Amtsblatt der Stadt Steyr 1994/8

Stadtentwicklungs onzept für Steyr Details der Analyse von Univ-Prof. Dipl-Ing. Dr. Breitling: In der Juli-Ausgabe des Amtsblattes brachten wir den Probleme-Ziele-Maß- nahmenkatalog aus dem von Univ-Prof Dr. Breitling erstellten Stadtentwick- lungs-Konzept. In dieser Ausgabe bringen wir weitere Details dieses Entwick- lungskonzeptes im Wortlaut, wie Dr. Breitling die Situation sieht. In den weite- ren Folgen des Amtsblattes werden wir eingehend die gesamten Empfehlungen von Univ-Prof Dr. Breitling darstellen. Was ist ein Stadt- entwicklungskon- zept? Antwort: Ein örtliches Entwicklungskon- zept oder Stadtentwicklungskonzept ist ein nur mittelbar rechtsverbindlicher Plan. Seine Wirkung entfaltet er im wesentli- chen über zwei Instrumente: S3 Über den Flächenwidmungsplan, des- sen generelle Vorstufe er ist und S3 über die mittelfristige Finanzplanung der Gemeinde. Dennoch ist das örtliche Entwicklungs- konzept ein außerordentlich wichtiges Dokument. Es soll nämlich ein Leitbild für die bauliche Zukunft der nächsten IO Jahre aufzeigen und darüber hinaus auch e ine Vi sion der langfristigen Entwicklung darstellen ; also ein Bild von der Stadt, das weit in das 21. Jahrhundert hineinreicht. Ein Stadtentwicklungskonzept muß zwar wie jede Konzeption für die bauliche und räumliche Wirklichkeit seine Aussagen in einem sogenannten Funktionsplan nieder- legen; aber nicht dieser Funktionsplan ist die Hauptsache, sondern das, was an Vor- haben und Maßnahmen dahintersteckt. Ein Stadtentwicklungskonzept ist also die Summe der Maßnahmen, welche die pri- vate Wirtschaft und die öffentliche Hand im Lauf der überschaubaren Zukunft ver- wirklichen wollen. Wieviel, was und wo gebaut und inve- stiert werden soll , hängt von unerhört vie- len Gegebenheiten ab, sodaß der Spiel- raum des Veränderlichen recht klein ist. Nur dieser Spielraum des Veränderlichen kann von der Planung beeinflußt werden, und nur in diesem Spielraum können sich Vorstellungen davon, wie die Dinge sein s o 11e n , auswirken. Mit Extremvorstellungen ist da wenig ge- holfen. Was nützt es, sich vorzustellen, wie die Welt aussähe, wenn wir das Auto abschafften, oder, wenn die Menschen be- reit wären, zugunsten einer schönen Um- 18/222 weit auf einige Annehmlichkeiten zu ver- zichten. Andererseits muß ein Stadtentwicklungs- konzept stets von einem gewissen Optimis- mus getragen sein, andernfalls wird es zur einfachen Fortschreibung des Status Quo. Ein Grundgedanke der Entwicklungspla- nung ist es, daß nicht nur - wie bisher- von der Planung ein Angebot an private Wirt- schaft gemacht wird, dem diese folgen kann oder nicht, (man nennt das Anpas- sungs- oder Auffangplanung) sondern daß die öffentliche Hand durch ihre Vorleistun- gen für die Erschließung, also für Straßen, Kanal, Wasserleitung, Telefon, Elektrizität oder Gas usw. bestimmte Flächen bebaubar macht, und daß die private Wirtschaft die auf diese Weise geschaffenen Besiedlungs- möglichkeiten auch nutzt. Dem oft jahrzehntelangen Horten von er- schlossenen Baugrundstücken soll in Zu- kunft ein Riegel vorgeschoben werden. Auf diese Seite der Entwicklungsplanung wer- den wir noch zu sprechen kommen. Besteht Anlaß, ein völlig anderes Steyr zu schaffen? Die Antwort ist: Nein. Die Verhältnisse in Steyr sind nicht so schlecht, daß man das Ruder der Entwicklung scharf herumreißen müßte. Abgesehen davon, daß eine radikale Ände- rung der Stadtstruktur mit den begrenzten rechtlichen, finanziellen und politischen Mitteln, die zur Verfügung stehen, nicht machbar wäre, ist Steyr von der Natur, von der älteren und jüngeren Geschichte und von der Qualität der bisherigen Pläne be- günstigt worden. Natürlich gibt es einzelne Fehlentwicklun- gen und strukturelle Mängel , die man er- kennen und zum Teil wiedergutmachen kann. Diese Mängel waren im übrigen mehr auf den herrschenden Zeitgeist zu- rückzuführen als auf die eigentliche Pla- nung. Daß natürlich ein wenig Glück dazu- gehört, wissen wir ebenfalls. Hätte man beispielsweise den Wehrgraben zugeschüttet, wie es geplant war, so wäre Steyr um ein städtebauliches und stadtbau- geschichtliches Juwel ersten Ranges ärmer. Gedruckl auf umwehfreundlichcm, chlorfrei gebleichtem Papier Was ist an Steyr positiv? 1. Steyr hat eine dramatische topogra- phische Situation, deren wesentliche Züge durch üppigen Bewuchs betont werden. 2. Wasser durchfließt und durchdringt die Stadt und erzeugt wundervolle Wasserfronten oder grüne Ufer. 3. Steyr hat eine sehr große Altstadt von außerordentlicher Schönheit. Die starken Höhenunterschiede machen sie optisch präsent und erlebbar. 4. Grün dringt von außen bis ins Herz der Altstadt vor. Von keinem Punkt des Stadtinneren hat man einen wei- ten Weg zu landschaftlich geprägten Elementen. 5. Steyr ist in einzelne Orte von einer gewissen Eigenständigkeit gegliedert: Altstadt, Steyrdorf, Ennsleite, Mü- nichholz, Tabor, Gleink, ja sogar Resthof könnte eine gewisse Eigen- ständigkeit gewinnen. 6. Es gibt gute Ansätze zu einem stadt- teilverbindenden Fußwegenetz, das dem Fußgeher die Wahl läßt zwi- schen belebten Straßen und freundli- chen Spazierwegen. 7. Eine Riesenfülle von Baudenkmälern aus allen Epochen der Baugeschichte machen den Besuch der Stadt zu ei- nem unvergeßlichen Erlebnis. 8. Das große Potential beruflicher Fach- kunde, vor allem in der Metallverar- beitung, ist ein unschätzbares Hu- mankapital. 9. Einige Firmen von Weltgeltung ha- ben einen Sitz in Steyr. IO. Der Altstadtring hat dafür gesorgt, daß die Milieuqualität der Innenstadt voll zur Geltung kommen konnte. 11 . Schulen aller Arten machen Steyr zu einem Zentralort der sekundären Bil- dung. 12. Es gibt kaum eine Stadt, in der sich ein reicheres Vereinsleben etabliert hat als in Steyr. 13. Der Sport als Sache für jedermann hat in Steyr eine wirkliche Heimat. Kaum irgendwo gibt es mehr Sport stätten als in dieser Stadt. Die Reihe der positiven Eigenschaften ließe sich noch eine ganze Zeit fortset zen; das Dutzend Beispiele mag für den Mo- ment genügen. STEYR

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