Amtsblatt der Stadt Steyr 1996/1

Gesu w n Gesundheit steht in der Werteskala der mei- sten Menschen an erster Stelle. Das höre ich impersönlichen Gespräch; das belegen ent- sprechende Umfragen. Handeln wir eigenverantwortlich jeweils so, daß wirgesund bleiben oder gesund werden? Die Verantwortlichkeitfür Gesundheit und soziale Hilfe durch die Stadt Steyr gelangt an die Grenze der müglichenfinanziellen Hilfestellung - wie im gesamten Staat Öster- reich. Die Verantwortlichkeitfür die Ge- sundheit des einzelnen ist miteinander zu teilen, auszutauschen und neu zu entwik- keln. In der Stadt Steyr will ich "Wege zur Ge- sundheit" aufteigen. Alle Mitbürger sind eingeladen, ihre Bewußtheitfür "Gesund bleiben - Gesund werden" zu entwickeln. Hinweise dazu geben zunächst die Hausärz- te der Stadt, die "rund um die Uhr"für die Gesundheitsberatung zur Veifügung stehen. (Steyr war 1972 die erste Stadt in Öster- reich, in der Hausärzte diesen ärztlichen Dienstfür die Gemeinde einführten. Steyr ist heute in Österreich die erste Stadt, in der Hausärzte miteinander undgemeinsam im Dienst der gemeindenahen Gesundheits- förderung stehen.) Aufmeine Einladung hat sich das Hausärzteforum der Stadt Steyr bereit er- klärt,jeden Monat im Amtsblatt darzustel- len, was der einzelne tun kannfür seine eige- ne Gesundheit und die Gesundheit unserer Stadtgemeinde - um gesund zu bleiben und gesund zu werden. Autoren dieser Beiträge sind zunächst Hausärzte unserer Stadt, weitersfachlich kompetente Experten der sozialen Dienste sowie Vertreter der psychologischen undpsy- chotherapeutischen Dienste. Als Sozialreferentin lade ich ein, unser Gesundheitsbewußtsein in Eigenverantwor- tung mitzuübernehmen. Ich wünsche Ihnen Gesundheit und ein lan- ges Leben, Ihre Amtsblatt der Stadt Steyr Verantwortun für die Gesundheit übernehmen Neues Bewußtsein für Gesundheit in der Stadt Steyr Gesundheit wünschen wir uns immer wieder, z. B. "... für das neue Jahr", "... zum Geburts- tag", ... sogar beim Niesen. Ein Gesundheits- vordenker sagte vor mehr als 30 Jahren: "Ge- sundheit ist kein Kapital, das man verbrauchen kann - Gesundheit ist überhaupt nur dort vor- handen, wo sie ständig neu erzeugt wird" (Vik- tor von Weizsäcker). Gesundheit wird somit von uns selbst jeden Tag neu erworben und geschaffen. Auch wenn der Arzt bei einem Menschen eine Krankheit feststellt, sind in diesem Menschen die Kräfte zum Gesundsein weiterhin vorhanden und können täglich neu gefördert werden. Zur Ent- deckung und Förderung seiner Gesundheits- kraft braucht der kranke Mensch möglicherwei- se Hilfe von der Gemeinschaft. Stellt der Arzt bei einem Menschen keine Krankheit fest, kann sich dieser Mensch trotzdem als nicht ge- sund empfinden. "Kränkung macht krank" (Ringel). Kränkun- gen geschehen in unserem Zusammenleben im- mer wieder (z. B. durch ein Mißverständnis). Wurde jemand gekränkt, so fühlt er sich erst nach einer klärenden Aussprache wieder gut. Weitere Risikofaktoren für unser Gesundsein sind z. B. ungesunde Ernährung, mangelnde Bewegung, Überlastungen, schädigende Um- welt ... In unserer Gesellschaft überwiegt derzeit noch das Denken über Krankheiten. Wir erzählen uns, welche Krankheit wir haben oder wie krank ein Bekannter oder Verwandter ist. Über Gesundsein miteinander zu sprechen, er- öffnet uns allen neue Möglichkeiten. Sprechen wir miteinander von den Kräften zum Gesundsein, die wir kennen, wie etwa Gefühle zulassen und mitteilen. Ein Beispiel: Anstatt Gewalt gegen Frauen und Kin- der nach wie vor traurige Reali - tät. Auch über Weihnachten 1995 war das Frauenhaus Steyr Zuflucht und vorübergehen- de Heimat für mißhandelte Frauen und ihre Kinder. Sie flüchteten nicht aus Kriegsgebieten, sondern vor ihrem gewalttätigen Ehemann oder Lebensgefährten, sie fürchteten um ihr Leben in der Wohnung nebenan. Seit der Eröffnung des Frauenhauses 1992 war dieses für mehr als 100 Frauen und ebensovie- le Kinder das Sprungbrett in ein gewaltfreies und eigenverantwortli ches Leben. Es bedeutete Gedruck1auf umweltfreundlirhem, chlorfrei gebleichtem Papier vom Arzt Beruhigungstabletten zu verlangen, sprechen wir uns mit einem vertrauten Men- schen aus. Wir kennen die Wirkung einer hei- lenden Aussprache, in der gegenseitiges Ver- ständnis uns einfach das Gefühl von Gutsein gibt. Die Gesundheit eines jeden ist immer auch mit seiner Situation in der Gemeinschaft verbunden. Zunächst kann jeder seine Lebens- weise auf das Gesundsein hin ausrichten. Da- für braucht er aber auch die Unterstützung sei- ner Mitmenschen. Nur gemeinsam entsteht Ge- sundheit für jeden einzelnen. Dies geschieht durch Austausch unserer Gedanken über Ge- sundheit und tatsächliche persönliche Hilfestel- lung. Gesundheitsförderung umfaßt die volle Eigen- verantwortung des einzelnen für sein Wohlbe- finden - die Gemeinschaft, d. h. die Gemeinde, muß jedoch Hilfsdienste, wie soziale Netzwer- ke, zur Verfügung stellen, die helfend eingrei- fen, wenn der einzelne persönlich überfordert ist. Für den Hilfesuchenden ist es heilsam, wenn er die Unterstützung durch die Gemein- schaft erfährt. Die Weltgesundheitsorganisati- on bezeichnet dies als gemeindegetragene Gesundheitsförderung. Bauen wir in Steyr ein umfassendes Netzwerk der Gesundheitsbetreuung auf, unter Einbin- dung aller bisher tätigen Kräfte. Wir können so die Angebote unter finanzier- baren Bedingungen noch verbessern. Fördern wir die Kräfte zum Gesundsein in unserer Stadt. Dazu brauchen wir ein neues Bewußtsein, das Abschied nimmt vom Krank-Denken. Dr. Walter Peter Pfle erl den Weg aus der Isolation und Abhängigkeit. Auch 1996 finden Frauen, die den Mut haben, sich aus Gewaltbeziehungen zu befreien, Hilfe und Unterstützung im Frauenhaus. Unterkunft in Krisensituationen, Beratung durch Sozialarbeiterinnen, Psychologische Be- ratung nach Voranmeldung kostenlos - anonym Termine für die nächsten kostenlosen Rechtsbe- ratungen: 30.1., 13.2., 27.2. (jeweils von 19-21 Uhr, im Frauenhaus). Telefonische Voranmel- dung unter der Tel. 07252/877 00 13/13

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