Amtsblatt der Stadt Steyr 1992/12
Das Museum Industrielle Arbeitswelt geht neue Wege Ausstellung einer Archäologie symbolverarbeitender Maschinen ab 30. April 1993 Ab 30. April 1993 zeigt das M11seum Arbeitswe/1 drei .la//re lallf! ei11e ::;011der- ausstellung, die das Zie l l,at , die Gn111clla- gen unserer 11acl,modeme11 Gesellsclw/i verstehen w helfen. Der /\11f!<' l1m11ü l1ie: 11 ist das Modell des Co1111111ters, in dc111 alle realen Phänomene als l>lr !f.le Zeic // en behandelt werden. Damit wird, 11•ic es der amerikanische Tecl-111i/,.//istori/,.er ./ . t>m•id Bolter ausgedrückt l,at, 111it \lorm11g die menschliche Fähigkeit geji·ag t , "i11 ci 11 c111 Meer neutraler Symbole Bede11t1111g ;;u schaffen" . Das Technische Museum Wien schliel.\1 f'lir einige Jahre seine Pforten, und dem Musi.: um Arbeitswe lt ist es gelungen, vi ·li.: sehenswerte Exponate für die neue Aus- stellung ·nach Steyr zu bringen. Kenn ·rn des Museums Arbeitswe lt wird klar sein, daß sich das Haus in Steyr keineswegs mil der Absicht trägt, nur durch die Prliscntati on ausgewählter Raritäten zu wirken. Das neue, von ausstellungserprobten Wissen schaftem erstellte Konzept verfolgt einer seits die Grundidee eines offenen, dcmo kratischen und emanzipatori schen Mu seums weiter und trägt andererseits den aktuellen Entwicklungen im technischen und wissenschaftlichen Bereich Rechnung. Es werden nicht nur die Entwicklungslini en dargestellt, die schließlich zum Entste- hen der modernen Tnfom1ationsgcsc ll - schaft führten, sondern auch anhand aus- gewählter Objekte technische Zusammcn - hiinge verdeutlicht. Im Ausstellungsdesign findet auch das ästhetische Element seinen Platz. Besucherfreundlichkeit und gezielte Vermittlungsarbe it Die Möglichkeiten zur eigenständigen Auseinandersetzung mit den Inhalten der Ausstellung werden - wie bereits in den vergangenen Jahren erfolgreich praktiziert - durch entsprechende Begleitmaterialien wie Text-Bild-Band, Ausstellungsführer, pädagogische Broschüren und Modelle 34/338 Antonius Braun schuf 1727 die erste voll funktionsfähige Rechenmaschine für die vier Grund- rechnungsarten unterstützt. Erweitert wird dieses mu- seumsd idaktische Programm durch die Installierung eines sogenannten "lnfocom- Systems", das die Funktion einer multime- dialen Bibliothek erfüllen und sowohl zur Informati on als auch zur Interaktion die- nen kann. Die Ausstellung ist also sehr "durchschaubar". Es braucht niemand /\ngst zu haben, daß er s ich e inem kalten und gesicht s losen Technikimperium ge- ge nübersehen wird. Auch Nicht-Compu- t ·rexp ·rt ·n werden sich oh ne weiteres ,r,urechl finden. Dt L' Zahmung des g roßen Brude rs T · ·hnik n1ul.l durchschaubar, b ·herrsch bar und vor allem demokratischer Kontrolle unlcrworlcn sei n. l)i i.: 1 lorrorvi sion (,eorgc Orwells vorn lechnokratis ·h totalitiiren Clh ·rwachungsstaat (" 19X4") darf nicht Wirklichkeit wi.:rde11 . Daher ist es nötig, sich 111i1 der Wi.:11 des ( 'ompu tcrs auscinan tk:rzus ·tzcn ohne ' J\;chnikangs t, aber auch ohn · T· ·l111ik ·uphoric. D·r "Mensch im l<'lul.\", di.:r als Leitsymbol der Ausstel - lung neu· Bedeutung gewi nnt , deutet die Notwendigkeit an , sich den Fragen der Zeit, di' ja stets "im Fluß" befindlich ist, w ste ll ·n. Die neue Ausstellung im Muse- um industriell e Arbeitswelt will zu dieser notwendigen Auseinandersetzung ihren Beitrag le isten . Gt.:gt.:11üut.:1 ht.:1 kü1111nlichen Präsentationen, die Technik als lndustriegeschichte zeigen und entsprechende Gruppierungen und Klassifizierungen nach Branchen oder Wirkungsmodalitäten vornehmen, wird in dieser Ausstellung der logisch-formale Zusammenhang zwischen Instrumenten und Maschinen unterschiedlichen materiel- len Typs und verschiedener Funktionen herausgestellt. Auf diese Weise ist es möglich, nicht nur die technischen Elemente der sogenannten universalen Maschine anschaulich zu machen, sondern auch das Verhältnis Mensch/Maschine einer vertieften Be- trachtung zu unterlegen: Im Sinne der Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlorfrei gebleichtem Papier "zweiten", techno logischen Natur des Menschen. Die Wirkfähigke it originaler Objekte Das Präsentationskonzept der Ausstellung kalkuliert ein bewußtes Spannungsverhält- ni s zur gegebenen Muse umsstruktur im Museum Arbeitswelt Steyr. Die vorgege- bene sanfte Chronologie im Museum wird in assoziativer Weise weiterentwickelt, sodaß die jewei Iige Grundaussage in einem gegebenen Ausstellungsbereich gegenüber dem weiteren Objektbestand e inen verdichteten Sinnbezug ergibt. Diese Sinnbezüge können kausal aber auch kon- trafaktisch se in . Etwa in dem Sinne, daß zw ischen dem gedankli chen Entwurf von komplexen Masch inen eines Cha rl es Bab- bagc um 1820/30 und dem technologi - schen Ensemble des 19. Jahrhunderts (Raum 4) eine unüberw indliche Barriere besteht. Didaktisch setzt die Ausstellung auf die Wirkfähigkeit der originalen Objekte. Dabei wird von der unerwarteten Kombi- nation material und zeitlich divergenter Maschinen gleicher oder ähnlicher techno- logischer Prinzipien eine Steigerung des Informationswertes erwartet. Ein (sparsa- mer) Medieneinsatz ist dort geplant, wo er als Substitut wirken oder als adäquate Prä- sentationsform und als Aktivierungsinstru- ment (etwa im Bereich Kommunikations- maschinen) sinnvoll angewendet werden kann. Die räumliche Gliederung Raum 1: ZEIT/UHRWERKE Zentral geht es hier um die Darstellung der Uhr als erste symbolverarbeitende Maschi- ne. Dies ist gegeben durch das technische Prinzip, wonach das numerische Verhält- nis der Zahnräder gleichsam das Pro- gramm dieser Maschine enthält. PRÄSENTATION: Originalobjekte (Uhren aus dem 18. und 19. Jahrhundert; Zentral- objekt: Große Kirchturmuhr mit sichtba- rem Räderwerk). STEYR
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