Amtsblatt der Stadt Steyr 1990/9

Neue Wohnbeihilfe - Chance für sozial Schwächere Die von der Landesregierung beschlosse- ne neue Regelung über die Gewährung von Wohnbeihilfen bildet eine Fortsetzung der von Landesrat Habringer initiierten Linie hin zu mehr Transparenz und weniger Bürokratie, was eine einfachere und rasche- re Bearbeitung der Förderungsansuchen er- möglicht. Gleichzeitig ist es gelungen, die neue Verordnung so zu gestalten, daß die soziale Situation der Förderungswerber mehr Berücksichtigung findet. Grundsätzlich sieht das neue oö. Wohn- bauförderungsgesetz in Anlehnung an die alte Gesetzesregelung die Gewährung einer Wohnbeihilfe für alle nach den bisherigen Wohnbauförderungsgesetzen finanzierten Wohnungen unabhängig von ihrer Rechts- form (Miet-, Eigentumswohnungen, Rei- henhäuser, Eigenheime) vor. Ob eine Wohnbeihilfe gewährt werden kann, ist in erster Linie von den drei Fakto- ren abhängig: dem anrechenbaren monatlichen Haushaltseinkommen; dem anrechenba- ren Wohnungsaufwand; dem zumutba- ren Wohnungsaufwand. Im oö. Wohnbauförderungsgesetz 1990 wurde ein neuer und gegenüber früheren Regelungen gerechterer Einkommensbe- griff geschaffen, der das tatsächliche wirt- schaftliche Einkommen sämtlicher Haus- haltsangehöriger umfaßt. Die Fami lienbei- hilfe, Unterhaltsleistungen für Kinder, Ein- künfte aus Ferialjobs, ein Hilflosenzu- schuß, Pflegegeld und dgl. werden dem Haushaltseinkommen nicht zugerechnet. Sich das Einkommen durch die Ausnützung steuerlicher Vorteile zu "richten" ist nicht mehr möglich. Die Ermittlung des anrechenbaren mo- natlichen Haushaltseinkommens ist für je- dermann anhand seines Jahreseinkommens- nachweises leicht durchführbar. Vom Jah- resbruttoeinkommen werden die nachge- wiesenen Werbungskosten und die einbe- haltene Lohnsteuer in Abzug gebracht. Der so ermittelte Betrag wird durch zwölf divi- diert und ergibt dann das anrechenbare mo- natliche Haushaltseinkommen. Die Höhe einer allfälligen Wohnbeihilfe errechnet sich aus der Differenz zwischen dem anrechenbaren Wohnungsaufwand und dem zumutbaren Wohnungsaufwand. Als "anrechenbarer Wohnungsaufwand" gelten die monatlichen Rückzahlungen für sämtliche Darlehen, die zur Finanzierung einer Wohnung bzw. einer Wohnungssanie- rung aufgenommen und anerkannt wurden sowie der Erhaltungsbeitrag. Als "zumutbarer Wohnungsaufwand" gilt jener Betrag, der sich aus der Differenz zwischen anrechenbarem monatlichen Haushaltseinkommen und dem "gewichte- ten Haushaltseinkommen" ergibt. Dazu ist es erforderlich, das gewichtete Haushaltseinkommen festzustellen. Dieses wird wie folgt ermittelt: Ein Sockelbetrag von S 6.300.- wird STEYR mit einem Gewichtungsfaktor multipli- ziert. Dieser Faktor ist von der Zahl der im Haushalt lebenden Personen abhängig und beträgt bei einem Einpersonenhaushalt 1,35; bei einem Zweipersonenhaushalt 1,8; bei einem Haushalt mit mehr als zwei Personen - a) für die erste erwachsene Person 1, b) für jede weitere erwachsene Person 0,8, c) für jedes studierende Kind 0,8, d) für jedes Kind 0,5, e) für jedes behinderte Kind (für das die erhöhte Famil ienbeihilfe bezogen wird) und für jeden behinderten Erwachse- nen (mindestens 60 Prozent verminderte Erwer~sfähigkeit) erhöht sich der jeweilige Faktor um 0,5. Das gewichtete Haushaltseinkommen er- gibt z. B.: bei einem Haushalt mit 4 Personen (2 Erwachsene, 2 Kinder, davon I Kind studierend) S 6.300.- x (1 + 0,8 + 0,8 + 0,5) = S 19.530.-; 5 Personen (2 Erwachsene, 3 Kinder) S 6.300.- x (1 + 0,8 + 0,5 + 0,5 + 0,5) = S 20.790.-. Das so ermittelte gewichtete Haushalts- einkommen wird nun vom anrechenbaren monatlichen Haushaltseinkommen abgezo- gen. Der verbleibende Differenzbetrag bil- det den zumutbaren Wohnungsaufwand. Ist das monatliche Haushaltseinkommen geringer als das gewichtete Haushaltsein- kommen, so ist der zumutbare Wohnungs- aufwand null. Dieser Berechnungsmodus mag auf den ersten Blick kompliziert erscheinen, wie einfach er aber tatsächlich ist, zeigt das ne- benstehende Berechnungsbeispiel. Wie bisher wird die Wohnbeihilfe nur für ein angemessenes Ausmaß an Nutzfläche gewährt. Als angemessen gelten für eine Person höchstens 50 m 2 , für jede weitere Person zusätzlich höchstens 20 m 2 . Die monatliche Wohnbeihilfe wurde so- wohl nach unten (die Auszahlung erfolgt ab S 100.-) als auch nach oben (höchstens S 32.- pro m2 ) begrenzt. Für Wohnbeihilfenbezieher, die bisher eine höhere Wohnbeihi lfe bezogen haben (Eigenheime), kann, um soziale Härtefälle zu vermeiden, eine Prüfung der Finanzie- rung und eine eventuelle Umschuldung teu- rer Bankdarlehen erwogen werden. Die Bewilligung einer Wohnbeihilfe er- fo lgt grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Antragstellung, ist aber auch für höchstens 6 Monate rückwirkend möglich (neu). Der Antr!}g um Wohnbeihilfe ist beim Amt der 00. Landesregierung zu stellen. - Antragsformulare gibt es in der Liegen- schaftsabteilung des Magistrates Steyr und bei den Wohnungsgesellschaften. Eine Wohnbeihilfe wird in Zukunft ver- mehrt jenem Personenkreis zukommen, dessen soziale Situation eine Hilfe recht- fertigt. Besonders trifft dies auf Familien mit Kindern, Personen mit sehr niedrigem Einkommen wie z. B. Mindestpensionisten und auf behinderte Personen zu. Im Vergleich mit den anderen Bundeslän- Berechnungsbeispiel für eine Wohnbeihilfe 4-Personenhaushalt mit einem Allein- verdiener, Jahresbruttoeinkommen S 328.617.34, 2 Erwachsene, 2 Kinder, davon 1 Kind studierend. Das gewichtete Haushaltseinkommen: Sockelbetrag S 6.300.- x Gewich- tungsfaktor. - Gewichtungsfaktor = l + 0,8 + 0,8 + 0,5 = 3, 1.- Daraus ergibt sich ein gewichtetes Haushaltseinkommen von S 6.300.- x 3,1 = S 19.530.-. Würde das anrechenbare monatliche Haushaltseinkommen dieser Familie nicht mehr als S 19.530.- betragen, so wäre keine Nettomiete zumutbar. Die gesamte Nettomiete würde durch die Wohnbeihilfe abgestützt werden. Das anrechenbare monatliche Haus- haltseinkommen: Bei einem Jahresbruttoeinkommen einer Familie von S 328.617.34 werden abgezogen die nachgewiesenen Werbungskosten S 52.009.48 und die einbehaltene Lohnsteuer S 34.370.05 das ergibt als Jahresnettoeinkommen S 242.237.81 Aufgeteilt auf zwölf Monate ergibt sich ein tatsächliches wirtschaftliches Haushaltseinkommen von monatlich S 20.186.-. Wenn nun der anrechen- bare Wohnungsaufwand (Nettomiete) S 2.500.- beträgt, bekommt diese Fa- milie eine monatliche Wohnbeihilfe von S 1.844.-, die sich wie folgt errechnet: monatliches anrechenbares Haushalts- einkommen S 20.186.- abzüglich gewichtetes Haushaltsein- kommen S 19.530.- ergibt den zumutbaren Wohnungsauf- wand von S 656.- dieser wird vom anrechenbaren Woh- nungsaufwand abgezogen: S 2.500.- - S 656.- dieser Differenzbetrag ergibt die Wohn- beihilfe S 1.844.- dem erweist sich die oberösterreichische Regelung als sehr großzügig und sie bil- det einen wesentlichen Bestandteil der Wohnbauförderung insgesamt, was sich auch im Budget ausdrückt: der Aufwand für Wohnbeihilfen wird sich jährlich auf voraussichtlich S 720 Mio. belaufen. Auf Grund der neuen Wohnbeihilfenver- ordnung macht Wohnbaureferent Landesrat Leo Habringer darauf aufmerksam, daß jener Personenkreis, der bisher keine Wohnbeihilfe erhalten hat, und meint, daß er im Hinblick auf die Neuregelung in den Genuß einer Wohnbeihilfe kommen könnte, unverzüglich einen dementsprechenden Antrag stellen sollte. Statistischen Berechnungen zufolge sind davon rund 2.000 Personen betroffen. Ge- rade sozial schwächeren Familien emp- fiehlt der Wohnbaureferent, unverzüglich einen eventuellen Anspruch auf Wohnbei- Fortsetzung Seite 17 15/287

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