Amtsblatt der Stadt Steyr 1999/9

500 Jahre Bürgermeisteramt in Steyr ie Landesfürsten aus dem Hause Habs- burg Friedrich III. (1400 - 1493) und sein Sohn Maximilian 1. (1493 - 1519) verlang- ten viel von „ihrer" Stadt Steyr. 1491 lieferte die Stadt vierhundert Schwerter. Vier Jahre später forderte Maximilian ein Darlehen von siebenhundert Gulden. Friedrich veranlaßte den teuren Ausbau der Stadtbefestigungen, die sich bei den späteren Ungarn- und Türkeneinfällen bewährt haben. Doch die Erfüllung der kaiserlichen Wünsche machte sich auch später bezahlt. Vor allem Maximilian, ,,der letzte Ritter", war bestrebt, das niedergehende Städtewesen zu he- ben , indem er vielen Orten bedeutende Rechte zusprach und versuchte, in unserem Bereich das ze rrüttete Eisenwesen zu ordnen. Maximili- an kam selbst in den Jahren 1472, 1505, 1512, 1514 und 1518 - knapp vor seinem Tode - in die Eisenstadt. Er holte sich von Steyr seinen Hofhistoriographen Johannes Stabius und schenkte seinem Sekretär Dr. Joseph Grünpeck die Spitalmühle, wo dieser seinen Lebensabend verbrachte. Die Bruderhausstiftung verdankte dem Kaiser ihr Entstehen. Maximilian vergab 1512 der Stadt auch das Recht, mit rotem Wachs zu siegeln. Dies war ein besonderer Vor- zug, da selbst Adelige zur Beglaubigung von Urkunden nur grünes oder gelbes Wachs ver- wenden durften. Wie der spätere Stadthistorio- graph Valentin Preuenhueber berichtet, waren Kaiser Friedrich mit seinen Kindern Maximili- an und Kunigunde schon 1472 Gäste der Stadt Steyr gewesen. as bedeutendste Privilegium, das Maxi- milian l. der Stadt Steyr verlieh, war das Recht, einen Bürgermeister wählen zu dür- fen. Bis dahin stand an der Spitze der Verwal- tung der Stadt Steyr der Stadtrichter, der früher vom Landesfürsten ernannt worden war, seit 1278 - dem Jahre des „Großen Privilegiums" - jedoch von der Bürgerschaft gewählt werden durfte. Der Bürgermeister übernahm einen Teil der bisher vom Stadtrichter innegehabten Agenden und hatte die Stadt nach außen zu vertreten. Der erste bekannte Stadtrichter Ulricus (iudex de Styria) wird 1180 genannt. Diese Richter übten die niedere Gerichtsbarkeit aus, doch konnten sie im Laufe der Jahre die hinzukom- menden Verwaltungsaufgaben kaum bewälti- gen. Steyr bekam verhältnismäßig spät das Bürgermeisterprivileg. Kleinere Städte besaßen dieses schon früher. Freistadt schon seit 1388. Die mögliche Erklärung dieses Umstandes ist sicherlich in der äußerst turbulenten Geschich- 22/306 te Steyrs zu finden. Mit der am 16. September 1499 ausgestellten Urkunde (Bild unten), die im Archiv der Stadt Steyr im Original erhalten geblieben ist, wird das Amt eines Bürgermei- sters in Steyr geschaffen. '~~ '" ,, , ' ----4\\1 (rJY(1wmnllfm~.,.,.......... _1~... 1...,, ~ - t"' ,.,_ _,.,,.,;.,Q1irn.,rld~mN•"~... t""•'"'"'' .. m,?.,,,,,;;;; " lllt! • l'1'u,·, ,i,,i,nin1m.N:11,•,n:Ma»:\ml Maximilian erlaubte unter anderen den Stey- rern, daß „Richter und Rat zu Steyr und ihre Nachkommen nun hinfüran ewige Zeit eines jeden Jahrs einen aus ihnen so dazu schicklich (geeignet) ist zu Bürgermeister fürnehmen und erwählen" können. Allen Hauptleuten, Land- marschällen, Grafen, Freiherren, Rittern und Knechten, Verwesern, Vizedomen, Pflegern, Burggrafen, Landrichtern, Bürgermeistern, Richtern, Räten, Bürgern, Gemeinden, Amt- leuten und Untertanen wurde bei „schwerer Ungnad und Strafe" aufgetragen, dieses Recht der Steyrer Bürger zu achten und zu schützen. Der Bürgermeister wurde hiemit zur obersten Verwaltungsinstanz. Das Amt des Stadtrichters engte man dadurch auf den rein judiziellen Be- reich ein. Am 22. Dezember 1499 - nach der Bestellung von Richter und Rat - wurde Kaspar Flädarn für das Jahr 1500 zum ersten Bürger- meister der Stadt Steyr gewählt. Dem Bürger- meister zur Seite standen außer dem Stadt- richter zwölf Bürger, sechs davon bildeten den ,,inneren Rat" und sechs den „äußeren Rat". Die Bürgerschaft wählte außerdem noch acht- zehn „Genannte". Der erste Bürgermeister Kas- par Flädarn stammte aus einer Steyrer Familie. Flädarns Vater Thomas wird schon 1450 als Steyrer Bürger erwähnt. Sein Onkel Wolfgang, ebenfalls ein Stadtbürger, wurde 1461 in der Stadtpfarre begraben. Kaspar war schon 1490 und 1491 Stadtrichter gewesen. Im Jahre 1494 wird er als Abgesandter der Stadt Steyr bei Kaiser Maximilian erwähnt. Kaspar Flädarn bekleidete das Amt eines Bür- germeisters der Stadt Steyr in den Jahren 1500 und 1501. Eine zweite Amtszeit war von 1505 bis 1507. Durch ihre Tätigkeit im Handel und im Bergbau waren die Flädarn nicht unbegü- tert. Kaspars Bruder Wolfgang war Steyrer Bürger seit 1500 und starb hier 1518. Die Amtszeiten Flädarns waren von den Nachwir- kungen der Unruhen der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts geprägt, so vom Bruderstreit zwischen Kaiser Friedrich III. und Herzog Al- brecht, den Feldzügen der Böhmen und Un- garn, der Verpfändung Steyrs an Georg von Stein. Viele Bürger waren daher ausgewandert. Die Hiergebliebenen waren nicht in der Lage, den Eisenhandel ordnungsgemäß fortzusetzen. Auch die Eisenerzeuger, die lnnerberger Ham- merherren, kamen in Schwierigkeiten, da ih- nen das Roheisen liegen blieb. Bürgermeister Flädarn und sein Rat schlossen den Streit mit Waidhofen an der Ybbs ab, der wegen des Ei- sens und seines Handels entstanden war. Der Landesfürst entschied zugunsten „seiner" Stadt Steyr. Waidhofen lag unter Einfluß des Bistums Freising, dagegen Steyr eine unbestritten lan- desfürstlich priviligierte Kommune. Die Waid- hofener mußten alles Eisen, das sie nicht für sich oder den Bedarf einer Zone von drei Mei- len rund um den Ort brauchten, auf der Enns nach Steyr führen. Auch venezianische Waren, die über den eigenen Bedarf hinausgingen , mußten während dreier Tage den Steyrern an- geboten werden. ie Rats- und Bürgermeisterwahlen fan- den durchwegs Ende Dezember statt. Die Wahlen wurden mit einem Gottesdienst in der Stadtpfarrkirche eingeleitet, zu dem sich die Bürgerschaft einfinden mußte. Ab 1677 wurde bei Wahlgottesdiensten die Predigt weg- gelassen. Den Wahlakt schloß ein Festessen, die „Wahlmahlzeit" ab. Sie wurde in einem Gasthaus durchgeführt, dessen Besitzer ein Mitglied des Rates war. Die Gemeinderäte hat- ten über die Menüfolge zu entscheiden und die Gäste - wie Wahlkommissare der Landesregie- rung, den Bürgermeister, den Stadtrichter, die Prälaten von Gleink und Garsten, den Stadt- pfarrer usw. - einzuladen. Die jüngsten Ge- meinderäte waren für das Service zuständig. Die Mitglierlrr rlr.r Wahlkommission, meist der Landeshauptmann, der Vizedom und der Land- schreiber erhielten von der Stadt Ehrenge- schenke. Diese wurden meist in Geld gegeben. Im Jahre 1690 erhielten der Landeshauptmann einhundert, der Vizedom sechzig, der Land- schreiber vierzig, der Sekretär zwölf und ein Kammerdiener sechs Taler. Der Türhüter, der Vizedom-Amtschreiber und der Sekretär des Landschreibers bekamen je drei, die Bedienten je einen Taler. Die gesamten Wahlunkosten be- lasteten das städtische Budget ungemein. Die Wahl des Bürgermeisters wurde nach der Richterwahl von den Ratsmitgliedern und dem

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2