kenne er nicht, nach seiner Meinung dürfte er in Ungarn als Sohn eines Schmiedes geboren sein, mit welchem er bis in sein 4. oder 5. Jahr in Ungarn unstät umherzog und nachdem er seinen Vater bei Szegedin verloren habe, zu den Zigeunern kam, mit welchen er nach England reiste und von dort nach Deutschland mit einigen Zigeunern zurückkehrte. Später habe er sich von ihnen getrennt und sei von Preußen nach Sachsen und Baiern gereist, sei auch nach Metz und Paris und in die Schweiz gekommen, von wo er in eine wahrscheinlich nach Oesterreich gehörige Stadt am Bodensee geschoben worden sein will. Er sei sodann nach Tirol und von dort nach Baiern gereist, wo er sich längere Zeit aufgehalten habe. Er lebte theils von dem Ver dienste, das ihm seine Bildschnitzerei abwarf, theils vom Bettel. Er durchreiste sonach auch Ober- und Niederösterreich, kani nach Maria-Zell und Graz und kehrte über Nieder- und Oberösterreich nach Baiern zurück, wo er in Landshut mit einem aus England gekommenen Schauspieler Namens Köstner zusammengetroffen uno mit ihm über Bremen nach Amerika abgereist sein soll. Von dort gibt er an, im Jahre 1882 nach Europa zurückgekehrt und von Bremen nach Berlin und nach Baiern gelangt zu sein. Unter den Orten, die er pafsirte, nennt er München, Landshut, Geiselhbring, Straubing, Plattling, Osterhofen und Vilshofen, wo er wenigstens durch acht Wochen geblieben sein will. In Passau und Vilshofen sei er ausgegriffen, jedoch wieder auf freien Fuß entlasten worden. Deßgleichen sei er in Mühldorf am Jnn durch längere Zeit in Haft behalten, und ebenso auch in Notthalmünster und Moosburg wegen Landstreicherei abgestraft worden. In Hollethau will er (bei Mainburg) in der Hopfen ernte beschäftigt gewesen sein. Bind sagt ferner, er habe nie eine Schule besucht, das Schreiben habe er von seinem Cameraden, dem oben erwähnten Köstner gelernt. Johann Bind war bei seiner Betretung im Bezirke Gmunden mit zwei Certificaten über wegen Landstreicherei erstandene Strafen, und zwar vom königl. Amtsgerichte Rotthalmünster ddo. 12. Juli 1884 und vom königl. Amtsgerichte in Moosburg ddo. 7. August 1884, versehen. Letzteres Certificat war mit Siegelabdrücken von Wander- Unterstützungs - Vereinen in Moosburg, Rohr und über ertheilte Ortsgeschenke in Otzing, Vilshofen rc. ausgestattet. Es ist kaum ein Zweifel, daß der Vagant Bind über Namen und Herkunft nur falsche Angaben mache, um die öffentliche Aussicht irre zu führen. Es ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß er ein baierischer Fahnenflüchtling oder Deserteur sei. Der angebliche Johann Bind ist groß, hat schlanken Körperbau, längliches Gesicht, gesunde Gesichtsfarbe, blonde Haare, hohe Stirne, blonde Augenbrauen, blaugraue Augen, Nase und Mund gewöhnlich, schwachen blonden Schnur bart, das Kinn rund und mit leichtem Bartanflug be wachsen. Seinen Namen unterschreibt er mit fester guter Schrift. Kleidung: Eine Wintermütze von Biberfell, gelbes roth geblümtes Halstuch, dunkle Weste und Hose, braun und gelb carrirten Rock von Stoff, weißkattunenes Hemd, ein Paar Stiefletten. Spricht deutsch etwas im baierischen Dialect; will aber auch die Sprache der Zigeuner erlernt haben. Johann Bind kann, wie beobachtetwurde, Patronen für Maler ausschneiden und ist sehr geschickt, nach gegebenen Zeichnungen Papier bögen zu durchbrechen, welche dann über fär- biges Papier gelegt und mit diesem verbunden werden. Es ist möglich, daß Bind sich diese Fertigkeit bei den Zigeunern angeeignet habe, es dürfte aber wahrscheinlich sein, daß er dieselbe in einem Strafhause erlernt habe. Ueber die Identität und Provenienz des angeblichen Johann Bind, welcher bereits im Linzer Polizeiblatte Nr. 15 vom Jahre 1885 Art. 490 curreudirt ist, sowie über allfällige Aufgreifungeu desselben ist im positiven Falle bis 28. d. M. anher zu berichten. Steyr, den 17. Mai 1885. Z. 3526. Rn sämmttilke Gemmule - WrstcklMM Mll M äie liolsmürtligm Pfarrämter. Im Markte Wiznitz in der Bukowina ist am 17. April d. I eine heftige Feuersbrunst zum Ausbruche gekommen, welche so rasch um sich griff, daß binnen wenigen Stunden circa 130 Häuser dem verheerenden Elemente zum Opfer fielen. Der hiedurch entstandene Schaden wird beiläufig auf 200.000 fl. veranschlagt, und die Nothlage der von diesem Unglücke Betroffenen ist um so größer und drückender, als die Mehrzahl derselben in sehr ärmlichen Verhältnissen lebt und die sämmtlichen Habseligkeiten eingebüßt hat. Nachdem die einheimischen Mittel eine ergiebige Hilfe nicht erwarten lasten, hat sich der Herr Minister des Innern zufolge h. Erlasfes vom 3 d. M- Z. 1885/14. l. über Ein schreiten des Herrn k. k. Landespräsidenten in der Bukowina bestimmt gefunden, eine Sammlung milder Beiträge zur Unterstützung der Verunglückten auch in Oberösterreich zu bewilligen. Die Gemeinde-Vorstehungen werden daher infolge h. Statthalterei - Präsidial - Erlasses vom 6. d. M- Z. 1054 eingeladen, im Einvernehmen mit den hochw. Pfarrämtern wegen der Durchführung dieser Sammlung und ihrer thun- lichsten Förderung soiort das Entsprechende zu veranlassen und die eingehenden Beträge zuverläßlich binnen 4 Wochen anher zu senden. Steyr, 12. Mai 1885.
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