Amtsblatt der Stadt Steyr 1993/1
Probleme mit neuen Ideen lösen D ie zwei Mandatare der GAL lehn- ten das Budget ab. Frau Gemein- derat Eva SCHEUCHER sagte in ihrem Kommentar dazu u. a.: "..... Die GAL ist einfach mit den Struktu- ren der Steyrer Politik nicht einverstanden und deshalb auch nicht mit einem Budget, das diese Strukturen im nächsten Jahr finanzieren wird. Oder sind Sie vielleicht damit zufrieden, daß die Stadt langsam zuwuchert, daß die Verkehrsstaus immer länger werden? Wenn Sie damit nicht zufrieden sind, warum setzen Sie keine deutlichen Alternativen? Über das Budget hätten wir die Möglichkeit, Impulse in eine neue Richtung zu setzen. Doch wir merken nichts von Impulsen in diese Richtung. Vielleicht ist Ihre Richtung nicht die Rich- tung der Grünen Fraktion. Vielleicht mer- ken wir nur deshalb nichts davon. Es gibt nämlich auch schon Gemeinden, die den Problemen mit neuen Ideen begegnen. Wenn ich mir z. B. in Krems die wirklich vorbildliche Altstadtrevitalisierung ansehe, dann ist das mehr, als wir mit Fassadenre- novierungen erreichen! In Steyr betreiben wir - erlauben Sie einen medizinischen Ausdruck - eine Art sym- ptombezogene Politik. Wir kurieren Sym- ptome, Erscheinungen - oft mit sehr viel Geld -, aber wir packen das Übel nicht an der Wurzel. Uns Grünen wird oft vorgeworfen, wir seien immer nur in Opposition. Aber solange wir sehen, daß hier nur hinter den Ereignissen nachverwaltet wird, solange können wir uns mit dieser Politik nicht mehr identifizieren! Wir geben uns keinen Illusionen hin, daß man in Steyr die allgemeinen Trends total umkehren kann, aber wir sehen auch keine Ansätze, daß man versucht, das Möglich- ste zur Verringerung der Umweltbela- stung, zum schonenderen Umgang mit der begrenzten Ressource Boden, zum sparsa- men Umgang mit Energie und zur Solida- rität mit den Benachteiligten dieser Welt (seien es 3. Welt-Länder oder seien es die Flüchtlinge, die hier herkommen wollen) zu tun. Man gibt sich damit zufrieden, wenn man Zerstörungsprozesse nicht akut bemerkt, wenn die so langsam und schleichend vor sich gehen, daß der Gewöhnungseffekt das Umfeld des Einzelnen gar nicht wesentlich beeinträchtigt. Aber wenn Sie bitte einmal 10 - 15 Jahre zurückdenken an Straßen, Plätze, Gegenden in Steyr, die Ihnen ver- traut waren, und das über diese Zeitspanne im Rückblick betrachten, dann werden Sie sehen, wie gravierend die Veränderungen im Stadtgebiet waren. Die Grundreserven der Stadt werden zunehmend verbraucht und die Verschuldung der Stadt wächst ständig! Und wer weiß, ob das Budget 1993 noch finanzierbar gewesen wäre, 10 GAL-Sprecherin Eva SCHEUCHER hätte es nicht gegen Jahresende einen unerwarteten Geldsegen gegeben. Was ist, wenn dieser Geldsegen eines Tages aus- bleibt? Sie selber haben ja auch von den eher düsteren Konjunkturprognosen gesprochen! Wir glauben einfach, daß man in Steyr in dieser Beziehung aus den schlechten Erfahrungen der Vergangenheit nichts gelernt hat und sich neuerlich abhängig macht. Machen wir eben vom wirtschaftli- chen Wohlergehen eines großen Betriebes, dem es Gott sei Dank noch gut geht, das Wohlergehen der Stadt Steyr abhängig! Was ist, wenn das einmal ausbleibt? Das vielzitierte "Familiensilber", von dem immer geredet wird, haben wir nämlich auch schon verscherbelt und es deckt einen beträchtlichen Brocken unserer städtischen Aufwendungen. Wir glauben, daß man genau bei Ausgaben, die irreversible Ver- änderungen bewirken, besonders sparsam sein müßte und daß man sehr viel mehr Hirn, Zeit, Energie und auch Geld in eine solide Planung stecken müßte! Nämlich in eine langfristige, grundsätzliche Planung! Sie mögen uns "Konzeptionitis" unterstel- len, doch gut durchdachte Konzepte machen sinnvolle Arbeit erst möglich und helfen vielleicht auch Geld sparen. Für die Stadt Steyr fehlt ein Planungskon- zept! Nach dem Motto: "Der Weg ist das Ziel", befinden wir uns in Steyr auf dem Weg, ohne zu wissen wohin. D. h., wir las- sen uns von irgendwelchen Sachzwängen vorantreiben. Wir glauben noch immer, daß Steyr trotz allem ein in der nötigen Breite angelegtes Stadtentwicklungskon- zept dringend nötig gehabt hätte - und keine Schmalspurversion davon! Wir glauben, daß Grünlanderhaltung und Altstadtrevitalisierung in einem engem Zusammenhang stehen. Gehen Sie einmal am Abend über den Stadtplatz, wenn die Lichter in den Geschäften und Banken ausgegangen sind. Sie werden bemerken, daß sehr wenige Häuser bewohnt sind. Dafür nimmt das Hinauswuchem der Stadt ins Grünland immer mehr zu - mit allen Problemen, die Sie ja selber kennen! Hier müßte man steuernd eingreifen." Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlorfrei gebleichtem Papier Keine öffentliehen Aufträge bei illegaler Beschäftigung von Arbeitskräften Der Gemeinderat beschloß aufgrund eines Initiati~antrages der Sozialdemo- kraten eine Anderung der Vergabeord- nung, wonach Firmen, die illegal Arbeitskräfte beschäftigen, künftig von öffentliche~. Aufträgen ausgeschlossen sind. Der Anderung der Vergabeord- nung (Wortlaut unter "Amtliche Nach- richten" in dieser Ausgabe des Amts- blattes) liegt folgende vom Gemeinde- rat beschlossene Resolution zugrunde: „Aufgrund der derzeit herrschenden gesellschaftlichen __und politischen Umwälzungen seit Offnung der Gren- zen und dem Umbau der Wirtschafts- systeme in Mittel- und Osteuropa ist verstärkt ein enormer Druck auf den österreichischen Arbeitsmarkt zu ver- zeichnen. Die Möglichkeit, in Öster- reich legal zu arbeiten, hätte für viele Bewohner der Länder in Ost- und Mit- teleuropa große wirtschaftliche und soziale Bedeutung. Dem steht auch f:_ine Nachfrage nach Fachkräften in Osterreich gegenüber. Eine maßhaltende, zeitlich und zahlen- mäßig auf die österreichische Lage Bedacht nehmende Ausländerbeschäf- tigungspolitik ist daher erforderlich; oberstes Ziel dieser Politik haben die Sicherung des sozialen Friedens und Fortschritts in unserer Stadt zu sein. Bei all diesen Überlegungen ist auch die Verhinderung von Schwarzarbeit ein Fixpunkt, weil Schwarzarbeit eine Reihe von unerwünschten Folgen hat: Etwa den unkontrollierten Zustrom von ausländischen Arbeitskräften auf den österreichischen Arbeitsmarkt, Sozial- dumping, fehlende soziale Absicherung sowie eine Verschlechterung der Wett- bewerbssituation für gesetzestreue Unternehmen. Erstens ist die illegale Beschäftigung dem Ausländer gegenüber inhuman. Es ist auch inhuman, ohne Versicherungs- schutz und ohne gesetzliche Absiche- rung arbeiten zu müssen. Zweitens wird durch das sogenannte Sozialdumping ein enormer Druck auf unser Sozialsystem ausgeübt. Es gibt einen Druck auf Löhne und Gehälter, um] e~ gibl einen Druck auf eine Ver- schlechterung der Arbeitsbedingungen sowie auf eine nicht genügende Einhal- tung von gesetzlichen Auflagen am Arbeitsplatz. Drittens ist darüber hinaus illegale Be- schäftigung ein Betrug am Konkurren- ten, welcher sich gesetzeskonform ver- hält und zu ehrlich kalkulierten Preisen anbietet. Viertens ist schließlich illegale Beschäfligung auch ein Betrug am Steuerzahler und letztlich ein Betrug am Sozialsystem insgesamt, weil natur- gemäß auch Sozial- und Pensionsversi- cherungsbeiträge dem Staat vorenthal- ten werden." STEYR
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