Amtsblatt der Stadt Steyr 1998/5

.. Verantwortung für die Gesundheit übernehmen Physiotherapie - Trend oder Notwendigkeit? Was ist Physiotherapie? Das Ziel einer phys iotherapeutischen Behand- lung ist es, körperliche Funktionsstörungen und Krankheiten zu verhindern bzw. zu behan- deln, um für den Betroffenen eine größtmögli- che individuelle Bewegungs- und Schmerzfrei- heit zu erreichen. Das Einsatzgebiet der Physio- therapie richtet sich daher vor allem auf jene Teile des menschlichen Organismus, die im di- rekten Zusammenhang mit Bewegung stehen, wie Muskulatur, Gelenke, Nervensystem, Herz- kreislaufsystem und Atmungstrakt. Es ist be- kannt, daß eine gesunde körperliche Entwick- lung und in weiterer Folge der persönliche Ge- sundheitszustand von einerseits körperlichem und seelischem Wohlbefinden, andererseits von Umwelteinflüssen und den Lebensumstän- den geprägt ist. Aus diesem Grund werden bei den gängigen physiotherapeutischen Behand- lungsmethoden die Zusammenhänge zwischen Körperfunktionen und Sinneswahrnehmungen, zwischen mentaler Einstellung und den nähe- ren Lebensumständen berücksichtigt. Wie arbeiten Physiotherapeu - ten? Die Arbeit erfolgt eigenverantwortlich und un- mittelbar auf ärztliche Zuweisung. Die Effizienz der physiotherapeutischen Arbeit, sowohl in der Prophylaxe als auch bei der Behand lung, hängt stark von der Kooperationsbereitschaft der Patienten ab. Das Bewußtsein über das ei- gene Problem sowie die Bereitschaft zur Eigen- verantwortung ist notwendig, um mit Hilfe der Physiotherapeuten seinen individuellen Ge- sundheitszustand wieder herzustellen, zu erhal- ten oder zu verbessern. Prophylaxe und Behandlung sind die zwei wichtigsten Elemente der physiotherapeuti- schen Arbeit. Das Wissen über Krankheiten und deren Relation zur Gesundheit spielt die entscheidende Rolle bei der Auswahl der phy- siotherapeutischen Behandlungsmethode. Kommt z.B. ein Patient mit Schmerzen zum Physiotherapeuten, so versucht dieser nicht nur den Schmerz zu lindern bzw. zu behandeln, sondern informiert den Patienten auch über die En tstehungsmöglichkeiten seines Schmerzes und wie er in Zukunft den Schmerz verhindern kann. So gesehen, kann man Behandlung und Prophylaxe als die zwei Seiten ein und dersel- ben Münze betrachten. Physiotherapeutische Arbeit in der Prophylaxe Physiotherapeutische Arbeit in der Prophylaxe richtet sich direkt an gesunde Menschen oder an Menschen, die durch den Altersprozeß schwach und gebrechlich werden. Es geht dabei in erster Linie darum, Gesundheit zu erhalten, und in zweiter Linie, sie zu verbessern oder zu- mindest eine Verschlechterung zu verhindern. Prophylaxe wird meist als Gruppentherapie durchgeführt und kann u. a. in Sportstudios, Schulklassen oder am Arbeitsplatz stattfinden. Behandlung durch Physiothera- pie Das Einsatzgebiet der physiotherapeutischen Behandlung (egal, ob ambulant, stationär oder in Form von Hausbesuchen durchgeführt) er- streckt sich von akuten Krankheiten oder Ver- letzungen über chronische Beschwerden bis hin zu angeborenen oder erworbenen Behinderun- gen. Die Notwendigkeit der Physiotherapie be- trifft somit alle medizinischen Fachrichtungen. Die Arbeit am Patienten Da der Physiotherapeut über einen längeren Zeitabschnitt und über mehrere Sitzungen hin- weg mit dem Patienten arbeitet, entwickelt sich ein Vertrauensverhältnis zwischen den beiden. Diese persönliche Interaktion ist wichtig, um das gemeinsame Ziel - nämlich die Beschwer- den des Betroffenen zu heilen oder zu lindern - auf effizientestem Weg erreichen zu können. Die Behandlung erfolgt in Form von speziellen physiotherapeutischen Techniken, aber auch durch Zusatztherapien, wie Elektrotherapie, Thermotherapie, Hydrotherapie, Ultraschall oder Laser. Befunderhebung Die physiotherapeutische Befunderhebung ist die Grundlage der Arbeit von Physiotherapeu- ten, wobei die Vorgangsweise individuell ange- paßt wird. In Form eines Erstgespräches infor- miert sich der Physiotherapeut über das sozia- le Umfeld des Patienten, über die Vorgeschich- te bzw. den Verlauf seiner Krankheit oder Ver- letzung, und wie der Patient selbst seine Pro- bleme sieht. Weiters beurteilt der Physiotherapeut z.B. Fehl- stellungen, schmerzhafte Ausweichbewegungen oder Bewegungsabläufe, tastet Muskelspannun- gen, testet Schmerzen und Bewegungen auf Quantität und Q!ialität. Bei Bedarf werden auch andere Untersuchungen durchgeführt, wie das Messen von Blutdruck und Atemfrequenz oder die Mobilitätsprüfung des Nervensystems. Weilers werden auch Körperschema, Orientie- rung, Koordination, Reflexe, Gleichgewicht und sensomotorischer Entwicklungsstand beur- tei lt. Die physiotherapeutische Befunderhebung führt zum Erkennen des funktionellen Pro- blems, und zusammen mit der ärztlichen Dia- gnose ergibt sich daraus die physiotherapeuti- sche Diagnose. Therapieziele Mit Hilfe der physiotherapeutischen Diagnose werden die Therapieziele (Fern- und Nahziel) formuliert und in weiterer Folge die Therapie gep lant. Es unterliegt der Entscheidung des Physiotherapeuten, die geeigneten Maßnahmen - aktive oder passive Konzepte, mit oder ohne Zusatzbehandlung und Hilfsmittel - auszuwäh- len und durchzuführen. Um möglichst effizient und rasch das Therapieziel zu erreichen, wer- den Zwischenbefunde erhoben und der Be- handlungsvorgang gegebenenfalls darauf abge- stimmt. Eine schriftliche Dokumentation ist selbstverständlich und erforderlich. Zusammengefaßt kann man festhalten, daß die Physiotherapie für viele Patienten eine äußerst zielführende Behandlungsmethode bedeutet, die in den letzten Jahren immer häufiger ange- wandt wird. Oft können drohende Operationen vermieden werden, und durch den sparsamen Einsatz von Hilfsmit- teln sowie das Aus- kommen ohne jegli- che Medikamente stellt die Physiothera- pie heute eine nicht mehr wegzudenkende und kostensparen- de Größe im Gesundheits- wesen dar. Karl Landa (Diplomierter Physiotherapeut> ...ein starkes Stück Stadt 25/145

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