Amtsblatt 1884/24 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 31. August 1884

4 im Jahre 1853 (L.-G.- und V.-Bl. II, Nr. 30) die An ­ ordnung getroffen, daß derart kranke Soldaten, wenn ihr Uebel nicht mehr acut und eine Ausbreitung durch weitere Ansteckung nicht zu fürchten ist, in ihre Heimat beurlaubt werden. Diese obencitirten Normen haben nunmehr laut Er- laffes der hohen k. k. Statthalterei in Linz vom 15. d. M. Z. 9393/IV einige Abänderungen gefunden, welche ich den Gemeinde - Vorstehungen zur eigenen Wissenschaftnahme und Darnachachtung, sowie zur Mittheilung an die Herren Aerzte hiemit abschriftlich bekannt gebe : Vorschrift Lrurlaubung der mit hartnäckiger, sogenannter rgyptischrr ÄngenrntMndung (chronischem Trachom) behafteten Militär - Mannschaft. Angezeigt ist die Beurlaubung bei einfachen, reizlosen chronischen Trachomen ohne wesentliche Absonderung, welche nach lange und consequent fortgesetzter, zweckmäßiger Be ­ handlung und, je nach Umständen, auch nach einem zeit- weisen, blos exspectativen Verfahren auf dem Punkte ange ­ langt sind, wo sie stationär bleiben, oder nur mehr äußerst langsame und schwankende Rückschritte machen. Solche Trachome kann man, so lange keine Steigerung des Prozesses durch äußere Schädlichkeiten eingetreten ist, von der Ansteckungsgefahr freisprechen ; sie lassen demnach die Beurlaubung unter gewissen Vorsichtsmaßregeln nicht nur zu, sondern erheischen sie sogar behufs ihrer während der Beurlaubung noch möglichen Heilung, wenn nach ärztlichem Ermessen die Heilung im Spitals nicht oder kaum mehr oder nur noch nach längerer Zeit zu erzielen wäre. Die Modalitäten, unter denen die Beurlaubung der in Rede stehenden Augenkranken stattzufinden hat, sind folgende : Die Beurlaubung derlei Augenkranker darf nur aus den betreffenden Militär-Sanitäts-Anstalten nach vorher ­ gegangener ärztlicher Beobachtung und Behandlung stattfinden. Ist der zu beurlaubende Mann von Seite des Spitals mit zwei feinen leinenen Compressen zum Reinigen der Augen bei seinem Abgehen zu versehen. Soll der Mann nach dem Eintreffen in dem Orte seiner Beurlaubung, wie jeder andere Urlauber, abermals von einem Militär-Arzte oder, in Ermangelung eines solchen, von einem Civil-Arzte untersucht werden, um eine etwaige, während des Marsches eingetretene Verschlimmerung des Augenleidens bei dem Manne sogleich zu entdecken. Die politische Ortsbehörde ist von Seite jener Truppenkörper oder Heeres ­ anstalten, welche den Militär-Paß auszufertigen haben, unter Einem von der Ankunft des Mannes, so ­ wie über die Ursache seiner Beurlaubung zu verständigen. Ist der Mann vor seinem Abgehen aus oem Svitale hierüber, sowie über die Nothwendigkeit zu belehren, bei eintretender Verschlimmerung seines Augen ­ übels ohne Verzug sich bei dem k. k. Bezirks ­ arzte oder dem nächststationirten Militärärzte zu melden. Wenn bei einem während seiner Präsenz-Dienstpflicht auf bestimmte Zeit beurlaubten Soldaten eine solche Ver ­ schlimmerung des in Rede stehenden Augenleidens eintritt, daß hievon eine Verbreitung durch Ansteckung zu besorgen wäre, so ist derselbe ehestens in das nächste Militär-Spital abzugeben, falls nicht dessen zweckmäßige ärztliche Behandlung und Pflege zu Hause auf eigene Kosten vollkommen gesichert wäre; unter denselben Verhältnissen sind derartige Kranke aus dem Stande der dauernd Beurlaubten und aus dem Reservestande nach den diesbezüglichen Vorschriften an das nächste Civil-Spital abzugeben. Wird es Aufgabe der Orts-Obrigkeitenund, unter Vermittlung dieser, der Civil - Aerzte sein, sich von dem jeweiligen Gesundheitszustände der in ihrem Wirkungs ­ kreise sich aufhaltenden derlei beurlaubten Augenkranken und über die etwaige Rückwirkung auf die Population in steter und genauer Kenntniß zu erhalten. Müssen die bei Beurlaubungen erkrankter und gesunder Militärmannschaft überhaupt geltenden Normen, wie die Rücksichtnahme auf die Jahreszeit, Witterung u. s. w. und auch darauf, ob der zu Beurlaubende gegen Ausfolgung des Zehrgeldes (Viaticum) oder aus dem Wege des Trans ­ portes, mittelst Eisenbahnen, Dampfschiffen oder auf Land ­ straßen an den Ort seiner Bestimmung abzuschicken sei, bei Beurlaubungen von den in Rede stehenden Augenkranken um so sorgfältiger beobachtet werden. Die wegen Erkrankung an Trachom auf Urlaub gesetzte Mannschaft ist beim Wiedereinrücken in die Ergänzungs ­ Bezirks-Station von einem Militär-Arzte genauestens auf den Zustand ihrer Augen zu untersuchen und nur dann an den zuständigen Truppenkörper oder eine Heeres - Anstalt abzusenden, wenn das Leiden geheilt und daher eine Ver ­ schlimmerung oder Weiterverbreitung auf Andere nicht zu befürchten ist. . Im gegentheiligen Falle sind solche Kranke zurück- zuhalten und eventuell auch bis zur Entscheidung durch eine Superarbitrirungs - Commission an die nächste Militär-Heil ­ anstalt abzugeben, oder, wenn es zulässig ist, weiterhin zu beurlauben. Steyr, am 27. August 1884. Der k. k. Bezirkshauptmann.

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