Amtsblatt der Stadt Steyr 1997/2
Zeitungsfoto nach 1945: Fred Roßma nn als Tass ilo in "Mariza" , Emmy Samek als Eboli in "Don Carlos". Das Künstlerehe paar Emmy Samek · Pred Roßmann im Sommer 1996 auf Besuch in Steyr. in eingefärbten Tiill verhiillt. Man litt ja da- mals noch nicht - wie heute - an Blößenwahn, sondern meinte "wer sich anzieht, zieht an!" Letzte Gala im neuen Theater Steyr-Ost: am 25. August 45: Ein Mus ical, selbst geschustert vom Duo Treuberg-Ender. Titel : "Ankun ft in Steyr 18 Uhr". Und wie sonderbar: in Wirklichkeit fand (wie in einem schlechten Krimi) das Ge- gen teil statt: Morgen Abzug der Russen ab 5 Uhr! Es war unwahrscheinlich, aber erfreuli- cherweise Tatsache: Steyr war frei, allerdings nur bis Ramingdorf. Mitternachts torkelte ich, leicht beschickert, nach Hause. Da schreit mir doch ein Pflicht bewußter Iwan sein gefürchte- tes "Schtoii i!" entgegen. Und ich briill ihm ge- nauso laut das Goetz-Zitat entgegen. Drauf watschelt der kleine obeinige Ruski auf mich zu, nimmt stramme Haltung an und macht vor- schriftsmäßig Meldung - er hatte mich für ei- nen der vielen russ. Zivilingenieure gehalten; ich dachte schon, er wolle seine Puschka noch Amtsblatt der Stadt Steyr einmal gebrauchen . Goetheworte zum Ab- schied unserer Befreier. Ihren 200. Geburtstag feiern in diesem Jahr die wel tbedeutenden Bretter des Alten Theaters, wenn auch zwischendurch prächtig zum Milleniumder Stadt restauriert. In einer Chro- nik lesen wir: "Da ein anständiger Belusti- gungsort das Vergnügen des Publikums und dessen Gliickseligkeit befördert, so wird auch von seilen des Staates das Augenmerk darauf gerichtet ... usw. Ich persönlich aber richtete mein Augenmerk auf die Zimmernachbarin in unserer neuen schönen Unterkunft, dem Miinichholzer An- gestelltenheim. Emmy Samek gehörte seit ihrer bemerkenswerten Leistung als "Frau Alvin" in lbsens "Gespenster" sozusagen zur ersten Gar- nitur des Ensembles . Ergo war der Herr Nach- bar etwas zaghaft, als er sie um ein Nähzeug bat. Sie sah mich groß an und sagte: "Geben sie her!" Ich reichte ihr meine durchlöcherten Handschuhe. So fing es ganz privatim an. Nachbarin wurde Mitbewohnerin ... Im Theater, dem jetzigen "Alten" waren wir schon ein komplettes Ensemble, das sein neues P.T. Publikum am 15.9.45 mit dem unverwüstli- chen "Dreimäderlhaus" begrüßte. Jeden Tag ausverkauft. Dann das große Klassikerereignis, Schillers "Braut von Messina" (in z.T. einge- färbten Bettlaken als Toga). Die Ränge waren mit vie lJugend besetzt. "Die Samek glänzte sprachlich und darstellerisch ." (Presse) Wir brachten es in dieser Spielzeit im West- Theater bis zum 15. Juli 1946 auf die stattliche Anzahl von 39 Vorstellungen . Mit Shake- speares "Caesar" wurde sie erfolgreich been- det: Siebenmal "Caesar". Siebenmal rammte ich mir als Cassius das Pappschwert in meine Heldenbrust. Beim letzten Mal jubelte es in mir: Ferien!! Morgen friih gehn wir gleich nach Sand und brocken Schwammerl! Vorher hätt' s beinah einen kleinen Krach gegeben: Ich war in meiner "Kiinstlerehre" gekränkt, als mir Treuberg eine Rolle in die Hand driickte: "Der schöne Siegesmund im Weißen Rössl" , den Siegesmund? Ich glaubte, er macht einen Witz! Nach "Baron Schober", dieser romantisch-tra- gischen Figur, jetzt den albernen sächsischen Blödian? Ich lernte aus Trotz nicht eine Silbe und kam mit dememtsprechender Miene auf die Stellprobe, sprach einige sächsische Brok- ken - und alle bogen sich vor Lachen - ich war verwundert. Wie man sich doch irren kann. Ich dachte, ich sei ein "seriöser Typ"! Aber mir wäre nie eingefallen mit dieser albernen Rolle das Steyrer Publikum, jung und alt, erobern zu können! Jetzt freu ich mich sogar darüber, aber damals wa r ich beinah beleidigt, als Emmy auf mich zukam: Du bist ja doch ein Komiker. Wir spiel- ten iibrigens diese tolle Komödie an die 30 Mal in vielen Häusern Oberösterreichs. Ja, wir wa- ren ein Theater mit sogenanntem ,,kulinari- schen Spielplan." Die Leute gingen fröhlich nach Hause. Heute ist das verpönt. Heute, wo es nur so wimmelt von „Stars, Möchtegern- Schauspie!ern, Darstellerlegenden", bin ich di- rekt stolz und froh darüber, daß es mir gelingt, Menschen zum Lachen zu bringen - aber bitte ohne Grimassenschneiderei oder blöde Witze (je mehr Zoten, je mehr Quoten) .... In den 25 der 50 Vorstellungen der Spielzeit 1946-47 hatten wir große, bedeutende Rollen: ich war besetzt als Ferry-Baszi in „Csardasfürstin", Emmy als Rhodope in dem Hebbel-Klassiker „Gyges und sein Ring" und andere interessante Aufgaben. Fortsetzung nächste Seite 23/51
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