Amtsblatt der Stadt Steyr 2000/10
Gesundbleiben weräen Verantwortung für die Gesundheit übernehmen Feind oder Freund? - Die Krankheit als Übergangsritual ehr häufig finden Menschen den Weg zum Psychotherapeuten dann, wenn sie unter bestimmten Symptomen leiden, in medi- zinischer Behandlung sind oder waren und die Erkrankung von der Diagnose her als psycho- somatisch eingestuft wird. Der Leidensdruck ist meist schon enorm, die Symptome sind hartnäckig. Oftmals ist dann die Idee, dass al- les wi eder in Ordnung sei, wenn doch die Symp- lome verschwinden würden und man endlich sein gewohntes Leben wi eder aufnehmen könnte. Bei der genauen Erhebung der Leidensge- schichte ist dann häufig festzustellen, dass - in ein anderes Bild übersetzt - alles mit einem An- klopfen begann. Das heißt, die Erkrankung entwickelte sich allmählich. Dieses Anklopfen also ist anfangs so leise, dass es im Alltags- stress leicht zu überhören ist oder zwar zur Kenntnis genommen wurde, dennoch ignorier- bar war. Also wird lauter angeklopft (mit Hilfe von stär- keren Symptomen), und irgendwann kann man es nicht mehr ignorieren - was dann häufig be- deutet, dass der Leidensdruck schon sehr hoch ist. Dieser kann sich in Angststörungen, ver- bunden mit körperlichen Symptomen, in De- pressionen mit ebensolchen und z. B. Magener- krankungen usw. äußern. un, da alles medizinisch abgeklärt ist, versuche ich als Psychotherapeutin, neue Perspektiven einzuführen. Ein Blickwin- kel kann sein , die Krankheit in ihrer Funktion zu begreifen - nachdem die Erkrankung sozusa- gen eine Stopptafel eingeführt hat, was bedeu- tet, dass das Leben in seiner gewohnten Form nicht mehr weitergelebt werden kann, da viel- leicht schon ein Krankenhausaufenthalt, Kran- kenstand und eine wesentlich geringere Belast- barkeit dies unmöglich machen. Sie hat ein Verharren gebracht, das es nun möglich macht, die Lebensumstände zu reflek- tieren. Sie hat Auswirkungen auf bestehende Beziehungs- und Lebensmuster, wie zum Bei- spiel, dass man in der Situation ist, Hilfe an- nehmen zu müssen. Dies ist vielleicht sehr un- gewohnt, und auch in der Partnerschaft ändert sich zumeist Vieles - ebenso in der bisherigen Rollenverteilung, weil eben wahrscheinlich mehr Hilfeleistungen nötig sind, eine andere Art von Verständnis gefordert ist, die wiederum eine Auswirkung auf der Beziehungsebene ha- ben. Desgleichen gibt es Auswirkungen im Be- reich Beruf und Freundschaften. Man könnte fast sagen, kein Stein bleibt auf dem gewohn- ten Platz. Es ist natürlich sehr schwierig für einen Men- schen, der unter einer Erkrankung leidet, dies als etwas Gutes zu verstehen. Auf dieser Ebene ist es aber dann erst möglich, die Botschaft der Erkrankung zu entschlüsseln. Man kann ziem- lich sicher sein, dass die Symptome nicht eher verschwinden, bis eben diese Botschaft verstan- den wurde; zumeist mündet es in Veränderun- gen, die notwendig für unsere seelisch-geistige und körperliche Gesundheit sind. enn wir uns zurückerinnern, hatten wir wohl alle einmal Lebensträume und Vorstellungen und müssen vielleicht 20 Jahre später feststellen, dass Vieles ganz anders ge- kommen ist - wir aber sehr gut funktionieren und sogar aufgehört haben, uns an unsere Träume zu erinnern; geschweige denn, neue verwirklichen zu wollen oder überhaupt zuzu- lassen. n der systemischen Therapie werden Er- krankungen auch als Übergangsrituale bezeichnet. Dies erscheint mir sehr zutreffend, da das Alte in seiner Form nicht mehr möglich ist und das Neue noch nicht entwickelt wurde. Darum geht es dann auch in einer Psychothera- pie: Herauszufinden, was krankmachend war im bisherigen Leben, die Funktion der Erkran- kung zu erkennen (was sich häufig auf der Beziehungsebene findet) und wieder auf die Signale achten zu lernen. Welche Veränderun- gen nötig wären zum Heilwerden. Wenn wir uns als körperlich-seelische und gei - stige Einheit erleben und dies genauer betrach- ten, stellen wir oftmals fest, dass wir z. B. Prob- lemlösungen auf einer Ebene bearbeiten - näm- lich auf derjenigen, die uns aufgrund unserer Prägung am vertrautesten ist. Wenn wir ver- drängen, drängen wir das Unreflektierte meist in eine Ebene, auf der wir es gut lange ver- steckt halten können, weil wir diese nicht so häufig nützen. Sehr oft übernimmt der Körper die Aufgabe etwas aufzuzeigen und tut dies, je nachdem wie hellhörig wir sind, auf eine mehr oder weniger drastische Weise - auf jeden Fall im Laufe der Zeit unüberhörbar. enn man mit Menschen spricht, welche Ereignisse oder Anlässe etwas nachhal- tig in ihrem Leben verändert haben, dann sind dies häufig Erkrankungen. Zum einen, weil sie uns unsere Sterblichkeit bewusst machen ; und zum anderen, weil mit einer Erkrankung auf jeden Fall Handlungsbedarf besteht. Unter all diesen Aspekten fällt es immer weni - ger schwer, das Wohlmeinende einer Erkran- kung zu erkennen. Wenn also die Energien nicht ausschließlich dazu genützt werden , di e Symptome einfach zum Verschwinden zu brin- gen, sondern zum Erkennen und Verstehen so- wie daraus resultierenden Handeln oder Ent- wickeln neuer Möglichkeiten, dann kann sehr viel Gutes daraus entstehen - auch wenn es uns vordergründig manche Opfer abverlangt oder Veränderungen in unserem Leben. Und dann darf sich auch häufig die Krankheit verabschi e- den. In einer Therapie kann auch daran gear- beitet werden, Signale viel früher wahrzuneh- men. Soweit die Teilaspekte an ein mögliches Herange- hen an psychosomati- sche Erkrankungen - wobei mir wichtig ist, dass nichts in der Seelenlandschaft sich ver- allgemeinern lässt und so- mit wohl keine Therapie der anderen gleicht. Andrea Braunsberger <Psychotherapeutin) Schuldnerberatung in Steyr 24/328 er Verein Schuldnerberatung OÖ bietet kostenlose und vertrauliche Beratung für Personen sowie Fami lien, die Hilfe wegen ihrer finanziellen Probleme suchen. Büro: Bahnhofstraße 14, Tel. 52310. Öffnungs- zeiten: Montag - Freitag von 8 bis 12 Uhr so- wie dienstags und donnerstags auch von 14 bis 16 Uhr. steyr
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