Amtsblatt der Stadt Steyr 1990/2
Bürgermeister Schwarz ersuchte um Zusammenar- beit aller zum Wohle der Stadt. Foto: Kranzma,vr Mit Optimismus in die Zukunft Bürgermeister Schwarz lud zum Jahreswechsel Steyrer Persönlichkeiten in das Rathaus Bürgermeister lfeinrich Schwarz gab am I 7. Jänner anläl!lich des Jahreswechsels den traditionellen Empfang .flir Steyrer Persön- lichkeiten im Festsaal des Rathauses. In seiner Amprache .flihrte das Stadtoberhaupt u. a. aus: ,,Ein Jahreswechsel wird immer als ge- wisser Wendepunkt betrachtet. Dieser Jahreswechsel aber von 1989 auf 1990 scheint mir doch wert, einige grundsätzli- che Gedanken anzubringen. Schließlich ist es der Jahreswechsel in das letzte Jahr- zehnt des letzten Jahrhunderts des zweiten Jahrtausends unserer Zeitrechnung. Ich möchte auch die Ge legenheit wahrneh- men, um doch einen ganz kurzen Abriß über die wichtigsten Ereignisse in diesen letzten neun Jahr7.ehnten zu geben. So haben sich in dieser für die Menschheits- geschichte wirklich sehr, sehr kurzen Zeit viele große Veränderungen ergeben. Zwei Weltkriege haben unsägliches Leid für die Menschheit gebracht. Die Monarchie ist zusammengebrochen. In Österreich haben wir zwei Diktaturen erlebt, davon sicher- lich in der Zeit von 1938 bis 1945 die unmenschlichste der Geschichte der Menschheit. Rund 55 Millionen Men- schen kamen allein im Zweiten Weltkrieg gewaltsam zu Tode. Aber ich möchte auch darauf hinweisen, daß in diesen neun Jahrzehnten die Industrie gerade in unse- rem Bereich einen ungeheuren Auf- schwung erhalten hat - mit allen positiven, aber auch negativen Auswirkungen auf ""'·+!i:i'>,.: 1 die Gesellschaft. Der ungeheuer rasche Fortgang der Veränderung in unserer Ge- sellschaft ist immer noch nicht abgeschlos- sen, und die derzeit im Osten auftretenden Revolutionen setzen diese Entwicklung nur fort. Wir sollten aus diesen Ereignissen in unserem Jahrhundert die Lehre ziehen, daß keine Diktatur auf Dauer überleben kann, wenn sie das Volk nicht will. Es gibt genügend Beispiele - selbst in unserem Bereich. Ich denke hier an den Austrofa- schismus, an die Nazidiktatur, an die Ver- ~_ältnisse in Portugal, in Spanien und in Ubersee in Nicaragua, und man könnte diese Liste fortsetzen im besonderen j etzt durch die Ereignisse in unseren östlichen Nachbarländern. Wir alle leben in dieser Zeit. Viele von Ihnen haben den Zweiten Weltkrieg erlebt, waren eingerückt und als Soldaten an den verschiedensten Fronten dieser Welt. Manche haben auch bewußt den Ersten Weltkrieg noch miterlebt. Manche haben die Arbeitslosigkeit in der Zwischenkriegszei t, die Wirtschaftskrisen der zwanziger Jahre noch in Erinnerung. Diese Ereignisse haben das Leben von uns nachhaltig geprägt. Der Wunsch nach Frieden, nach sozialer Sicherheit und De- mokratie ist nicht zuletzt aus den Erfah- rungen dieser schweren Zeit entstanden und ha t sich bestimmt positiv auf das Leben in unserem kleinen Land ausge- wirkt. Aber die Entwicklung geht weiter. Jede Generation hat ihr Leben selber zu gestalten. Das gilt für jeden einzelnen, aber auch für die Gemeinschaft. Die Ju- gend hat die angeführten Erfahrungen nicht. Diese gehören allmählich der Ver- gangenheit an. Ihre Bedeutung wird im- mer geringer. Eigenes Erleben kann durch nichts ersetzt werden. Jede Schilderung, jede Erzählung, jeder Bericht, mag er noch so anschaulich und dramatisch sein, wird das eigene Erlebnis nicht ersetzen können. Es werden aber auch weiterhin die Erfah- rungen sein, die die Menschen gemacht haben, nach denen sie ihr Leben gestalten ~erden. Nach diesen grundsätzlichen Uberlegungen, die ich mir erlaubt habe, und die dazu angetan sein sollen, sich darüber Gedanken zu machen, daß wir als eine kleine Stadt in einem verhältnismäßig kleinen Land nicht allein sind, sondern abhängig von den großräumigen Enwick- lungen, möchte ich doch auch auf einige aktuelle Probleme in unserem Bereich ein- gehen. Neben der kommunalen Alltagsar- beit, ohne die ein klagloses Funktionieren eines Gemeinwesens nicht möglich ist, wurde jeder Gemeindemandatar laufend mit der unbefriedigenden Arbeitsmarktla- ge konfrontiert. Die hohe Arbeitslosenzif- fer von 6,5 Prozent im Dezember 1989 ist wohl gegenüber 1988 eine etwas bessere Position, aber gegenüber dem oberöster- reichischen Durchschnitt liegt Steyr trotz alledem noch immer an oberster Stelle der Arbeitslosenstatistik. Daß diese Situation das Resultat bestehender Wirtschaftsstruk- turen ist, brauche ich sicherlich nicht nä- her auszuführen. Die fortschreitende tech- nische Neuerung, die Technisierung, die gerade in der Industrie einen immer gerin- geren Arbeitskräfteeinsatz nach sich zieht, ist letztlich die Ursache für diese Entwick- lung gerade in Industrieregionen, wie Steyr eine ist. Die einschneidenden Strukturveränderungen in unserem größ- ten Betrieb - ich meine damit auch den Verkauf von Betrieben und Teilbetrieben der Steyr-Werke - sind dafür ein deutli- -,r
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