Amtsblatt der Stadt Steyr 1996/5

Die Reithoffer- Gummiwerke am Schnittpunkt Steyr-Garsten beschäftigten bis zu 1000 Menschen. Das große Gebäude links im Bild blieb erhalten und beherbergt die Landesausstellung 1998. Landesausstellung 1998 -2:: "" -"' "" ~ e ,. 0., ____ .,_._~ im historischen Reithoffer-Gebäude bwohl noch kein politischer Konsens über das Gesamtnutzungskonzept des ehemaligen Reithoffer-Gebäudes in Steyr- Pyrach vorliegt, erfolgte mit dessen Erwerb durch die Stadt Steyr eine wesentliche Wei- chenstellung zur Vorbereitung der Landesaus- stellung 1998 "Eisenstraße", welche insgesamt 28 Projekte im Bereich Pyhrn-Eisenwurzen um- fassen wird. Steyr beteiligt sich dabei mit 2 Standorten: während das Museum Arbeitswelt die soziologischen Aspekte seit Beginn der in- dustriellen Revolution aufarbeiten wird, soll der Verein Industrieforum Steyr die technologi- sche Entwicklung in der Region Steyr ab ca. 1850 mit einem Ausblick auf die Zukunft dar- stellen. Mitglieder aller 4 Gemeinderatsfraktionen sind im Vereinsvorstand vertreten. Deshalb ist auch die Widmung des Reithoffer-Erdgeschosses von 1840 m2 Fläche und eine Mitnutzung des 1. Obergeschosses für Einrichtungen der Infra- struktur einvernehmlich beschlossen worden. An der Aufbereitung von Exponaten, Model- len, Dokumenten und Filmen wird intensiv ge- arbeitet. Die wissenschaftliche Detail- konzeption soll bis Jahresende fertig sein, sodaß die gestalterische Umsetzung 1997 erfol- gen kann. Damit der Begriff Reithoffer für die jüngere Generation wieder mit Leben erfüllt wird und die Älteren unter uns ihre Erinnerung auffri- schen können, sind einige Bemerkungen über diesen wunderschönen, 1898 errichteten Industriebau angebracht. Josef Reithoffer be- 8/120 gann 1832 mit der Gummiwarenerzeugung in Wien und der anfängliche Filialbetrieb Steyr mündet 1870 in die Errichtung eines Werkes, um - wie es in einem zeitgenössischen Bericht heißt - "auch die Sträflinge in Garsten einer passenden Dauerbeschäftigung zuzuführen". Ende der Neunzigerjahre des vorigen Jahrhun- derts wurde die Erzeugung von Fahrrad- und Fuhrwerkpneus aufgenommen, denen bald nach der Jahrhundertwende die Produktlinien gummierter Stoffe für Sanitärzwecke, wasser- dichte Kleider und Ballonhüllen, sowie Schuh- absätze folgten. Die damals weltbekannten Gummi- und Kabel- werke Josef Reithoffer' s Söhne produzierten während des 1. Weltkrieges auch Isoliermateri- al und Kabel, obwohl das Rohmaterial Kau- tschuk aus den von der Entente besetzten Kolo- nien ausblieb. Was heute unter "Recycling" im Umweltbereich hoch aktuell ist, wurde damals durch Regenerieranlagen aus Altreifen und Ga- maschen eine Notwendigkeit des wirtschaftli- chen Überlebens. In der Inflation zehrten sich die Profite der Kriegszeit auf. Aber 1928 gab es bereits wie- der 1000 Reithoffer-Beschäftigte in Steyr und 200 in Wien. Umso überraschender kam dann 1932 die Verlegung der Werke nach Trais- kirchen und Wimpassing. Im Folgejahr wurde die dauernde Schließung nach Wegräumen der Maschinen und Entlassung der letzten 46 Mit- arbeiter traurige Gewissheit. Das leerstehende Gebäude fand in der Zeit des politischen An- schlusses als Kaserne eines Regimentes eine nicht vorhergesehene Verwendung, wobei diese II FLAK 38 im Erdgeschoß ihre Pferdeställe eingerichtet hatte. Von direkten Kriegseinwir- kungen verschont, waren von 1945 bis 1947 sogenannte "DP" (dispersed persons) als Flüchtlinge untergebracht. Das "neue Leben" begann 1949 mit dem Ein- zug von gewerblichen und kleinen bis mittleren Industriebetrieben. Dabei wären vor allem zu nennen: die Firma Riha, welche mit Klein- eisenteilen begann und mit bis 650 Beschäftig- ten Fenster, Tore, Schi, Schibobs, Kinderwagen und verschiedene Zulieferteile u.a. auch für den Steyr-Puch 500 sowie für Motorräder und -roller bis 1983 produzierte. Brown-Boweri un- terhielt bis 1960 den Bau von E-Großgeräten im Reithoffer-Gelände, Doleschal stellte Herde und Rostfrei-Abwäschen her, und Musica hatte einen "klingenden Namen" in der Fertigung von Blechblasinstrumenten. Nach dem Abbruch eines Großteils der Reithoffer-Industriebauten, einschließlich des ortsbildprägenden Wasserturmes, diente das Jugendstil-Fabriksgebäude zuletzt der Steyr- Daimler-Puch AG als Lager und entging der Demolierung. Hoffen wir, daß in naher Zu- kunft dieser dominante Bau mit dem Industrie- forum als permanente Ausstellung im Zentrum städteplanerischer Überlegungen am noch zu gestaltenden Übergang von Steyr nach Garsten die ihm architektonisch zweifellos zukommen- de Würdigung erfahren wird. Klaus Randig ste■r

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