Amtsblatt der Stadt Steyr 1993/10

DIE SEITE DES BÜRGERMEISTERS die europaweite Rezession macht auch der Steyrer Industrie schwer zu schaffen und hat auf die Einnahmen der Stadt gravie- rende Auswirkungen. Wir haben seit 1981 über 7.500 Arbeits- plätze verloren , davon die Hälfte durch die Neustrukturierung der Steyr-Daimler- Puch AG. Da die letzte Phase des notwen- digen Strukturwandels für die Steyr-Daim- ler-Puch AG noch nicht abgeschlossen ist, trifft die Rezession das Unternehmen besonders hart und zwingt zum weiteren Abbau von Arbeitsplätzen. Einbrüche in der Industrieproduktion haben wir auf allen Linien: die Belegschaft der GFM ist auf 300 zusammengeschmolzen, wir haben AEG Telefunken mit 350 Arbeitsplätzen verloren , sowie das Verdrahtungsunter- nehmen Drexlmayr mit 240 Arbeitsplät- zen; die Schuhindustrie hat stark abge- baut. Die Arbeitslosigkeit in der Region ist auf 10 Prozent angewachsen. Das ist die höchste Rate in Oberösterreich (Durch- schnitt 5,3 %). Angesichts dieser Entwicklung, deren Ende noch nicht abzusehen ist, trijfi uns die Drohung der EG mit Strafzöllen im lusammenhang mit der gewährten Förde- rung der öffentlichen Hand an die Steyr- Nutzfahrzeuge AG besonders hart. Ich habe ja seinerzeit die gesamte Bundesre- gierung mobilisiert, als MAN den Einstieg in die LKW-Produktion in Steyr von inter- national üblichen Förderungen durch Bund, Land und Stadt abhängig machte. Es wurden 335 Förderungs-Millionen auF gebracht. Das ist der EG-Kommission zuviel. Sie verlangt vom EG-Ministerrat die Verhängung von Strafiöllen in Höhe von 22 Prozent für Fahrzeuge und 8,6 Prozent für Fahrerhäuser . Wenn das geschieht , sind die Produkte aus Steyr im EG-Raum unverkäuflich. MAN könnte die Fertigung nach Deutschland verlegen. Wir würden eine katastrophale Arbeitsmarkt- Situation bekommen. Ich habe in Gesprächen mit Bundeskanzler Vranitzky, Wirtschafisminister Schüssel und Sozialminister Hesoun auf den Ernst der Lage hingewiesen und verlangt, daß auf höchster Ebene alles unternommen werde, um diese Strafzölle abzuwenden. Der Kanzler und die Minister haben mir zugesagt, daß sie alle ihre Möglichkeiten ausschöpfen werden. Wir brauchen starke Industriebetriebe. SNF mit 2.700 Mitarbeitern und BMW mit 2.200 sind derzeit unsere wichtigsten Säu- len. In diesen Unternehmen werden noch 7 Milliarden Schilling investiert hzw. sind bereits in Realisierung. Die Beschäfti- gungskapazität und Steuerkraft dieser Industriebetriebe sind.fur unsere Stadt lebenswichtig. Wir machen daher unseren ganzen Einfluß geltend, damit diese Betriebe die Rahmenbedingungen haben, die sie im Wettbewerb brauchen. Dort, wo wir direkt auf Beschäftigungs- projekte als Stadt Einfluß nehmen können, nutzen wir alle Möglichkeiten , und ich bin nach wie vor intensivst dabei , neben den Investitionsprogrammen der Stadt Geld von Land und Bund nach Steyr zu bringen . Und hier kann ich auf eine Reihe von Pro- jekten verweisen, die wir indiziert haben und die für eine relativ gute Binnenkon- junktur im Bereich der Bauwirtschaft und des Gewerbes sorgen. Es sind dies vor allem die 2. Bauetappe des FAZAT mit 37 Mill. S und die Geschützte Werkstätte mit 40 Mill. S. In beiden Fällen kommt das Geld mit über 80 Prozent von Land und Bund. Das große Wohnbauprogramm in den Stadtteilen bringt viele Millionen aus dem Wohnbaufonds nach Steyr. Von der Stadt wird mit 25 Mill. S das Projekt "Erneue- rung Steyrdorj" zielstrebig realisiert. Dazu kommen große lnvestitionenfur den Aushau und Neubau von Kindergärten. Gedruckt auf umweltfreundlichem. chlorfrei gcblck hlcm Papier Der Beschluß zur Überdachung der Kunsteisbahn mit Investitionen von 15 Mill. S brachte 4 Mill. S vom Land nach Steyr. Diese Beispiele sollen zeigen, daß wir alles in unserer Macht stehende tun, um heschäftigungsintensive Projekte zu reali- sieren. Was mir derzeit Sorge macht, sind die sinkenden Steuereinnahmen aufgrund der Rezession. Wir sehen bei der Erstel- lung des Budgetsfur 1994 Fehlbeträge von 50 bis 100 Mill. S. Es wird schwierig werden, begonnene und unaufschiebbare Projekte zu.finanzieren. Ich sehe die Schwierigkeiten, hin aber zuversichtlich, daß wieder bessere Zeiten kommen. Aufgrund von Ausschreitungen zwischen jugoslawischen Volksgruppen in Steyrdo1f habe ich von Innenminister Löschnak die Verstärkung der Polizei-Präsenz in diesem Stadtteil verlangt. Löschnak ist vor weni- gen Tagen seihst nach Steyrdo,f gekom- men, um sich vor Ort zu informieren. Der Innenminister hat angeordnet, daß im Haus Sierninger Straße 57 eine Diensthun- destaffel mit sechs Polizisten stationiert wird. Drei Polizisten vom Wachzimmer Münichholz werden mit ihren Diensthun- den in die Sierninger Straße übersiedeln. Dazu kommen drei Hundeführer, die noch ausgebildet werden müssen. Wir haben auf die Sorgen der ßevölkerung in Steyrdo,f; die sich in ihrer Sicherheit bedroht.fuhlt, sehr rasch reagiert und die notwendigen Initiativen gesetzt. Herzlichst Ihr ~0-,U¾ ~~11

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