Amtsblatt der Stadt Steyr 2002/4
Gesundbleiben weruen Verantwortung für die Gesundheit übernehmen Ess-Störungen - immer häufiger wenden sich Betroffene an das Steyrer Kinderschutz-Zentrum „Wigwam 11 Bei Essstörungen handelt es sich um eine indi- viduelle Verhaltensweise, die zuweilen sehr stark von einer durchschnittlichen Norm in eine krankhafte, suchtartige Form abweicht. Das heißt, dass das Essen an sich und die Be- schäftigung mit Nahrung bzw. die Nahrungs- verweigerung eine zentrale und enorm wichtige Rolle im Leben der betreffenden Person spie- len. Zu Grunde liegen psychische Probleme. Essstörungen finden sich in allen gesellschaftli- chen Schichten wieder. Bislang waren wesent- lich mehr Frauen als Männer von der Proble- matik betroffen; es zeigt sich jeJud1 auch bei Männern eine steigende Tendenz. Bei Kindern nimmt besonders die Adipositas (Fettsucht) zu. Essstörungen treten hauptsächlich in Kulturen und Gesellschaften auf, in denen Nahrung im Überfluss vorhanden ist - nicht während Hun- gerszeiten, während des Krieges oder in Dritte- Welt-Ländern. Denn wo Nahrungsmittelknapp- heit herrscht, macht es keinen Sinn, Nahrung zu verweigern. Vorrangig treten Essstörungen in westlichen Ländern auf. Eine von mehreren Ursachen könnte in den weiblichen Sozialisations-Bedin- gungen liegen: An Mädchen/Frauen werden vielfältige, zum Teil gegensätzliche Forderun- gen gestellt. Zum einen sollen diese schulisch bzw. beruflich erfolgreich, selbstbewusst und emanzipiert sein, zum anderen Rücksichtnah- me und Fürsorglichkeit entwickeln und dem Schönheitsideal entsprechen. Essstörungen drücken zugleich Anpassung an und Wider- stand gegen unsere Gesellschaft aus. Grundformen der Ess-Störungen: Anorexia Nervosa (Magersucht) Bulimia Nervosa (Esssucht mit Erbrechen) Esssucht ohne Erbrechen - "Binge Eating Disorder" Symptome : auffallender Gewichtsverlust ohne körperli- che Ursachen, herbeigeführt durch Diäten und/oder Missbrauch von Abführmitteln, Appetitzüglern; fehlende Krankheitseinsicht, verzerrte Körperwahrnehmung, Konzentrations-Störungen, selbst definierte niedrigste Gewichtsgrenzen, erhöhte Nervosität und innere Spannungszu- stände, ungewöhnliche Kälteempfindlichkeit, Perfektionismus, der von einem tiefen Ge- fühl der Wertlosigkeit begleitet ist, sozialer Rückzug und Zwänge. Behandlungsformen von Ess-Störungen: 1. Medizinische, biochemische Behandlung: Basierend auf der Annahme, dass Ess- Störungen durch Störungen biochemischer Pro- zesse verursacht und mitbedingt werden, wird anhand einer Hormontherapie eine Verbesse- rung angestrebt. Auch eine Ernährungsbera- tung ist in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung. 2. Psychotherapeutische Behandlung kann je nach Lebenskonstellation in Form von Famili- en-, Paar-, Gruppen- und Einzeltherapie statt- finden. Vor Beginn der Therapie ist eine medi- zinische Abklärung unumgänglich. 3. Stationäre Behandlung ist auf jeder psycho- somatischen Station einer Klinik möglich. Not- wendig ist eine Aufnahme wenn: massiver Gewichtsverlust gegeben ist, Suizidalität vorliegt, Ess- und Brechanfälle völlig außer Kontrolle geraten, lebensbedrohliche Zustände (z. B. Elektrolyt- Entgleisungen) auftreten. Bezüglich der Heilungschancen gibt es nur Zahlen zur Magersucht: Hier liegen die Hei- lungschancen bei ca. 50 Prozent, eine Besse- rung tritt bei einem Drittel der Patientinnen ein, bei 20 Prozent chronifizieren sich die Verläufe. Diese geringe Heilungsrate könnte auch damit zusammenhängen, dass im Gegen- satz zu anderen Süchten ein vollständiger Ent- zug von der "Droge" Nahrungsmittel nicht möglich ist. Folgende pädagogische Grundhaltungen eignen sich zur Stärkung von Schutz- faktoren hinsichtlich Essstörungen: Freiräume schaffen, in denen nicht bewertet wird. Bemühungen und nicht die Resultate loben. (Abwertende) Vergleiche, Ausgrenzungen und Bloßstellungen vermeiden. Schwächen bei sich u. anderen akzeptieren. Vielfältige Aktivitäten außerhalb der Rollen- klischees bei Mädchen und Knaben fördern. Mädchen dabei unterstützen, aus einer even- tuellen Opferhaltung herauszufinden. Mädchen ermutigen, eigene Entscheidungen zu treffen -mit dem Risiko, andere zu ent- täuschen. Jungen Frauen weibliche Vorbilder vermit- teln, die - trotz gesellschaftlichem Druck und gesellschaftlicher Kritik - ,,ihren eige- nen Weg" gegangen sind. Verwendete Literatur: Alexandra Lagemann - Essstörun- gen. Herausgeber: Institut für Suchtprävention/pro mente OÖ, Mozartstraße 43, 4020 Linz, Jänner 2001. Auf dem Foto (v.l.n.r.): Sonja Parkas, Dr. Gabriele Rocken schaub, DSA Britta Aicher und Susanne Feichtlbauer (nicht im Bild: Mag. Elke Stöckl). Das Team vom Kinderschutz-Zentrum „Wigwam" Kinderschutz-Zentrum „Wigwam", Bera- tung/Therapien, Promenade 8 (Ecke Stöger- str.), Tel. 41919, Mo, Di, Mi, Fr 9 - 12 Uhr, Do 13 - 16 Uhr. Hauskrankenpflege, Altenbetreuung, mobile Hilfe, Haushalts- dienst, "Vita Mobile - Verein für Pflege, Be- treuung und Beratung", Hanuschstr. 1 (Ge- 26/122 bände Altenheim Tabor), Tel. 86999. Be- hinderten· und Altenbetreuung, Beratung, ,,Verein Miteinander -Mobiler Hilfsdienst", Arbeiterstr. 39 (Ennsleite), Tel. 42003. Haus- krankenpflege, mobile Therapien, Behin- derten- und Altenbetreuung, Haushaltshil- fen, Volkshilfe, Punzerstr. 39 (Münichholz), Te\. 87624. Lebensbeistand, Sterbe- und Trauerbegleitung, "Mobiles Hospiz Steyr", Stögerstr. 5, Tel. 908765 od. 0699/ 10423212, Di, Mi, Fr 9 - 12 Uhr. Notruf bei psychi- schen Krisen, Psychosozialer Notdienst OÖ, rund um die Uhr unter der Telefonnummer 0732/651015.
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