Amtsblatt der Stadt Steyr 1995/5
Vom 9. Dezember 1945 bis zum 12. März 1946 waren etwa 500 Kinder in der Schweiz. Eine Bekleidungsaktion des amerikanischen Roten Kreuzes brachte im Dezember 1945 und Jänner 1946 fast 13.000 Kleidungsstücke nach Steyr. Trotz der Sorge um die Notwendigkeiten des täglichen Lebens, blühte -wenn auch verständli- cherweise zunächst bescheiden - das kulturelle Leben in Steyr auf. Als erste Bühne im Land Oberösterreich nahm ein Theater in Steyr-Ost den Spielbetrieb auf. In der von Bomben beschädigten Turnhalle, die heute nicht mehr besteht, wurde am 22. Juni 1945 die Theatersai- son mit der Operette "Der fidele Bauer" von Blick über die gesperrte Ennsbrücke auf das Schloß Lamberg Leo Fall eröffnet. Das Ensemble unter der Leitung von Gottfried Treuberg setzte im September 1945 im "Alten Theater" in der Berggasse seine kulturellen Aktivitäten fort. Die Amerikaner besetzten am 28. Juli 1945 die ganze Stadt, nachdem sich die sowjetischen Truppen nach einer Vereinbarung an die niederösterreichische Landesgrenze zurückgezo- gen hatten. Die vorübergehende, aber die Geschehnisse der Stadt Steyr sehr einschneiden- de Zweiteilung hatte damit ihr Ende gefunden. Die Amerikaner forderten nun die politischen Parteien auf, eine gemeinsame Stadtverwaltung zu errichten. Ein Flüchtlings-Treck in Steyr-Münichholz. Durch Flüchtlinge, Kriegsgefangene, ehemalige KZ-Häftlinge u.a. stieg die Einwohnerzahl von Steyr auf 103.000! 18/134 Am 14. September 1945 konstituierte sich der erste Gemeinderat der Stadt Steyr, dem 13(!) Mitglieder der KPÖ, 11 Mitglieder der SPÖ und 11 Mitglieder der ÖVP angehörten. Bürgermei- ster blieb Franz Prokesch, seine Stellvertreter wurden Hans Kahlig (KPÖ), Anton Azwanger (SPÖ) und Franz Paulmayr (ÖVP). Unverständ- lich für viele war es, daß die Amerikaner einen Gemeinderat bestellten, der zu 38 Prozent kommunistische Mitglieder aufwies. Am 25. November 1945 fanden die ersten Wahlen in den Nationalrat und den Oö. Landtag statt. Zugelassen waren die drei Parteien SPÖ, ÖVP und KPÖ. Die Sozialisten errangen dabei in Steyr 9104 Stimmen, das waren 56,2 Prozent, die ÖVP 5215 Stimmen, damit 32,2 Prozent, und die Kommunisten erhielten nur 1872 Stimmen, fielen also auf 11,6 Prozent zurück. Nach einer Intervention der Oö. Landesregierung wurde nunmehr der Gemein- derat der Stadt Steyr aufgrund des Ergebnisses dieser ersten Nationalratswahl neu zusammen- gesetzt. Die neue Mandatsverteilung lautete: SPÖ 20 Mandate, ÖVP 12 Mandate und KPÖ 4 Mandate. Die Zahl der Gemeinderäte wurde nach dem alten Gemeindestatut aus dem Jahre 1930 festgesetzt, die 36 Mitglieder vorsah. Die Probleme der Stadtverwaltung nach den Wirren des Weltkrieges waren vor allem die Beseitigung der Bombenschäden. Über 14.000 Kubikmeter Bombenschutt (29 Lastzüge zu je 50 Waggons) mußten abtransportiert werden. Wichtigste Aufgabe war die Beschaffung von Wohnraum. Darüber hinaus war die Reparatur und die Ausgestaltung des Straßen-, Wasserleitungs-, Kanal-, Gas- und Beleuchtungsnetzes notwen- dig. Dieses einmalige Aufbauwerk kann hier nur angedeutet werden. In der Steyrer Stadtgeschichte gibt es keinen Zeitabschnitt wie die ietzten fünfzig Jahre, der eine solche umfangreiche Neugestaltung aufweisen könnte. Der sowjetische Militärkommandant von Steyr-Ost. ste■r
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