Amtsblatt der Stadt Steyr 1997/1
„Kunsthalle.tmpu in den ehemaligen Reithofferwerken Im Sommer des vergangenenJahres haben Johannes Angerbauer, Walter Ebenhofer und ReinholdRebhandl den Verein „Roh- stoff- eine Kunstinitiative"gegründet. ,,Rohstoff' versteht sich als interaktive Dreh- scheibe. Einerseits situiert im internationa- len Kunstdiskurs, andererseits bedacht auf regionale Eifordernisse, versucht der Verein eine Rückkopplung der Energien. Imfolgen- den beschreibt ReinholdRebhandl als Ob- mann die Ideen und Ziele des Vereins: Das zentrale Projekt des Vereins wird vorerst für die nächsten zwei Jahre der Betrieb der Kunsthalle.trnp in den ehemaligen Reithoffer- werken (im Bild rechts) sein. Unser Dank gilt der Stadt Steyr, die uns für diesen Zweck ein Geschoß in dieser Halle im Ausmaß von zirka 1.200 mZ für zwei Jahre prekaristisch zur Ver- fügung stellt. Themen, die für die Entwicklung und die kulturelle Identitätsfindung der Region von entscheidender Bedeutung sind, werden in einem erweiterten Zusammenhang behandelt und somit internationalisiert. Künstler, die na- tional oder international für Steyr interessante Arbeiten entwickelt haben, werden zur Präsen- tation ihrer Arbeiten bzw. zur Entwicklung neuer Konzepte nach Steyr in die Kunsthalle.tmp eingeladen. Zudem wird für die Künstler auch die starke Wirkung der Raumsi- tuation eine große Herausforderung darstellen . Der Verein hält sich auch die Möglichkeit of- fen , andere Räume und Orte für temporäre Kunstaktionen und -präsentationen zu nutzen. Die Grundstruktur für das Programm der näch- sten zwei Jahre bilden demnach für Steyr erar- beitete bzw. für die Stadt bedeutende Projekte, 8 1111 für deren Realisierung einzelne oder mehrere Künstler, zum Teil auch Mitglieder des Vereins, eingeladen werden. Zu den Präsentationen wird der Verein spezielle, auf den jeweiligen Kontext gerichtete, pädagogische Vermittlungs- programme erarbeiten. Das erste Projekt, quasi die Eröffnungsausstellung der Kunsthalle.tmp Steyr, mit dem Titel „Die Treffsicherheit seit Werndl" startet Ende April 1997. Das Konzept zu dieser Ausstellung möchte ich im fo lgenden kurz vorstellen . Es fußt auf der Treffsicherheit des seinerzeiti- gen Paradeindustriellen der Eisenstadt Steyr. Seine Konzeption von Arbeit und der stetige Ausbau der industriellen Produktion, speziell im Schußwaffenbereich, sicherte den Wohl- stand der Stadt, wenn man so will, bis in die heutige Zeit. Die erfolgreichen Versuche auf dem Gebiet der elektrischen Beleuchtung der Stadt sowie die Vision einer menschengerech- ten Behausung auch für die arbeitende Bevöl- Imzweiten Obergeschoß des ehem. Reithoffer-Gebäudes (J.200 mZ) wird das Projekt „Kunsthalle.tmp" realisiert. Amtsblatt der Stadt Steyr kerung zeigen, auch abseits von treffsicheren Tötungsmaschinen, ein geschultes Auge sowohl für die sozialen Erfordernisse einer Gesell- schaft als auch für die Möglichkeiten einer fort- schreitenden Modernisierung und Industriali- sierung. Vom Wunsch, Bewegung, Geschwindigkeit, die moderne Zeit und ihre Möglichkeiten zu reflek- tieren, wurde am Beginn unseres Jahrhunderts auch die moderne Kunst erfaßt. Die Versuche von Eadweard Muybridge und Etienne-Jules Marey, Bewegung fotographisch zu gliedern und somit Abläufe sichtbar zu machen, das Streben der Fnturisten, mit Geschwindigkeit und Lärm die Zerstörung bestehender hem- mender Ordnungen einzuleiten, sind ebenso künstlerische Äußerungen zur „modernen Zeit" wie die in scheinbarer Sinnlosigkeit vorge- brachten, sehr treffsicheren Darbietungen der Dadaisten, die jene Gesellschaftsträger entlarv- ten, die dem Krieg eine sinnvolle Dimension zubilligten, und die in drastischen Bildern vor- geführten, zerstörerischen Auswirkungen fehl - gerichteter Kräfte von Errungenschaften der modernen Zeit. Die Präzision einer künstlerischen Aussage, eingebunden in den aktuellen künstlerischen und gesellschaftlich en Diskurs oder auch in die oben skizzierten historischen Zusammenhänge, liegt im Blickfeld, wenn schon nicht im Zen- trum der geplanten Ausstellung. 10 bis 15 Kunstwerke, installiert in die Mecha- nik einer Schießanlage ohne Schußwaffe, for - dern vom Betrachter einen scharfen Blick, ge- spannte Aufmerksamkeit und bei näherer Be- trachtung ein gewisses Maß an Aktivität. Die künstlerischen Zugänge und Aussagen im hier nur kurz angedeuteten Kontext sind selbstver- ständlich von den Künstlerinnen frei zu wäh- len, es ist keine wie immer geartete direkte An- bindung an den Titel der Ausstellung gefordert. Demnach sind die Künstlerinnen, die ihre Ar- beiten im genannten Zusammenhang zeigen bzw. installieren werden, aufgefordert, ihre Sicht Fortsetzung auf Seite 18 17
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