Amtsblatt der Stadt Steyr 1996/10

Frauen gestalten ihre Zukunft ie Frauenstiftung Steyr feierte am 30. September mit einem Tag der offenen Tür den 5. Gelmrlslag und außerdem die Über- siedlung in neu adaptierte, größere Räume an der Wagnerstraße in Münichholz. Aus der Projektidee von einigen engagierten Frauen aus Gewerkschaft, Politik und AMS entstand 1991 die Frauenstiftung als Paket- lösung. Geboten wird breite Information und Beratung im Themenfeld „Frau und Arbeit" seit 1992, Kurse zur beruflichen Neuorientierung, individuelle Bildungsplanung und -begleitung seit 1993, Hi lfe bei Arbeitssuche durch Bewer- bungsgruppen (Replacement) bis hin zur Un- terstützung bei Unternehmensgründung von Frauen seit 1995. Angesprochen sind beson- ders Frauen aus der Stadt Steyr und Umge- bung. Mit dem Beratungsangebot erreicht die Stiftung jährlich 300 Frauen und 100 Frauen, die mit einem Berufsorientierungskurs und an- schließender Weiterbildungsplanung in die Stif- tung eintreten. In der Region Steyr wurden vor allem in der Metall- und Elektroindustrie massiv Arbeits- plätze abgebaut, darunter auch viele Frauen- arbeitsplätze. Die Frauenarbeitslosenquote stieg auf 9-10% an und bleibt seit ca. 5Jahren nahezu unverändert, während die Männer- arbeitslosigke it eher sinkt (z.Zt. 5, 1 %). Das Ausbildungsniveau der arbeitslos gemelde- ten Frauen entspricht mit einem Anteil an Pflichtschulabsolventinnen von 56% und dem von (veralteten) Lehrabschlüssen von 25% überhaupt nicht mehr den Anforderungen des modernen, neu entstehenden Arbeitsmarktes. Eine ~alifikationsoffensive für Frauen war und ist also gefragt, die weit über die Durch- führung einzelner Kurse hinausgehen muß und die Anpassung der Frauen an den industriellen Wandel ermöglicht. Amtsblatt der Stadt Steyr Die öffentlich finanzierte Frauenstiftung er- reicht die Frauen zu 60% über die Arbeits- markt-Service-Empfehlung und 40% über „Mundpropaganda". 70% der Teilnehmerinnen entscheiden sich nach der Berufsorientierung für eine Umschulung oder Weiterbildung. Die angestrebten Lehrabschlüsse wurden zu 99% auch erreicht, oft mit sehr guten Ergebnissen. Von den ausgeschiedenen Tei lnehmerinnen der Frauenstiftung haben ca. 60% einen Arbeits- platz gefunden und damit angesichts der zu- nächst ungünstigen Prognose einen Erfolg er- zielt. Andere sind zum Teil aus gesundheitli- chen oder familiären Gründen (vorerst) ausge- schieden oder konnten keinen passenden Ar- beitsplatz finden. In einigen Fällen wurden gemeinsam mit Be- trieben aus der Region komplette Lehrgänge entwickelt. Sie führten zum Beruf der Tischle- rin 1993, Behindertenbetreuerin 1994 oder der Telematik-Anwenderin 1996. Der Aufwand da- für ist zwar enorm, aber in Fällen von besonde- rem Arbeitkräftebedarf auch in Zukunft reali- sierbar. Ein großer Wunsch sind Lehrabschluß-Lehr- gänge in jenen Berufen, deren Berufsschulen weit entfernt und damit unerreichbar für Frau- en mit Betreuungspflichten sind. Für zukunftsorientierte Berufe möchte die Frauenstiftung verstärkt europäisches Know- how nach Steyr holen und entsprechende Förderungsprogramme nützen. 1996 begann dazu das Projekt AURORA - Beschäftigungs- chancen für Frauen auf dem Land, das Frauen im Enns- und Steyrtal beim Aufbau von Klein- unternehmen unterstützt. Weitere Pläne gibt es für Telearbeit, Tourismus und Existenz- gründung. Initiativ und engagiert: Doris Hagspiel, Geschäftsführerin der Frauenstiftung Steyr Anna Jeloucan, Vorsitzende der Frauenstiftung, dankt der Ministerin für ihre geradezu kämpferische Rede. Existenzgründung Bürgermeister Hermann Leithenmayr würdigte die vorbildlichen Initiativen der Frauenstiftung, die mit einem engagierten Beratungs- und Ausbildungprogramm sich den Herausforde- rungen neuer Berufsorientierung stelle und er- innerte, daß sich hier auch die Stadt Steyr mit der Bereitstellung der Räumlichkeiten und fi- nanzieller Förderung initiativ an der Entwick- lung dieser zukunftsorientiert geführten Frauen- stiftung beteilige. Dr. Roman Obrovski, Geschäftsführer des Ar- beitsmarkt-Service OÖ, sieht das Steyrer Pro- jekt als schönes Beispiel einer engagierten Gruppe, die das Problem Arbeitslosigkeit durch neue Strategien aktiv angehe und damit auch erfolgreich sei. Familienministerin Helga Konrad, die das neue Domizil der Frauenstiftung offiziell eröffnete, sprach über die Änderung der Nachtarbeit, Fle- xibilisierung der Arbeitszeit und Teilzeitarbeit sowie über die Notwendigkeit einer Beschäfti- gungsoffensive für Frauen im gesamten Bereich der Europäischen Union. „Die Arbeit von Frauen, die Arbeit mit Frauen und für sie muß endlich den ideellen und wirt- schaftlichen Stellenwert bekommen, den sie im Gesamtvolumen der weltweit verrichteten Ar- beit hat", sagte die Ministerin, ,,das ist eines meiner wichtigsten Ziele... Es sind nämlich die Frauen, die am meisten arbeiten". 13/293

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