Amtsblatt der Stadt Steyr 1994/8

Unter welchen Mängeln und Problemen hat Steyr zu leiden? Die eigentliche Arbeit am Stadtentwick- lungskonzept beginnt - nicht nur, weil es so im Gesetz steht - mit einer Analyse der Probleme, unter denen die Stadt zu leiden hat. Ich habe ganz zu Beginn meiner Ar- beit eine Befragung von Schlüsselperso- nen durchgeführt, um festzustellen, wel- che Erscheinungen in Steyr als Problem gesehen werden. Es sind im wesentlichen elf Problemkreise, in die sich die Schwie- rigkeiten , Mängel und Defizite zusam- menfassen lassen. Nämlich : l . Arbeitslosigkeit 2. Ausländerproblematik 3. Zunahme von alten und pflegebedürf- tigen Menschen 4. Sozialfälle und Drogen 5. Verkehrsprobleme 6. Schwierigkeiten bei der Wohnraum- beschaffung 7. Greißlersterben 8. Umweltbeeinträchtigungen, Störun- gen des Wohnmilieus 9. Negative Veränderungen im Maßstab und Gestalt der Bauten 10. Verluste an Naturnähe in unmittelba- rer Umgebung der Stadt 11. Mängel im Kultur- und Freizeitange- bot Die Grundlagenforschung hat zu fast al- len dieser Punkte Zahlenbelege geliefert. Diese unterstützenden Daten sind zwar noch nicht ganz vollständig, der Stand der Forschung erlaubt es uns aber, schon jetzt Maßnahmen vorzuschlagen. Im wesentli- chen handelt es sich um Probleme, unter denen mehr oder weniger alle Städte lei- den, und deren Bekämpfung die Kräfteei- ner einzelnen Stadt bei weitem überfor- dern würde. Hilfe des Bundes und des Landes ist also in jedem Fall gefragt und unbedingt erforderlich. Welche Szenarien sind für die Entwicklung Steyrs denkbar? Für das Erstrebenswerte in einer Stadt gibt es natürlich Grundsatzvorstellungen, die von ganz unterschiedlichen Prämissen ausgehen. Diese Grundsatzvorstellungen kann man zu sogenannten Szenarien zu- STEYR sammenfassen. Für Steyr sind es im we- sentlichen zwei grundsätzliche Szenarien, die ich „Ellenbogenfreiheit" und „ Hei- matorte" genannt habe. Szenario „ Ellenbogenfreiheit" geht von ei- ner maximalen Berücksichtigung des frei- stehenden Einfamilienhauses als der bei weitem beliebtesten Hausform der Öster- reicher aus. Beim Szenario„ Heimatorte" dagegen set- ze ich voraus, daß es gelingen kann, die in den nächsten 10 Jahren benötigten Flächen so dicht zu besiedeln, daß sie zur Abrun- dung und Konsolidierung der bestehenden Ortsteile von Steyr beitragen. ,, Ellenbogenfreiheit" hätte den Vorteil, daß sehr viele Menschen ihr Wohnideal verwirklichen könnten, aber den entschei- denden Nachteil, daß alle Trends von heute ungebremst zum Tragen kämen. Die sehr geringe Bebauungsdichte, die mit freiste- henden Einfamilienhäusern zu erreichen ist, führt zwangsläufig zu ~ weiten, nur mit dem PKW zurückzule- genden Wegen ~ hohem Energieverbrauch ~ Störungen der Nahversorgung durch Verbrauchermärkte außerhalb von Wohngebieten ~ Degeneration des Zentrums durch Ein- wohnerschwund usw. „Heimatorte " dagegen betont das speziell „Steyrische". Unsere Konsequenz aus der Beschäftigung mit den beiden Szenarien lautet: Steyr muß Steyr bleiben. Seine gu- ten Eigenschaften sollen gestärkt, seine Mängel überwunden oder gemildert wer- den. Was soll und kann getan werden, um die Steyrer Probleme zu überwinden? Aus den oben beschriebenen Schwierigkei- ten, Problemen und Mängeln, unter denen Steyr zu leiden hat, lassen sich Herausfor- derungen ableiten, die wir Ihnen in einer Fragebogenaktion zur Feststellung der Pri- oritiitcn der Entwicklungsplanung unter breitet haben. In der Grafik l ist dargestellt, wieviel Pro- zent der sogenannten Respondenten, also derjenigen Bürger, die die Fragebogen zu- rückgeschickt haben, welcher Herausforde- rung die erste Priorität einräumen. In dieser Tabelle nimmt die Arbeitslosig- keit und die Schaffung neuer Existenz- grundlagen mit 50% einen einsamen Spitzenplatz ein. Es folgen die Ausländer- problematik mit 25%, die Verkehrsproble- matik mit 15 % und die Wohnraumbeschaf- Gedruckt auf umweltfreundlichem. chlorfrei gebleichtem Papier fung mit ca. 12%. Etwas anders stellt sich die Bewertung dar, wenn wir die Sachgebiete zu Grup- pen zusammenfassen, also fragen, wie oft sie an erster, zweiter oder dritter Stelle ge- nannt worden sind. In diesem Überblick (Grafik 2) ist ebenfalls die Arbeitslosig- keit und die Schaffung neuer Existenz- grundlagen mit 80 % an erster Stelle. An zweiter Stelle steht der Verkehr mit 62 % und erst an dritter die Aus- länderproblematik mit 50%. Die Wohn- raumbeschaffung liegt in dieser Auswer- tung etwa gleich auf wie die Ausländerproblematik. In einem zweiten Schritt der Befragung haben die Respondenten auch ihre Auf- fassung über die Priorität für bestimmte Abhilfemaßnahmen auf einzelnen Gebie- ten bekanntgegeben. Die Grafik 3 zeigt, welche Einzelmaßnahmen zur Beseiti- gung der Probleme in den verschiedenen Sachgebieten von den Steyrern für beson- ders dringlich gehalten werden. Als Beispiel greifen wir das Gebiet der Verbesserung der Existenzgrundlagen, das offensichtlich den Steyrern besonders am Herzen liegt, heraus. Bei weitem am häufigsten wurde die An- siedlung von Mittelbetrieben genannt, an zweiter Stelle die Fortsetzung und Ver- stärkung der allgemeinen Betriebsansied- lungspolitik, an dritter der Ankauf von Gewerbe- und Industriebauflächen, an vierter, fünfter und sechster Stelle wurden die Stärkung des Fremdenverkehrs, die Erhöhung der Verweildauer von Touri - sten sowie die Schaffung der Vorausset- zungen für einen Kongreßtourismus er- wähnt und an letzter Stelle die Vermehrung der Fremdenbetten. Wie muß ein Stadt- entwicklungskonzept abgefaßt werden? Das Oö. Raumordnungsgesetz, dem auch unser Stadtentwicklungskonzept folgen muß, fordert die Einhaltung einer ganz bestimmten Abfolge, nämlich: a) Problemkatalog b) Zielkatalog mit Maßnahmenkatalog c) Prioritätenkatalog, zeitliche Reihung und - falls möglich - d) Kostenangaben. Selbstverständlich haben wir uns an diese Vorgaben des Gesetzes gehalten und wer- den auch versuchen, möglichst genaue Angaben über die Kosten der Entwick- lungsmaßnahmen zu liefern. Dieser Teil der Arbeit ist allerdings noch nicht ganz fertiggestellt. Fortsetzung auf Seite 23 19/223

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