Amtsblatt der Stadt Steyr 1991/4

DIE SEITE DES ßüRGERMEISTERS durch die Institutionalisierung der offenen Altenbetreuung in Oberösterreich und damit natürlich auch in unserer Stadt wurde der Bedarf an qualifiziertem Personal auf diesem Betreuungssektor deutlich. Dieser Mangel war bereits in den stationären Einrichtungen sichtbar. Um den jetzigen und künftigen Bedarfsentwicklungen in der Pflege und Betreuung alter Menschen in qualitativer wie quantitativer Hinsicht entsprechen zu können, ist die rasche Realisierung einer entsprechenden Fach- schule mit Berufsbefähigung in Steyr notwendig. Damit könnte für Absolventinnen mittlerer und höherer Lehranstalten und anderen Personen mit entsprechender Eignung eine attraktive und zukunftsorientierte Berufsausbildung geschaffen werden. Zur Planung und Errichtung einer Fachschule für Sozial- und Pflegeberufe für Oberösterreich mit Standort Steyrfand am 5. März im Rathaus ein Koordinationsgespräch statt. Im Herbst dieses Jahres soll an der Höheren Bundes- lehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe mit einem Modellschulversuch für den neuen Fachschultyp begonnen werden. Die Stadt Steyr wird alles unternehmen, damit es zur Gründung einer Fachschule für Sozial- und Pflegeberufe in Steyr kommt, die wir dringend brauchen. Wir haben in Steyr ein städtisches Zentralaltersheim und mit der Heimhilfe und Hauskrankenpflege eine auf Vereinsbasis geführte Einrichtung zur mobilen Altenbetreuung. Die Ausbildung der Mitarbeiterinnen in diesem Verein erfolgt im Wege der Erwachsenenbildung. Die jährlich nachrückenden 25 bis 30 Diplomschwestern sind nicht in der Lage, den steigenden Pflegebedarf zu decken. Der Bedarfan Pflegehelferinnen liegt allein im Bereich der Stadt Steyr zwischen 10 bis 15 pro Jahr. In der Lokalpresse wurden Vorwürfe erhoben, daß durch die Ablehnung eines Dringlichkeitsantrages der ÖVP im Gemeinderat die Gewährung von Wohn- beihilfen für freifinanzierte Wohnungen auf Kosten der Bürger verzögert werde. Dazu möchte ich folgendes feststellen: Der oö. Lanqtag hat am 30. Jänner dieses Jahres die Anderung des Wohnbauförderungs- gesetzes beschlossen, in dem u. a. auch eine Wohnbeihilfenregelung für frei finanzierte Wohnungen mit einer J0prozentigen Kostenbeteiligung durch die Gemeinden vorgesehen ist. Die Stadt Steyr hat sofort nach diesem Beschluß in einem Schreiben an den Städtebund ihre Bereitschaft zur Zahlung der 10 Prozent bekundet, wenn der Landtagsbeschluß Gesetzeskraft habe und die entsprechende Verordnung vorliege. Die Zustimmung der Bundesregierung zu diesem Landesgesetz traf in der Karwoche in Linz ein. Im Landesgesetzblatt war Anfang April das Gesetz noch nicht veröffentlicht. Mit der Durchführungsverordnung ist nach Aus- kunft des Landes Mitte April zu rechnen. Obwohl es zum Zeitpunkt der Sitzung des Steyrer Gemeinderates am 21. März noch kein rechtskräftiges Landesgesetz gab, geschweige denn eine Durchf«,hrungs- verordnung, drängte uns die Osterreichi- sche Volkspartei aus offensichtlich populistischen Gründen zu einer Dringlich- keit, die von uns als Mehrheitsfraktion natürlich abzulehnen war, denn als Ge- meinderat können wir nur Beschlüsse auf dem Boden geltenden Rechts fassen. Den entsprechenden Beschluß werden wir in der kommenden Sitzung des Gemeinderates realisieren, denn dann verfügen wir über die gesetzlichen Grundlagen. Bei einem Kulturgespräch am 14. März im Rathaus, zu dem ich die Vertreter der Steyrer Kulturinstitutionen und verschiede- ne, am Steyrer Kultur/eben interessierte Personen geladen habe, gewann ich den Eindruck, daß dieser Meinungsaustausch sehr fruchtbar ist und in dieser Form fortgesetzt werden soll. In der Frage des von einigen Teilnehmern geforderten Kulturbei- rates sehe ich die Diskussion nicht abge- schlossen. Es bedarfnoch weitergehender Vorschläge, wie ein solcher Personenkreis zusammengesetzt sein soll, damit er repräsentativ die vielfältigen Aspekte des kulturellen Lebens unserer Stadt repräsen- tiert und Zielvorstellungen für kulturelle Schwerpunkte aufgrund fachlicher Kompe- tenz definiert. Mit der Sonderausstellung "100 Jahre katholische Soziallehre" vom 12. April bis 22. Dezember 1991 im Museum Arbeitswelt haben wir in Steyr innerhalb von zehn Jahren die dritte Großausstellung. Nach den Ausstellungen "Hallstattzeit", "Arbeit, Mensch, Maschine" dü,fte auch dieses Thema Hunderttausende interessierte Besucher nach Steyr bringen und so unsere Stadt in den Blickpunkt einer großen Öffentlichkeit rücken. Zunehmende Schwierigkeiten gibt es in verschiedenen Stadtteilen mit der Nah- versorgung. Bei Stadtteilgesprächen sind wir laufend mit Klagen konfrontiert, daß Lebensmittelgeschäfte zusperren und vor allem ältere Mitbürger, die nicht mobil sind, vor größten Problemen stehen. Die Stadt kann hier nicht eingreifen, denn es entschei- den allein die Konsumenten, wo sie ihren Bedarfdecken wollen. Die zunehmende Tendenz des Einkaufs im Supermarkt, der mit hoher Kundenfrequenz andere Angebote machen kann als der "kleine Greißler", hat allerdings den fatalen Preis, daß der Kaufmann "um die Ecke" zusperren muß, weil er nicht davon leben kann, daß bei ihm nur allenfalls Milch und Semmel oder was gerade im Supermarkt vergessen wurde, gekauft wird. Wem die Nahversorgung ein Anlieien ist - undjeder von uns wird alt und ist dann möglicherweise nicht mehr mobil - muß beim Nahversorger soviel kaufen, daß er auch davon leben kann . Nur wenn das geschieht, kann auf Sicht die Nah- versorgung gesichert werden. Herzlichst Ihr

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