Amtsblatt der Stadt Steyr 1989/7
D er Gemeinderat beschloß am 29. Juni eine Grundsatzerklärung zum Um- weltschutz, die weitgehend alle Inhalte definiert, die im kommunalen Bereich zur Verbesserung der Lebens- und Umweltbedin- gungen der Bürger bei allen Entscheidungen berücksichtigt werden müssen. ALLGEMEINER UMWELTSCHUTZ Vorsorgeprinzip - Gefahren für die Um- welt sind vorausschauend zu erkennen und drohende Schäden vorbeugend zu vermeiden (oder jedenfalls so niedrig wie möglich zu halten). Umweltschutz darf sich nicht nur auf die Behebung bereits eingetretener Schä- den beschränken, sondern muß vielmehr vorbeugend auf die Ursachen von Beein- trächtigungen Einfluß nehmen und so un- erwünschten Entwicklungen wirksam be- gegnen . Dadurch sollen Umweltschädi- gungen hintangehalten oder gemindert werden, um aufwendige Maßnahmen des reagierenden Umweltschutzes zu ersparen. Dem Prinzip der Vorbeugung und Vorsor- ge ist daher neben der Beseitigung der bestehenden Umweltschäden Vorrang ein- zuräumen. Schutzprinzip - Die natürlichen Lebens- grundlagen Boden, Wasser und Luft sind zu schützen, die Leistungsfähigkeit der natürlichen Umwelt ist zu erhalten. Bei Entscheidungen der Stadtgemeinde Steyr sind die Auswirkungen auf die Um- weltsituation (Luft, Lärm, Wasser, Boden etc.) zu überprüfen und in den entspre- chenden Entscheidungen zu berücksichti- gen (Umweltverträglichkeitsprüfung). Sanierungsprinzip - Bereits auftretende Umweltschäden und drohende Beein- trächtigungen sind gezielt und koordiniert zu beheben bzw. abzuwenden. Innovationsprinzip - Bei der Vorsorge, dem Schutz und der Sanierung ist darauf zu achten, daß der jeweils neueste Stand der Technik und Wissenschaft herangezo- gen wird. Verursacherprinzip - Die Kosten für die Beseitigung von Umweltbelastungen und die Bes-eitigung von Umweltschäden hat grundsätzlich derjenige zu tragen, der für ihre Entstehung verantwortlich ist. Eine Kostenentlastung der öffentlichen Hand wird damit erreicht. Die Pflicht zur Kostentragung durch den Verursacher soll auch bewirken, daß er zu einem Verhalten veranlaßt wird, aus welchem Schäden für die Umwelt erst gar nicht entstehen. Bei mehreren Verursachern sind die Kosten anteilig zuzuordnen. Gemeinlastprinzip - Ist nur in Ausnahme- fällen subsidiär anzuwenden. In den Fällen, bei der die Beseitigung bereits eingetretener Umweltschäden an der Frage der Zurechenbarkeit, der Zu- griffsmöglichkeit, an der technischen Rea- lisierbarkeit oder daran, daß die erforder- lichen Aufwendungen vom jeweiligen Ver- ursacher nicht allein getragen werden kön- nen, scheitert, ist anstelle des Verursacher- prinzips als Ausnahmeregelung die Finan- zierung von Umweltmaßnahmen durch Sh'yr die öffentliche Hand geboten (z. B. Um- weltfonds, Land OÖ.). Prinzip der Überwachung- Die Umwelt ist systematisch und kontinuierlich zu über- wachen. Zur Überwachung der Umwelt sind Mittel und Möglichkeiten nach dem neue- sten Stand der Technik und Wissenschaft heranzuziehen. Die Kontrolle der Wirk- samkeit gesetzter Maßnahmen hat dabei zu erfolgen. Informationsprinzip/ Bewußtseinsbildung - Bei allen geplanten Maßnahmen, die be- sondere Auswirkungen auf Natur und Umwelt nach sich ziehen können, hat eine frühzeitige Information und Beteiligung der Bürger zu erfolgen. Die Stadtbevölke- rung ist im Rahmen der gesetzlichen Be- stimmungen in konkrete Planungsvorha- ben einzubinden. Grundsätzlich ist die Bewußtseinsbil- dung der Bevölkerung im Umweltschutz zu fördern. Die Stadtgemeinde Steyr wird daher in jenen Bereichen, die die Umwelt betreffen Grundsatzerklärung des Gemeinderates zum Umweltschutz oder Auswirkungen auf die Umwelt haben könnten, eine frühzeitige Information und Beteiligung der Bürger bei Planungen und Projekten durchführen. Auch eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit zur Hebung des Um- weltbewußtseins der Bevölkerung, Aufklä- rungsarbeit durch Aufzeigen der gesund- heitlichen und volkswirtschaftlichen Nachteile von Umweltbeeinträchtigungen zählen dazu. Kooperationsprinzip - Umweltschutz er- fordert ein hohes Maß an Zusammenar- beit. Die Stadt Steyr wird auf dem Gebiet der Umweltpolitik eine enge Verbindung mit den Umlandgemeinden sowie mit allen Gebietskörperschaften, der Wirtschaft so- wie den in Umweltbereichen tätigen Orga- nisationen suchen, um den Erfordernissen der Zusammenarbeit Rechnung zu tragen. Dies soll auch für die Überwachung der Umweltqualität und den dafür notwendi- gen Austausch von Informationen gelten, insbesondere wenn umweltbeeinflussende Vorhaben Grenzbereiche der Nachbarge- meinde oder Nachbarregion berühren . Auch eine intensive Kontaktpflege mit anderen Kommunen und einschlägigen Institutionen des In- und Auslandes, wel- che im Umweltschutz bereits Erfahrungen und Ergebnisse aufweisen können, ist durchzuführen. Die dort bereits erarbeite- ten Konzepte sind zu nützen und bei der Realisierung zu berücksichtigen. Petitionsprinzip - In jenen Fällen, wo eine Lösung des Problems auf kommunaler Ebene nicht möglich ist, ist an den zustän- digen Gesetzgeber heranzutreten, für die entsprechenden Gesetzesänderungen bzw. Erlassung entsprechender umweltn;levan- ter Vorschriften tätig zu werden, wenn nötig auch im Rahmen des Völkerrechtes. Fernziel sollte ein umfassendes einheitli- ches „Umweltgesetz" sein, das alle um- weltrelevanten Bestimmungen, Gesetze und Verordnungen zusammenfaßt. FACHBEZOGENER UMWELTSCHUTZ Luftreinhaltung - Die Luftreinhaltung hat die Erhaltung intakter Ökosysteme zum Ziel. Auch bei langfristiger Einwirkung von Luftverunreinigungen darf die menschliche Gesundheit nicht geschädigt und gefährdet werden. Schädigungen der Tier- und Pflanzenwelt sowie von Sachgü- tern und Kunstwerken sind zu vermeiden. Lärmbekämpfung - Der Schutz der Bevöl- kerung vor schädlichem oder störendem Lärm hat sowohl durch Maßnahmen der örtlichen Raumordnung als auch durch Schallschutz an der Lärmquelle und am 1 mmissionsort zu erfolgen. Abfallbeseitigung - Der Anfall von Depo- niegut ist durch Vermeidung oder Wieder- verwertung so gering wie möglich zu hal- ten. Die Reststoffe sind umweltschonend zu verarbeiten. Der Gefährdung von Bo- den , Wasser und Luft ist entgegenzuwir- ken. Gewässerschutz - Bezüglich Wassergüte der Gewässer der Stadt Steyr ist minde- stens die Güteklasse II anzustreben (Ka- nalisation und Kläranlage). Darüber hinaus ist die Bedeutung der Gewässer in ihrer ökologischen Aus- gleichsfunktion hinsichtlich Landschafts- ästhetik und Erholung stärker zu berück- sichtigen. Abwässer sind umweltschonend zu be- seitigen, der Gefährdung von Boden, Grund- und Oberflächenwasser und Luft ist entgegenzuwirken. Bodenschutz - Unbebauter Grund und Boden ist entsprechend der natürlichen Gegebenheiten oder der kulturgeschichtli- chen Entwicklung sparsam und schonend zu nutzen und möglichst wenig durch Überbauung zu verringern. Notwendige weitere Verbauungen (Wohnraum, Stra- ßennetz) haben diesem Grundsatz Rech- nung zu tragen. Landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzte Flächen sind weitgehendst zu erhalten und vor Immis- sionen zu schützen. Naturschutz und Landschaftspflege - Die heimische Tier- und Pflanzenwelt ist in ihrem Artenreichtum und in ihrer Vielfalt zu erhalten. Die natürlichen und naturna- hen Lebensräume sind zu bewahren, zu- mindest zu schonen, die innerstädtische Durchgrünung zu fördern. Strahlenschutz - Die Bestimmungen des Strahlenschutzgesetzes sowie der Strahlen- schutzverordnung und aller analogen Ge- setze sind rigoros handzuhaben. 13/197
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