Amtsblatt der Stadt Steyr 1996/8

or sechsJahren pflanzten Mitglieder der Natuifreunde Steyr und örtlicher Vereine aufder neu geschütteten Reichert- insel, die im Stauraum Staninggegenüber von Haidershofen liegt, 2000 Pflanzen, wie Weiden, Erlen, Eschen, Schilfund Rohr- glanzgras. Die Gehölze und Pflanzen im Wert von S 40. 000, - wurden von der Stadt Steyr zur Veifügung gestellt. In sechs Jahren ist nun aufdieser ursprünglich kah- len Fläche eine zauberhafte Flora und Fau- na gewachsen. Dr. JosefEisner vom Otto Koenig Institut in Staning berichtet imfol- genden Beitrag, wie sich die Insel entwickelt hat. Künstliche Inseln in Stauräumen Historisch betrachtet, stand beim Ausbau von Flüssen zu Kraftwerksketten die Energie- produktion im Vordergrund. Heute sind auch andere Funktionen von entscheidender Bedeutung. Die Anlage von künstlichen Inseln ist eine der Maßnahmen, die hilft, an alten Anlagen durch strukturverhessernde Maßnah- men Rahmenbedingungen zu schaffen, die ein Feuchtgehietsökosystem erhalten und flächen- mäßig vergrößern. Die Frage nach Zielen, Möglichkeiten und Effizienz derartiger Aufwendungen sind Inhalt eines Forschungsprojektes des Otto Koenig lnstitutes Staning, das von der Forschungs- initiative der Verbundgesellschaft angeregt wurde und finanziert wird. Di e Ziele: - Im allgemeinen ist eine Verbesserung der ökologischen Situation des jeweiligen Gewässerahschnittes zu erwarten. - In Ruhigwasserzonen können sich höhere Wassertemperaturen einstellen. - Die „glatten" Beckenformen der Rückstaue werden an den Ufern „aufgerauht". Organi- sches partikuläres Material kann sich ablagern und vermehrt in die biogenen Kreisläufe eingeschleust werden. - Die Existenzmöglichkeit von Unter- wasserpflanzen ist verbessert und liefert Lebensmöglichkeit für die darauf angewiesene Fauna. - Die neue Land- bzw. ,,amphibischen" Flächen stellen einen bedrohten und damit wichtigen Habitattyp dar und bieten in Folge Lebensraum der darauf angewiesenen Fauna. - Das Brutplatzangebot für Wasservögel und Flußufer bewohnende Vögel wird verbessert. - Laichaufkommen und die Entwicklung von Fischbruten wird verbessert. - Von der Fertigstellung der Inseln bis zu einer stabilen Vegetationsentwicklung können Sukzessionsgeschehen hinsichtlich der Pflanzengesellschaften, aber auch der brüten- den Vogelarten ablaufen, wie sie in regulierten Flüssen nur mehr stark eingeschränkt auftreten können. D ie Reichertinse l Die sogenannte „Reichertinsel" wurde am Ennsstau Staning in den Jahren 1989/90 fertiggestellt. Die ausgewählte Fläche war ein Flachwasserbereich, der bei abgesenktem Stauziel (> lm) großteils trocken fällt. In der Planung und Ausführung wurde darauf geachtet, die Schütthöhe auf einem Minimum zu halten, um Feuchtstandorte zu begünstigen. Ufer und Inseln bilden ein Becken, in dem auch bei abgesenktem Stauziel ein geschlosse- ner Wasserkörper verbleibt. Bei steigendem Wasserspiegel fließt über Furtstrecken bis auf Stauzielhöhe Wasser in den Bereich ein. Die Schwankungshöhe des Wasserspiegels beträgt im geschützten Bereich max. 50 cm. Die Wassertemperatur liegt hier durchschnittlich um 2° - 8° C höher als im Staubecken. Ebenso sind die Durchlichtungsverhältnisse günstiger. Führt der Fluß zB. nach Regenfällen vermehrt Geschiebe mit sich, so bleibt zumeist das Wasser im geschützten Bereich klar. Die Summe der Faktoren begünstigt die pflanzliche Produktivität (Wasserpflanzen, Aufwuchs- algen). Die Kleinlebewelt des Freiwassers (Zooplankton) ist in ihrer Dichte 70 mal höher als im Fluß seihst. Sie wird von den Drachen- Rädertieren dominiert (Synchaeta sp.). In Laufstauen besteht meist das Problem, daß aufgrund der kurzen Verweilzeit des Wassers das Zooplankton keinen kompletten Entwicklungszyklus durchlaufen kann. Altarmähnliche Strukturen, wie sie als Nebengewässer bei Tieflandflüssen typisch sind, kommen der Entwicklung von Zoo- plankton zugute. Pflanzengemeinschaften der Feuchtgebiete entwickeln sich Im ersten Jahr der Fertigstellung siedelten am amphibischen Ufer Arten der Schlammboden- Fluren und auf den Flächen kurzlebige Pioniergesellschaften von Ruderalarten . Im 2. und 3. Jahr wurden diese an den tieferen, feuchteren Stellen von Binsen (Flatterbinsen Juncus effusus, Blaugrüne Binse Juncus inflexus) abgelöst. In den amphibischen Bereichen kamen Schilf (Phragmites communis) und Rohrkolbenbestände (f ypha latifolia) auf. An den höher gelegenen Stellen entwickelten sich lockere Bestände ausdauern- der Ruderalfluren. Entlang der Ufer wuchs eine üppige Strauchvegetation, hauptsächlich aus Purpurweide (Salix purpurea) bestehend. Innerhalb von zwei bis drei Jahren etablierte sich somit ein Mosaik von verschiedenen Pflanzengesellschaften, Schlammbodenfluren, Röhrichte, Seggen- und Binsenbestände, Ruderalfluren und Strauchvegetation. Besonde- re Erwähnung verdient eine seltene Art der feuchten Hochstaudenfluren bzw. Röhrichte, die Meerhinse (Bolboschoenus maritimus). Sie gilt für Oberösterreich als verschollen und bevorzugt ua. die Ufer von Altwässern und Flußmulden mit wechselndem Wasserstand. Interessant ist auch das Aufkommen von Schilf, das in stauregulierten Flüssen nicht immer optimale Bedingungen findet . Neue Brutplätze fü r Vöge l ent- stehen Die Bedeutung von Jnselflächen für die Wasservogelgemeinschaft zeichnete sich schon in den hrutbiologischen Arbeiten des Instituts Staning der vergangenen Jahre ab. An den Ufern des Staubeckens begonnene Nester wurden im Laufe der Brutperiode alle aufgege- ben. Der außergewöhnlich hohe Störungsdruck durch die starken Freizeitaktivitäten ist ausschlaggebend. Erfolgreiche Bruten sind nur auf Inselflächen, die schwieriger zu erreichen sind, zu verzeichnen. Die häufigste Art ist an diesem Ennsabschnitt die Reiherente (Aythya fuligula) mit ca. 50 Bruten, gefolgt von Bläßhuhn (Fulica atra), Stockente (Anas platyrhynchos). Höckerschwan (C:ygnns olor), Teichhuhn (Gallinula chloropus) und Hauben- taucher (Podiceps cristatus). Auf den Gestaltungsflächen kam es im 3. Jahr zu Brutversuchen der Reiherente und des Bläßhuhns, die allerdings nicht erfolgreich Seltene Vögel und Pflanzen auf künstlich angelegter Insel 12/216 ste■r

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