Amtsblatt der Stadt Steyr 1995/5

Der "Mauthausen-Schwur" D ie Welt des freien Men- schen errichten Anläßlich des Abmarsches der sowjetischen Häftlinge ( 16. 5. 1945) erließ das internatio- nale Komitee im Namen aller ehemaligen politischen Häftlinge von Mauthausen folgenden Appell: "Es öffnen sich die Tore eines der schwersten und blutigsten Lager: des Lagers Maut- hausen. Nach allen Himmelsrichtungen werden wir in freie und vom Faschismus befreite Länder zurückkehren. Die befreiten Häftlinge - denen noch gestern der Tod aus den Händen der Henker der nazistischen Bestie drohte - danken aus tiefstem Herzen den siegreichen alliierten Nationen für die Befreiung und grüßen alle Völker mit dem Rufe der wiedererlangten Freiheit. Der vieljährige Aufenthalt im Lager hat in uns das Verständnis für die Werte einer Verbrüderung der Völker vertieft. Treu diesen Idealen schwören wir, solidarisch und im gemeinsamen Einverständnis, den weiteren Kampf gegen Imperialismus und nationale Verhetzung zu führen. So, wie die Welt durch die gemeinsame Anstrengung aller Völker von der Bedrohung durch die hitlerische Übermacht befreit wurde, so müssen wir diese erkämpfte Freiheit als das gemeinsame Gut aller Völker betrachten. Der Friede und die Freiheit sind die Garantien des Glückes der Völker, und der Aufbau der Welt auf neuen Grundlagen sozialer und nationaler Gerechtigkeit ist der einzige Weg zur friedlichen Zusammenarbeit der Staaten und Völker. Wir wollen nach erlangter eigener Freiheit und nach Erkämpfung der Freiheit unserer Nationen: die internationale Solidarität des Lagers in unserem Gedächtnis bewahren und daraus die Lehren ziehen: Wir werden einen gemeinsamen Weg beschreiten, den Weg der unteilbaren Freiheit aller Völker, den Weg der gegenseiti- gen Achtung, den Weg der Zusammenarbeit am großen Werk des Aufbaues einer neuen, für alle gerechten, freien Welt. Wir werden immer gedenken, mit welch großen blutigen Opfern aller Nationen diese neue Welt erkämpft wurde. Tm Grdrnhn an das vrrgossrnr Rlnt allrr Völker, im Gedenken an die Millionen, durch den Nazifaschismus gemordeten Brüder geloben wir, daß wir diesen Weg nie verlassen werden. Auf den sicheren Grundlagen internationaler Gemeinschaft wollen wir das schönste Denkmal, das wir den gefallenen Soldaten der Freiheit setzen können, errichten: Die Welt des freien Menschen. Wir wenden uns an die ganze Welt mit dem Ruf: Helft uns bei dieser Arbeit ! Es lebe die internationale Solidarität ! Es lebe die Freiheit !" Amtsblatt der Stadt Steyr Vor 50 Jahren befreit Die 71. US-Infanteriedivision trug maßgeblich zur Befreiung Österreichs und im speziellen der Stadt Steyr bei, in die sie am 5. Mai 1945 einrückte. Ehemalige Soldaten dieser Division kamen am 4. Mai zu einer Gedenkfeier nach Steyr, die beim Kriegerdenkmal an der Stadtpfarrkirche würdevoll gestaltet wurde. Bürgermeister Hermann Leithenmayr begrüßte die Veteranen der 71. US-Infanteriedivision und sagte u.a.: "Es ist für unsere Stadt eine Ehre und Auszeichnung, eine so große Anzahl von Männern jener US-Division begrüßen zu dürfen, die am 5. Mai 1945, also bis auf einen Tag genau vor 50 Jahren, in Steyr eintrafen und auch unserer Stadt den lang ersehnten Frieden gebracht haben. Damals, am 5. Mai 1945, geleitete der Steyrer NS-Bürgermeister Ransmayr die amerikani- schen Truppen in die Stadt und übergab die Bürgermeister Hermann Leithenmayr legt mit einem ehemaligen Offizier der 71. US-Infanterie-Division im Gedenken an die Opfer des 2. Weltkrieges einen Kranz am Kriegerdenkmal nieder. Soldaten des Bundesheeres hielten die Ehrenwache bei der Gedenkfeier. Rechts im Bild Fahnenträger der in Rheinland- Pfalz stationierten 1. US-Panzerdivision. Amtsgeschäfte dem amerikanischen Kommandan- tr.n. Heute, 50 Jahre danach, begrüßt einen Teil jener US-Soldaten ein demokratisch gewähltes Stadtoberhaupt, um mit ihnen gemeinsam sowie den anwesenden Mitgliedern des Gemeinderates, dieses historischen und für die Stadt und die Steyrerinnen und Steyrer so bedeutenden Tages zu gedenken. Steyr am 5. Mai 1945 - und Steyr am 4. Mai 1995: Dazwischen liegen nicht nur 5Jahrzehnte. Dazwischen liegen vor allem 50 Jahre Frieden. Ein Friede, für den ein mehr als hoher Preis bezahlt werden mußte. Millionen Tote auf den Schlachtfeldern des Zweiten Weltkrieges - verursacht von einem menschenverachtenden und -vernichtenden NS- Terror- und Schreckensregime, in das auch Östrrrrich aktiv ringrhnnclrn war. Und diesen hohen Preis für den in unserem Land nunmehr 50 Jahre anhaltenden Frieden haben nicht nur die damaligen Bürger dieser Stadt, die Österreicherinnen und Österreicher bezahlt. Diesen hohen Preis haben nicht zuletzt Männer, wie die Soldaten der 71. US-Infanteriedivision, bezahlt, die -wei t entfernt von ihrer Heimat - hier in Europa für Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie gekämpft haben und von denen sehr viele dabei ihr Leben lassen mußten. Im Anschluß an die Gedenkfeier ludBürgermei- ster Hermann Leithenmayr die amerikanischen Gäste zu einem Empfang in den Festsaal des Rathauses. 5/121

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