Amtsblatt 1884/3 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 30. Jänner 1884

2 Z. 567. An sämmtliche Gemeinde=Vorstehungen und an die hochw. Pfarrämter. Seine Excellenz der Herr Minister=Präsident als Leiter des hohen k. k. Ministeriums des Innern hat sich mit dem Erlasse vom 9. d. M., Z. 95/M. I., bestimmt gefunden, der Schwester der Congregation vom kostbaren Blute zu Nazareth bei Banjaluka in Bosnien, Marie Schlageter, für die Dauer von drei Monaten, d. i. vom 1. Februar bis Ende April 1884, die Bewilligung zu ertheilen, in Oberösterreich eine Sammlung milder Spenden zum Zwecke der unentgeltlichen Erziehung armer verwahrloster bosnischer Kinder bei einzelnen bekannten Wohlthätern, mit Aus¬ chluß des Sammelns von Haus zu Haus, vorzunehmen. Hievon werden die Gemeinde=Vorstehungen und hochw. Pfarrämter zufolge hohen Statthalterei =Präsidial =Erlasses vom 14. d. M., Z. 126/präs., mit dem Bemerken in die Kenntniß gesetzt, daß die genannte Schwester im Falle ihres Erscheinens mit einem vom hohen k. k. Statthalterei=Präsidium ausgefertigtem Sammlungs=Certificate versehen sein wird. Steyr, 22. Jänner 1884. Der k. k. Bezirkshauptmann. Z. 704. An sämmtliche Gemeinde=Vorstehungen. Die sämmtlichen Hebammen sind aufzufordern, ihre bis Ende 1883 geführten Geburts=Tabellen im Wege der Gemeinde=Vorstehung bis 10. Februar 1884 anher einzusenden. Zugleich wird erinnert, ehethunlichst den Bedarf an der Drucksorte „Geburts=Tabelle“ sammt Einsto߬ Bogen für das Jahr 1884 bekannt zu geben. Steyr, 21. Jänner 1884. Der k. k. Bezirkshauptmann. Z. 705. An sämmtliche Gemeinde=Vorstehungen. Ueber alle mit Ende d. M. in der Gemeinde befind¬ lichen gewerblichen Gehilfen und Lehrlinge, demnach auch jene der Handelsgewerbetreibenden, haben die Gemeinde¬ Vorstehungen genaue Verzeichnisse ortschaftsweise abzufassen und bis 15. Februar d. J. anher einzusenden. Hiebei ist: a) der Vor= und Zuname des Gewerbebesitzers oder Kaufmannes, dann der Name des Gewerbes und des Handelsgeschäftes; ) der Vor= und Zuname, das Geburtsjahr und die Zuständigkeits=Gemeinde des Gesellen oder Lehrlings er¬ sichtlich zu machen, ohne Unterschied, ob die Gesellen oder Lehrlinge in der Werkstätte des Gewerbsbesitzers oder außerhalb derselben mit Arbeit versehen werden. Steyr, am 21. Jänner 1884. Der k. k. Bezirkshauptmann. Z. 773. An sämmtliche Gemeinde=Vorstehungen und k. k. Gendarmerie=Posten=Commanden. Zu Rohrbach in Oberösterreich wurde wegen Bettels und Ausweislosigkeit ein Individium aufgegriffen, welches angibt Georg Andritzky zu heißen, 76 Jahre alt, in Wels geboren und dahin zuständig zu sein. Er sei mit seinen Eltern schon in seiner frühen Jugend nach Steier¬ mark und später nach Steyr gekommen wo er die Schule besuchte und der Vater als Bergmann in der Nähe in einem Hammerwerke gearbeitet, die Mutter aber Taglöhnerei verrichtet habe. Später sei er mit den Eltern nach Krain gekommen, wo der Vater, ehemals Soldat, als Bergmann in einer Grube verschüttet und bei Laibach begraben worden ein soll. Nach dem Tode des Vaters, der im eilften Lebens¬ jahre des Sohnes starb, sei er mit der Mutter nach Klagen¬ furt gezogen, wo er auch die Schule besuchte. In seinem zwölften Lebensjahre sei auch seine Mutter zu Klagenfurt gestorben. Er habe sonach in Bozen beim Mondschein=Wirth drei Jahre und später bei St. Pölten in der Rohr= oder Weiermühle fünf Jahre gearbeitet. Den größten Theil seines Lebens habe er in Tirol verbracht, wo er von Ort zu Ort mit Schnitzwaaren (Rechen, Heu¬ gabeln und Rosenkränzen) gewandert, auch zwei Jahre den Obsthandel betrieben und allenthalben den Beinamen „Der österreichische Schorsch“ oder „Oesterreichische Jörgl“ ge¬ führt hätte. Auch will er in den Jahren 1864 und 1865 beim Bau der Donaubrücke zu Kellheim und auch beim Brücken¬ Bau zu Schwandorf in der Oberpfalz beschäftigt gewesen sein. Sein Vater, den er bald Johann Georg Andritzky, bald Georg Heinrich nennt, habe „Der österreichische Hein¬ rich“ geheißen, seine Mutter aber, Anna Maria Andritzky, „Die österreichische Mariandl.“ Georg Andritzky ist 1·61 m. groß, von decrepider Körperbeschaffenheit, hat ein ovales Gesicht, blaue Augen, mehr dunkelblonde, ins Braune gehende Kopfhaare, der Bart ist blond, tark grau melirt, die Zähne sehr mangelhaft, namentlich am Oberkiefer, die Augenbrauen braun, das linke Auge etwas schielend, Nase und Mund gewöhnlich. Er ist mit einem linksseitigen schwachen Leisten¬ bruch und rechts mit einer mäßigen Erweiterung des Leisten¬ canales behaftet. Die Sprache ist deutsch. Die Kleidung besteht in einem abgenützten grauen Rock, gestreifter carrirter Hose und grauer Weste. Da sich die Angaben des Vaganten als unwahr herausstellten, so werden die Gemeinde =Vorstände und Gedarmerie= Posten=Commanden angewiesen, über die Provenienz und Identität dieses Individuums, sowie über allfällige frühere Aufgreifungen desselben eindringliche Nach¬ forschungen anzustellen und das Resultat bis 15. Februar d. J. zuverlässig anher bekannt zu geben. Steyr, am 24. Jänner 1884. Der k. k. Bezirkshauptmann.

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