Amtsblatt der Stadt Steyr 1992/5

S tadtrat Karl HOLUB ist im Steyrer Stadtsenat für die Bereiche Altenheime, Tourismus und Denkmalschutz verant- wortlich. Im folgenden Beitrag kommentiert er die aktuelle Situation im Altenheim: "Ende 1991 trat ich meine Funktion als Stadtrat für das Altersheim Steyr an. Schon zu diesem Zeitpunkt war es völlig klar, daß umfassende Verbesserungen in fast allen Bereichen unerläßlich si nd. Aus der Grund- einstellung, daß das Woh l der Mitmenschen vor all fälligen Partei-Interessen zu gehen hat, versuche ich , die Bedingungen für die Bewohner des Altenheimes einerseits und für das Pflegepersonal andererseits zu ver- bessern - zu vermenschlichen. Eine sofort begonnene Bestandserhebung zeigt die Fülle von Problemen ganz deut lich: Generell bietet das "Zentralaltersheim" (lei- der he ißt es noch immer so) einen kranken- hausähnlichen Eindruck. So schaut es aus und so wird es auch geführt! Die neuen Erkenntnisse über Art und Gestaltung von Altenheimen bringen die Forderung, daß diese, "auf Dauer eingerichtete, besondere Wohnformen mit besonderen Maßnahmen einer fü rsorglichen Betreuung und einer ordentlichen Pflege" darstellen sollen, wie es in einem Erlaß der Oö. Landesregierung heißt. Es liegt in der Natur der Dinge, daß sich mancher Anklang an ein Spital nicht vermeiden lassen wird, aber nach besten Möglichkeiten sollte "WOHNEN WIE ZU HAUSE" das Ziel der Betreuung in einem zeitgemäßen Altenheim sein. So wird es also die Hauptaufgabe der nächsten Zeit sein, den spitalsähnlichen Charakter unseres Stadtrat Karl Holuh sehen brauchen Wohnqualität, ohne daß dabei die Pflege reduziert wird. So habe ich im Ausschuß für die Angele- genheiten des Altenheimes Zustimmung dafür gefunden, daß die Möglichkeiten zur Errichtung von neuen Altenheimen unter- sucht werden sollen. Auf diese Art sollen in mehreren Stadtteilen verteilte Stützpunkte für die Alten- und Pflegeeinrichtungen der Stadt entstehen können und - soweit dies möglich ist - mit ambulanten und teilsta- tionären Hilfsdiensten vernetzt werden. Ich glaube, daß man die Erfahrungen nutzen sollte, die andere Heimerhalter bei Neubau- ten gesammelt haben! Gleichzeitig muß aber der seit vielen Jahren zu kurz gekommenen Ausgestaltung des Altenheimes Tabor größtes Augenmerk gewidmet werden. Wir sind dabei, einen Organisationsberater auszuwählen, der hel- fen soll, die Gegebenheiten im Steyrer Altersheim an eine moderne Altenheim- Organisation heranzuführen. Ich werde mich voll einsetzen, daß die Zielrichtung nicht des Altersheimes ist unbedingt herbeizu- führen, um zu einer für die Bewohner des Hauses gerechten Gebührenstruktur zu gelan- gen. Weil die sanitären Voraussetzungen drin- gend zu verbessern sind, muß auch ein Kon- zept erstellt werden, das Brausen und Bäder in ausreichender Anzahl und Qualität zur Verfügung stellt. Zur Koordinierung der Pflegeaktivitäten wird die Funktion einer "Pflegedienstlei- tung" installiert. Wer hilft den Helfern? Diese Frage blieb in der Vergangenheit unbeantwortet. Um dem physisch und psy- chisch hoch belasteten Pflegepersonal ent- sprechende Hilfe anzubieten, habe ich mich immer dafür eingesetzt, daß eine psycholo- gische Betreuung ("Supervision") eingeführt wird. In diesen Tagen beginnen drei Psycho- logen ihre Tätigkeit! Damit wird in kürzest möglicher Zeit das erste Ziel der Strategien zur Verbesserung im Altersheim erreicht. Als nächsten Schritt soll nun daran gegan- gen werden, eine Möglichkeit zur Physiko- therapie im Altersheim anzubieten. Das ist nicht nur meine seit langem geäußer- te Forderung, sondern entspricht a11ch der dringenden Anregung des Steyrer Arztefo- rums, mit dem seit einigen Wochen ein lau- fender, enger Kontakt besteht. Ich bedanke mich bei di~ser Gelegenheit bei den Expo- nenten des Arzteforums, die an den von mir ei ngeführten wöchentlichen Organisations- Besprechungen teilnehmen und diese mit Wohnen wie zu Hause · Heimes so weit zu verändern, daß sich die BEWOHNER im Heim mög lichst wohl- fühlen können. Auch pflegebedürftigen Menschen soll Wohnqualität ermöglicht werden. Dabei darf keinesfalls die Pflege reduziert werden. Natürlich steht auch die gewaltige Größe des Hauses dem Gefühl, eine individuelle Persönlichkeit zu sein, absolut entgegen. Wei l die bewohnerorientierte Pflege die Zielsetzung sein muß und nicht eine Ablau- forientierung, scheint mir die Unterteilung der einzelnen "Abteil ungen im Haus" in kleinere Pflegegruppen unerläßlich! Nicht nur die Größe des Hauses, sondern auch Art und Erhaltungszustand der Bau- substanz schaffen gewaltige Probleme. Viele in der Vergangenheit versäumte Instandhaltungsmaßnahmen müssen ehest in Angriff genommen werden, ohne dadurch dem Ziel, das Haus wohnlicher zu gestalten, . auch nur einen Schritt näher zu kommen oder auch einen einzigen zusätzlichen Platz zu schaffen. Gerade wei l die menschliche Betreuung im Vordergrund stehen muß, ist die Errichtung von kleineren Pflegeheimen in den einzel- nen Stadtteilen unerläßlich! Nicht die zen- trale Unterbringung einer möglichst großen Zahl pflegebedürftiger Menschen darf das Ziel der Zukunft sein, sondern dezentrale Wohnbereiche mit den erforderlichen Pfle- geeinrichtungen. Die Zimmergestaltung soll dabei auf die Pflege-Erfordernisse Rücksicht nehmen, vor allem aber das "Wohnen" ermöglichen . Auch pflegebedürftige Men- STEYR eine Verbesserung der Spitals-Struktur sein wird, sondern eine Verbesserung der Wohn- bedingungen und Hand in Hand damit der Pflegevoraussetzungen. Eine moderne und aufgeschlossene Gesell- schaft müßte das Geld, das zur Verbesse- rung der Bedingungen für ihre alten Mitbür- ger erforderlich ist, aufbringen. Angesichts der Ausstattungsmängel des Altersheimes Steyr und der unerläßlichen Neubauten ist die Feststellung angebracht, daß zwar nie- mand die Notwendigkeiten von Investitio- nen in Sportanlagen bezweifelt, daß es aber schwer zu begreifen ist, wenn gleichzeitig seit vielen Jahren nur die allernotwendigsten Instandsetzungsarbeiten im Altersheim durchgeführt werden konnten. Der neu bestellte Verwalter des Hauses, Herr Hansjörg Mißbichler, steht mit seinen Mitarbeitern vor einer Fülle neuer Aufga- ben: Nicht nur die Vorbereitung der Organisati- onsstruktur-Analyse und die Organisations- verbesserung werden in der nächsten Zeit zu erfüllen sein, auch die Feststellung der "Wahren Kosten" des Hauses ist absolut dringend, wei l die Sozialabteilung des Amtes der Oö. Landesregierung die Ein- führung von kostendeckenden Tarifen for- dert. Unter diesem Gesichtspunkt kann es in Zukunft nicht mehr so sein, daß Kosten, die . zwar aus sozialen Aktionen (z. B. Essen auf Rädern) herrühren, aber mit dem Altersheim direkt nichts zu tun haben, im Gesamtbudget des Altersheimes aufgehen. Eine sorgfältige Abgrenzung dieser Kosten von den Kosten Gedruckt auf umwel1freund lichem, chlorfrei gebleichtem Papier ihren Anregungen bereichern. In der letzten Zeit wurde bekannt, daß ver- schiedentlich Kritik an der Zweckmäßigkeit und Sinnhaftigkeit der Küchenausstattung geäußert wurde. Nachdem sich - wie zu erwarten - diese Kritik nicht mit der Ansicht des Projektanten deckt, wurde ein renom- mierter Steyrer Großküchenplaner als neu- traler Gutachter ausgewählt. In diesen Tagen beginnt er seine Tätigkeit. Liebe Leser, zu Ihrer Information sei festge- halten, daß nur etwa ein Drittel der zuberei- teten Mahlzei ten tatsächlich im Altersheim selbst abgegeben wird. Der bedeutend größere Rest wird bei den verschiedenen Essensabgabe-Aktionen der Stadt außerhalb des Altersheimes verteilt und auch für die Personalverpflegung der Magistratsmitarbei- ter zur Verfügung gestellt. Es würde den Rahmen der Möglichkeiten eines überblicksartigen Beitrags sprengen, wollte ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, die Fülle der Probleme und Lösungs- ansätze im Detail schildern. Ich hoffe aber, Ihnen einen gewissen Überblick geboten zu haben!" Mit freundlichen Grüßen Ihr ~ 9/109

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