Amtsblatt der Stadt Steyr 1998/4

Vizebürgermeister Dr. Leopold ]3/eil (F) ist im Steyrer Stadtsenatfür den Verkehr, die Bezirksverwaltung sowiefür das Markt- und Veterinärwesen zuständig. Imfolgen- den Beitrag berichtet er über die Problematik von GSM-Sendeanlagen: mmer mehr Steyrer Bürgerinnen und Bürger wenden sich besorgt an mich, weil in ihrer unmittelbaren Umgebung GSM- Sendeanlagen errichtet werden, sie aber keiner- lei Möglichkeit haben, ihre Bedenken gegen mögliche gesundheitliche Beeinträchtigungen durch diese Anlagen geltend zu machen. Es sind dies keine „Zukunftsbremser", sondern primär um ihre Gesundheit besorgte Bürger. In erster Linie werden Schlafstörungen und Be- einträchtigung des Wohlseins angeführt. Derzeit teilen sich drei Anbieter den GSM- Markt. Zwei weitere sollen um Lizenzen ange- sucht haben. Es gibt zwischen den einzelnen keine Kooperationen, sondern jeder Anbieter will Österreich mit einem eigenen Sendesta- tionennetz versorgen. Was dies alleine auf das Landschaftsbild für Auswirkungen hat, soll hier gar nicht näher betrachtet werden. Dr Vizebürge~eister ~ Levuvld 1cl1 - Welche rechtlichen Fragen sind bei der Er- richtung und Genehmigung von GSM-Sen- deanlagen zu beachten: Telekommunikationsgesetz: Das österreichische Fernmeldegesetz ist ein Bundesgesetz. Im § 8 spricht man von einer „Duldungspflicht" für die Errichtung von Kommunikationslinien für private Grund- stückseigentümer....... wenn die widmungs- gemäße Verwendung des Grundstückes durch die Nutzung nicht oder nur unwesentlich dauernd eingeschränkt wird ..... Es entscheidet somit der Betreiber von Mobilnetzen, was eine Gesundheit: Derzeit gibt es keine aus- reichenden Daten, um die gesundheitliche Un- bedenklichkeit, wie es noch vor kurzem in ei- ner Studie des Bundesministeriums für Gesund- heit und Konsumentenschutz (!) propagiert worden ist, zu gewährleisten (Mag. Dr. Knas- müller). Einschlägig forschende Wissenschafter der Universität Wien haben auf Grund von Forschungsversäumnissen Bedenken gegen den großzügigen Einsatz der GSM-Technologie angemeldet. Man dürfe angesichts der wenigen wissenschaftlichen Daten davon ausgehen, daß strahlungsassoziiert verschiedene unerwünsch- te Wirkungen eher wahrscheinlich sind. Stellen GSM-Sendeanlagen - Risiko für die menschliche Gesundheit? Alleine in Steyr haben sich vier Bürgerinitiati- ven - bestärkt mit 3660 unterstützenden Unter- schriften -gebildet, die gegen den Wildwuchs von GSM-Sendeanlagen ankämpfen: Steyr-Süd (Jägerberg), Tabor, Christkindl und Bereich Vorwärts-Platz. Der Steyrer Gemeinderat hat bereits am 4. Juli 1996 eine richtungsweisende Resolution ein- stimmig verabschiedet: GSM-Sendeanlagen sollen nur außerhalb des Wohngebietes bzw. an Standorten in einer Entfernung von mind. 300 m zu bewohnten Gebäuden errichtet werden. Ist aber diese Resolution mit Leben erfüllt worden? Nein. Nach dem ÖGNU (Umweltdachverband)-För- derungsprogramm sollen sogar 500 mund ein sogenannter Vorsorgegrenzwert eingehalten werden, denn lt. Prof. Dr. Kundi (Univ. Wien) ist kein Abstand seriös zu argumentieren; wir wissen einfach nicht wie nah oder weit weg die Sender sein können, weil die Auswirkungen nicht erforscht sind. Österreichweit sind es bereits über 80 Bürgerinitiativen, die sich in einer Plattform mit der ÖGNU, den Umwelt- beratungen Österreichs und dem Ökoforum zusammengeschlossen haben. 10/98 Beeinträchtigung und eine mögliche gesund- heitliche Gefährdung darstellt. Gewerbeordnung: Drei Privatunter- nehmen sind explizit aus der Gewerbeordnung ausgenommen (!). Dies verhindert unter ande- rem, daß für die Beurteilung der gesundheitli- chen Relevanz von Mobilfunkbasisstationen die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten (wie z.B.: Topographie, bereits bestehende Strah- lungseinflüsse etc.) im Genehmigungsverfahren Berücksichtigung finden. Haftungsfragen: Es ist Privatfirmen ermöglicht, ein Produkt großflächig einzuset- zen, ohne dafür auch haften zu müssen. Dies erscheint umso bedenklicher, als eine Technik eingesetzt wird, von der namhafte Versiche- rungsgesellschaften nach wissenschaftlicher Begutachtung sich außerstande sehen, ein damit verbundenes gesundheitliches Risiko zu versichern. Umweltverträglichkeit, Land- schafts- und Denkmalschutz: Obwohl es sich österreichweit um ein Großpro- jekt handelt (geplanter Ausbau: 16.000 An- lagen bis zum Jahr 2000), fand keine Umwelt- verträglichkeitsprüfung statt. Sie sich vor, solche Regelungen würden für Arzneimittel gelten: Zuerst verkaufen und dann nachsehen, ob vielleicht Schäden auftreten! (Univ.Prof. Dr. Kundi). Auch woanders wird die Gesundheitsfrage heiß diskutiert: An einer Veranstaltung der TU Essen wurde erst jüngst (3/98) auf folgende Problembereiche hingewie- sen: Beim Einfluß ... ,,Elektrosmog" han- delt es sich um ein reales Risiko. Es liegen genügend wissenschaftlich durchgeführte Untersuchungen vor, die ein Gesundheitsrisiko aufzeigen. Die internationalen Grenzwert- empfehlungen ... spiegeln nicht den aktuellen Wissensstand wider, sondern den Sachstand vor ca. 10 Jahren ... - Vorsorge- aspekte fehlen vollends. Und derzeit wird ganz Österreich 3fach (!) mit einem flächendeckenden Versorgungsnetz von GSM-Sendeanlagen bestückt. Dies alles ohne wissenschaftliche Grundlagenforschung. Daher ist es ein Gebot der Stunde, daß WHO, die EU aber auch die Österreichischen Forschungsin- stitute diese Forschungslücke schließen. Was kann man aber bis zum Vorliegen von seriösen steyr

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