Amtsblatt der Stadt Steyr 1989/6

Auszeichnung von internationalem Rang für das Museum Arbeitswelt Die in London ansässige Organisation Eu- ropa Nostra , ein Verband von mehr als 200 Denkmal- und Landschaftsschutzvereinigun- gen in 22 europäischen Ländern, vergibt jährlich 35 Auszeichnungen an Projekte, die einen hervorragenden Beitrag zur Bewah- rung und zur Wertsteigerung des architekto- nischen und natürlichen Erbes Europas lei- sten. Im Jahr 1988 konnte das Museum Industrielle Arbeitswelt im Steyrer Wehrgra- ben für den Umbau und die museale Nut- zung eines sti ll gelegten eisenverarbeitenden Betriebes unter 190 Bewerbern als einziges österreichisches Projekt diese begehrte Aus- zeichnung erringen . Der Vizepräsident von Europa Nostra, Dr. Otto C. Carlson, über- reichte am 16. Mai im Rahmen eines Festak- tes im Steyrer Rathaus dem Vorsitzenden des Vereines Museum Arbeitswelt, Univ.-Prof. Dr. Weidenholzer, die hohe internationale Auszeichnung. ,,Heute gilt es, ein Paradebeispiel indu- strit::llt:r Sit:tllu11gs- u11tl Kulturgt:schichlt: auszuzeichnen, weil es hier gelungen ist, ein typisches Zeugnis der Industriearchitektur zu erhalten und mit neuem Leben zu erfüllen - mit einem Leben, das sich letztlich auf das ganze Wehrgraben-Quartier ausgewirkt und weitere Revitalisierungsmaßnahmen nach sich gezogen hat. Stadt, Land und Bund , vor allem aber der Verein Museum Arbeitswelt haben sich um dieses Projekt verdient ge- macht und sie alle beglückwünsche ich zu dieser, wie meiner Ansicht nach auch bedeu- tenden internationalen Auszeichnung für Denkmalschutz und Landschaftspflege", sag- te Dr. Carlson . EUROPA NOSTRA hat 1969 die Anre- gung gegeben , das Jahr 1975 zum Europäi- sehen Denkmalschutzjahr zu deklarieren und auch den Europarät dafür gewonnen. ,,Es hat uns zu einem entscheidenden Durchbruch verholfen", sagte Dr. Carlson, ,,die Menschen in unseren Ländern sind sich der Bedeutung ihres kulturellen Besitzstandes für ihre eigene Lebensqualität wieder bewußt geworden und haben dadurch zugleich ein vertieftes Ge- schichtsbewußtsein entwickelt. Vieles ist bereits erreicht worden , aber noch mehr bleibt zu tun - ich bin sicher, daß es getan werden wird. Die Bevölkerung unse- res Kontinents hat erkannt, daß wir den Raubbau an den Schätzen vergangener Jahr- hunderte nicht fortsetzen können, ohne sel- ber Schaden zu nehmen und einen Teil unserer ku lturellen Heimat zu verlieren. Mit jedem lokaltypischen Haus, das der Spitzhacke zum Opfer fällt , mit jeder Straße, die breiter, aber nicht schöner wird , und mit jedem Baum, der unnötigerweise fällt , wer- den wir ärmer und berauben unsere Kinder eines Stückes Heimat. Beton und Glas sind durchaus ein legitimer Ausdruck unserer Zeit - aber jedes an seinem Platz und seinem Charakter gemäß. Niemand würde auf den Gedanken kommen , einen beschädigten Ru- bens a la Picasso restaurieren zu lassen. Das muß nach meiner Ansicht auch für ergän- zungsbedürftige Gesamtarchitektur gelten. Damit wollen wir keinesfalls eine blinde Opposition gegen den Fortschritt betreiben - wohl aber Opposition gegen einen blinden Fortschritt. Diese gesamte Bewegung - und das scheint mir bemerkenswert zu sein - ist nicht etwa ausgelöst worden durch staatliche Gesetzge- bung oder durch neue Regierungsprogram- me, sondern durch die Initiative regierungs- „Mit dieser geglückten Revitalisierung der historischen Fabriksanlage im Wehrgraben hat sich Steyr ein Museum der eigenen Geschichte geschaffen': sagte der Präsident des Bundesdenkmalamtes, Dr. Gerhard Sailer (Bild), ,,und am Beispiel des neuen Museumsste- ges kann man auch sehen, wie moderne Technik neue Anblicke auf Baudenkmäler möglich macht, wie hier mit völlig neuer Sicht auf das Ensemble Michaelerkirche-Bürgerspital." Fotos: Hartlauer stt-yr ~ . . · ., ... ' . ............... - - Dr. Carlson, Vizepräsident von EUROPA NOSTRA (rechts im Bild), überreicht dem Vorsitzenden des Vereines Museum Arbeits- welt, Univ.-Prof Dr. Weidenholzer, die ho- he internationale Auszeich.nung (die teller- große Plakette im Bild oben). Fotos: Hartlauer unabhängiger Verbände, darunter auch der Europa Nostra - sie ist durch den Bürger selber in Gang gesetzt worden und hat wenig zu tun mit Nostalgie, dafür aber um so mehr mit dem Unbehagen an dem Baugeschehen unserer Zeit. Es ist auffällig, daß diese Wen- de zusammenfällt mit der Krise der moder- nen Architektur im Postmodernismus. Dieser Auf- und Umbruch hat sich schneller und überzeugender vollzogen, als selbst wir das je zu hoffen gewagt haben. Bei unserem Vor- schlag vom November 1969 ging es uns vor allem darum, den Völkern Europas den Wert ihres kulturellen Erbes wieder bewußtzuma- chen und der gedankenlosen Vernichtung dieser Werte Einhalt zu gebieten. Der dar- aufhin einsetzende tiefgreifende Bewußt- seinswandel hat zu dem ,integrierten Denk- malschutz' heutiger Prägung geführt. Das Denkmal ist nicht mehr Dekoration oder schmückendes Beiwerk, sondern zum wesent- lichen Bestandteil jeglicher Planung gewor- den", sagte Dr. Carlson. Die EIGNUNGSPRÜFUNG an der BUNDESBILDUNGSANSTALT FÜR KINDERGARTENPÄDAGOGIK in Steyr (fünfjährig mit Matura) für das Schuljahr 1989/90 findet am 3. Juli, 8 Uhr, im Schulgebäude, Neue Welt-Gasse 2, Statt. Nähere Auskünfte unter der Tel. Nr. 0 72 52/26 2 88. 13 /169

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