Amtsblatt der Stadt Steyr 1992/9

A nläßlich des Jubiläums "10 Jahre Pro- duktion von BMW Motoren in Steyr" sagte Dipl.-Ing. B. Pischetsrieder, Mit- glied des Vorstandes der BMW AG, zustän- dig für Technik, in einer Festrede u. a.: "In diesem Jahr werden hier mit über 2.000 Mitarbeitern rd. 375.000 Motoren produziert und die Gesellschaft wird einen Umsatz von über 13 Milliarden S machen. Damit gehört BMW zusammen mit der BMW-Vertriebs- gesellschaft BMW Austria zu den 10 größ- ten Industrieunternehmen in diesem Lande. Das Werk in Steyr ist auch die größte Moto- renproduktionsstätte innerhalb des gesamten BMW-Konzerns. Über 65 Prozent aller Motoren werden hier in Steyr produziert. Dazu gehören die 4-Zylinder-Benzinmoto- ren exklusiv für den gesamten Konzern, 6- Zylinder-Benzinmotoren und alle Dieselmo- toren exklusiv für den BMW-Konzern. Wir haben hier aber nicht nur eine Produkti- onsstätte vor uns, wie manch andere Fabrik in diesem Lande, sondern eine voll funkti- Arbeitsplätze, die hohe Qualifikation und Präzision erfordern, erfolgen. Arbeitsplätze, wie sie z. B. bei BMW vorhanden sind. Österreich muß meines Erachtens eine Indu- strieförderungspolitik konsequent in diese Richtung betreiben. Dazu gehört auch eine im europäischen Durchschnitt vergleichbare Investitionsförderung ebenso wie der Aus- bau von Schulen und Hochschulen zur Heranbildung der technischen Intelligenz. Durch Gesetze und Verordnungen dürfen nicht einseitig bestimmte Gruppen von Fahr- zeugherstellern, z. B. aus Fernost, bevorzugt werden. Ich meine die NOVA (Norrnver- brauchsabgabe) und die Kfz-Steuerreform. Österreich darf europäische oder besser gesagt heimische Hersteller im eigenen Interesse nicht benachteiligen. Sie sind es, die einen volkswirtschaftlichen Beitrag hier in Österreich leisten; sei es zur Beschäfti- gung, sei es zum Steueraufkommen, oder sei es zur Handelsbilanz. Hier nur zwei Zahlen: BMW bringt Österreich jährlich einen Han- in der Unternehmensführung eingehen. Die Anforderungen haben sich zunächst bei der Fabriksauslegung geändert. Hatten früher eine möglichst starke Arbeitsteilung und eine hohe starre Automatisierung das Primat, so sehen wir dies heute ganz anders. Eine flexible Teilautomatisierung und die Zusam- menfassung von Teilarbeitsschritten bringen mehr Erfolg. Wir haben uns abgewandt von den technokratischen und rezeptartigen "Management-by"-Techniken. Wir stellen den Mitarbeiter jeder Ebene mit seinem Können und seiner Initiative noch stärker in den Mittelpunkt unserer Führung. Wir för- dern den Handlungsfreiraum und die Team- arbeit, die zu ständiger Verbesserung der Arbeitsprozesse und zu höchster Qualität führen. Wir wollen verstärken, daß sich jeder Mitarbeiter voll mit seiner Arbeit, mit BMW identifiziert und daß seine Motivation die Triebfeder für den Produktivitätsfort- schritt ist, den wir weiterhin benötigen. Das Automobil ist in den letzten Jahren ver- „BMW und die Stadt Steyr leben eine vorbildliche Partnerschaft'' onsfähige Gesellschaft mit Entwicklung, Einkauf und Vertrieb. Alle Dieselmotoren des BMW-Konzerns werden exklusiv hier entwickelt und der weltweite Vertrieb aller BMW Motoren erfolgt von Steyr aus. Der Einkauf des BMW-Konzerns in Österreich beträgt rd. 15 Milliarden S. Wir haben vor mehr als zehn Jahren - damals zusammen mit Steyr-Daimler-Puch - die Entscheidung für den traditionsreichen Standort Steyr getroffen. Wie wir heute sehen können, hat sich diese Wahl bewährt, für alle Beteiligten positiv ausgewirkt. BMW und die Stadt Steyr leben eine vor- bildliche Partnerschaft; sie prägen einander. Es gab und gibt hier gut ausgebildete Arbeitskräfte, die Standortfaktoren, wie Lohnhöhe, Nebenkosten, Arbeitszeit, Steu- ern, Energiekosten und auch die lnvestiti- onsförderung waren im Vergleich mit ande- ren Regionen attraktiv. Aber wir müssen auch sehen: Die Kosten in Österreich haben sich mittlerweile den Hochlohnländern, wie z. B. Deutschland, angenähert. Auf der anderen Seite sind durch die Öffnung der Grenzen nach dem Osten völlig neue Stan- dortaltemativen entstanden. Länder wie Ungarn oder CSFR haben im Wettbewerb zu Österreich gerade auf der Kostenseite erheb- liche Vorteile zu bieten. Ein Wandel in der Standortattraktivität zu Ungunsten Öster- reichs in den letzten zehn Jahren ist also nicht zu übersehen. Deshalb wird es eine vordringliche Aufgabe sein, die Konkurrenz- fähigkeit zu erhalten, die Stärken auszubau- en. Die Lohnstückkosten dürfen nicht das Niveau von Deutschland erreichen, insbe- sondere ist eine Begrenzung der Sozialrate von heute > 100 Prozent erforderlich. Eine Differenzierung gegenüber Billiglohnlän- dern kann durch technologisch differenzierte STEYR delsbilanzüberschuß von fast 6 Milliarden S und wir gehören zu den größten Steuerzah- lern. Österreich als Wirtschaftsstandort wird seine Position verbessern, wenn es die Schwelle in die EG überschritten hat. Ich glaube, wir alle sind der Übeneugung, daß dies Realität wird. In der Gemeinschaft mit der EG und der geographischen Lage sowie den traditio- nellen historischen Handelsbeziehungen zu den Oststaaten Europas kann die Wirtschaft Österreichs eigentlich nur aufblühen. BMW kann dazu auch einen Beitrag leisten. Dieses Werk ist ein stabiler Faktor in Steyr und auch über die Region hinaus. Eine Region, die nicht gerade mit hoher Wirtschaftskraft gesegnet ist; sie hat mit ca. 6 Prozent eine über dem Bundes-Durchschnitt liegende Arbeitslosigkeit. Und auch die Investiti- onstätigkeit ist - verglichen mit anderen auf- strebenden Regionen - eher schwach. BMW benötigt - auch für unser neues in den USA geplantes Fahrzeugwerk - neue Motoren und mehr Kapazität. Kurz, wir stehen vor Inve- stitionen, die über mehrere Jahre an die 3 Milliarden S heranreichen werden. Mehrere Standorte innerhalb der Sparte Motor des BMW-Konzerns bewerben sich dafür. Dies ist besonders attraktiv, weil es bei BMW selbst mehrere hundert Arbeitsplätze schafft und nochmals etwa die gleiche Zahl im mit- telständischen Umfeld. Unsere Geschäftsführung und auch die Kon- zernzentrale sind der Ansicht, daß Steyr ein guter Standort dafür ist. Wir haben uns innerlich auch bereits entschlossen, die Inve- stitionen hier zu tätigen. Dabei gehen wir davon aus, daß Stadt, Land und Bund, in Summe Voraussetzungen schaffen, die ein solch hches weiteres Engagement rechtferti- gen. Lassen Sie mich kurz auf den Wandel auch Gedruckt auf umwehfreundlichcm, chlorfrei gcbleich1em Papier stärkt in die Diskussion geraten. Stichworte dazu sind: Waldsterben, Tempolimit, Ver- kehrstote, Verstopfung der Innenstädte, Ozonloch in Verbindung mit C02-Ausstoß und ich füge hinzu - Sozialneid. Ich möchte feststellen: - Der Individualverkehr wickelt ca. 80 Pro- zent des Gesamtpersonenverkehrs ab; eine nachhaltige Änderung ist mittel- bis langfri- stig gar nicht möglich, weil die Infrastruktu- ren für eine nachhaltige Ausweitung des öffentlichen Verkehrs gar nicht vorhanden sind. - Der Verbrennungsmotor wird auch über die nächsten 20 Jahre hinaus die dominieren- de Antriebsquelle für Straßenfahrzeuge sein und - BMW hat den Willen und aufgrund der Innovationsfähigkeit die Kraft, im Wettbe- werb der Welt-Automobilindustrie erfolg- reich zu sein. Diese drei Aspekte zusammen bilden die Basis für eine weitere erfolgreiche Zukunft dieser Gesellschaft insgesamt und hier in Steyr. Die Arbeitsplätze werden nicht nur gesichert sein, sie werden ausgebaut und sie werden in der Qualität noch steigen. Denn die Automo- bilindustrie muß Motoren entwickeln und produzieren, die - noch leichter sind und damit weniger ver- brauchen und auch in ihrem inneren Wir- kungsgrad verbrauchsoptimiert sind, - noch weniger Abgas ausstoßen und - unsere endlichen Ressourcen besser aus- nutzen bzw. schonen. Diese Aufgaben werden - was den Diesel- motor betrifft - hier in Steyr bearbeitet und gelöst." 17 /24 l

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