Amtsblatt der Stadt Steyr 1989/4

DIE SEITE DES ßüRGERMEISTERS eine wachsende Zahl unserer Mitbürger wünscht sich bei der Realisierung kom- munaler Bau- und Gestaltungsvorhaben mehr Möglichkeit zur Mitbestimmung und bei sensiblen Projekten noch breitere Diskussion, um zum Wohle unserer Stadt die bestmögliche Lösung zu finden . Als Bürgermeister freue ich mich über jede engagierte und sachlich orientierte Mitarbeit unserer Bürger. Ich habe dem Gemeinderat die Gründung eines unab- hängigen Gestaltungsbeirates vorgeschla- gen und die Fraktionen eingeladen, ihre Vorstellungen über die Zusammenset- zung eines solchen Gremiums bekanntzu- geben, das ähnlich dem bestehenden Um- welt- oder Verkehrsbeirat Empfehlungen an die beschlußfassenden Organe geben solf. Ich werde auch den Gemeinderat vermehrt zu Informationssitzungen einla- den, damit die Mandatare schon in Pla- nungs- und Entwicklungsphasen kommu- naler Vorhaben ihre Vorschläge einbrin- gen können und damit auch letztlich die Entscheidungsfindung far jedes einzelne Mitglied des Gemeinderates erleichtert wird. Im Bestreben um die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse aufdem Stadtplatz hat der Verkehrsbeirat entschieden, die Fußgeherzone von der Enge Gasse auf den Stadtplatz bis zur Kreuzung mit der Oberen Kaigasse auszudehnen. Damit sind wir dem erklärten Ziel, aufunserem schönen Stadtplatz immer mehr Raum für die Begegnung der Menschen zu schaffen und den Fahrzeugverkehr einzu- dämmen, wieder ein Stück nähergekom- men. Dazu gehört auch die Einrichtung von Schanigärten aufder östlichen Seite des Stadtplatzes, far die sich der Ver- kehrsbeirat ausgesprochen hat. Mit der Aufhebung der Einbahn zwischen Sepp Stöger-Straße und der Redtenbachergas- se aufder Promenade fällt far die Kraft- fahrer ein 800 Meter langer Umweg weg. Die Einbahnen wurden seinerzeit im Zu- sammenhang mit dem großen Parkraum- bedarf zur Landesausstellung und wegen des Tunnelbaues als Provisorium ge- schaffen. Die Erklärung des gesamten Ennskais zur Kurzparkzone und die Er- richtung von 50 Parkplätzen im Areal der Gebietskrankenkasse haben soviel Entla- stung gebracht, daß wir nun aufder Pro- menade zugunsten einer umweltfreundli- chen Verkehrsabwicklung aufAbstellflä- chen verzichten können. Im Hinblick aufdie Diskussionen um die Neugestaltung des Ennser Knotens habe ich mit den Anrainern ein Gespräch über die weitere Vorgangsweise bei der Reali- sierung dieses Projektes gefahrt, das ja in die Kompetenz der Bundesstraßenverwal- tung und nicht der Stadt fällt . Gegenüber dem Bund vertreten wir natürlich massiv die Wünsche der Bürger, und ich teile die Ansicht der Anrainer, daß vor der endgül- tigen Entscheidung über die künftige Ge- staltung des Knotens eine genaue Zäh- lung der Fahrzeugfrequenz auf Zu- und Abfahrten notwendig ist. Bei der Generalversammlung des Verei- nes „Forschungs- und Ausbildungszen- trale fur Arbeit und Technik" (FA ZAT) im Wehrgraben wurde die personelle Zu- sammensetzung des Vorstandes um die Obmänner der im Gemeinderat vertrete- nen Fraktionen erweitert. Damit wird do- kumentiert, daß sich alle politischen Par- teien in Steyr mit dem Innovations- und Technologieförderungsprogramm des FA- ZAT identifizieren. Heuer wird auch mit der ersten Etappe des Ausbaues des ehe- maligen Direktionsgebäudes der Hack- Werke fur das FAZAT-Projekt begon- nen. Mitglieder des Stadtsenates, des Umwelt- beirates und Vertreter von Bürgerinitiati- ven besichtigten am 4. April aufEinla- dung der VOEST die Hochtemperatur- vergasungsanlage (HTV) fur Sondermüll und informierten sich über die bisherigen Ergebnisse des Pilotprojektes. Obwohl die Betreiber von geradezu unerwartet guten Meßdaten sprechen, sind fur mich nur die Aussagen der unabhängigen Gut- achterkommission von Bedeutung, die angeblich noch vor Sommer vorliegen werden. Im Gegensatz zu einer Zeitungs- meldung möchte ich ausdrücklich fest- stellen, daß die Stadt kein Interesse an der Sondermüllvergasung in Steyr hat. Wir wären sehr froh, wenn eine Lösung far die Entsorgung des oö. Zentralraumes mit Standort Linz zustande käme. Wenn aber das nicht möglich ist und die von der unabhängigen Gutachterkommission er- millelten Daten das HTV- Verfahren als umweltverträglich ausweisen, müssen wir uns schon der Diskussion über die Ent- scheidung stellen, was mit dem in Steyr produzierten Sondermüll geschehen soll. Zum Schluß noch ein Wort über die zäh verfolgte Absicht einer Interessenten- gruppe für den Bau einer Tiefgarage un- ter dem Stadtplatz. Wenn wir schon bei der Sanierung der Gehsteige und der Pflasterung in der Enge Gasse massive Interessenkonflikte mit Geschäftsleuten bei der Frage haben, ob vor einem Ge- schäftseingang ein oder zwei Wochen plangemäß gearbeitet werden kann, weil Einbußen im Geschäftsgang geltend ge- macht werden, wie will man dann eine Großbaustelle über ein bis zwei Jahre vom Grünmarkt über den ganzen Stadt- platz mit Zufahrt des gesamten Verkehrs über die jetzige Fußgeherzone Enge Gas- se verkraften? Wobei das neben stärkster Belastung fur die Wohnbevölkerung am Stadtplatz nur ein Aspekt des Problems ist. Wer soll die Verantwortung fur die wertvolle historische Bausubstanz über- nehmen, die durch die Baumaßnahmen unkalkulierbar gefährdet ist? Damit Sie meine Befürchtungen nicht als übertrie- bene Sorge bewerten, möchte ich Ihnen sagen, daß bei Grabungen von Künetten far die Versorgungsleitungen im Altstadt- bereich wiederholt Risse in Fassaden auf- getreten sind - Eingriffe, die im Vergleich zu Erdbewegungen und Erschütterungen im Zuge eines Tiefgaragenbaues als gera- dezu winzig anzusehen sind. Ich sehe mich daher nicht in der Lage, Verantwor- tung fur nahezu unkalkulierbare Risken zu übernehmen, und hoffe, damit im Sin- ne der Mehrheit unserer Bürger zu han- deln. Herzlichst Ihr

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